Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
Vom Netzwerk:
ungehalten, weil ich mich irgendwie ertappt fühlte. An sich war nichts Falsches an dem, was ich tat, wenn man mal von dem Auslöser absah. Aber genau das war der Punkt. Ich hätte diese Familie nie kennengelernt, wenn ich nicht Kevin diesen saublöden Vorschlag gemacht hätte.
    »Das eine schließt das andere nicht aus«, antwortete er ruhig. »Hören Sie, ich will Sie nicht kritisieren. Ich vermute, Sie haben Zeit genug, um sich auch mal sozial zu betätigen, und auch wenn diese Blagen manchmal ziemlich frech sind, verdienen sie ein bisschen Zuwendung. Ich hoffe nur, dass Sie sich keine falschen Vorstellungen machen und in so eine sozialromantische Fantasie abdriften, in der Sie die Retterin der Entrechteten sind.«
    Meine Güte, das war schon ein komischer Typ. Einerseits arbeitete er in einer kleinen Klitsche, die nicht gerade den Eindruck großen wirtschaftlichen Erfolgs machte, andererseits redete er auf eine Weise, die ich bisher bei vergleichbaren Handwerkern und Kleingewerbetreibenden noch nie gehört hatte. »Hören Sie«, sagte ich, »ich habe gestern nur einen Besuch gemacht, weil ich den jüngsten Sohn im Kindergarten kennengelernt habe. Und dann bin ich heute noch mal wiedergekommen, weil ich mitgekriegt habe, dass die Frau Nowakowski wegen vorzeitiger Wehen fest liegen soll. Da habe ich mal ein bisschen nach dem Rechten gesehen.«
    »Das ehrt Sie«, meinte er. Seine Stimme enthielt jetzt keinen ironischen Unterton, sondern eher eine Art Besorgnis. »Aber was stellen Sie sich vor? Dass die Probleme durch eine Ladung Buntwäsche gelöst sind?«
    Jetzt saß ich etwas unruhig auf meinem Stuhl. »Sicher nicht«, musste ich zugeben. »Eigentlich braucht die Frau eine Haushaltshilfe, bis es ihr wieder besser geht.«
    »Die Frau braucht mehr als das«, sagte er nüchtern. »Glauben Sie bloß nicht, dass dieses Durcheinander nur herrscht, weil sie gerade mal nicht aufstehen darf. So wie ich es sehe, hat sie nie gelernt, ihr Leben in den Griff zu kriegen. Und Sie wollen ihr das beibringen?«
    Mir wurde ungemütlich unter seinem fragenden Blick. »Ich denke nicht, dass das meine Aufgabe ist«, sagte ich und leerte rasch meine Tasse. »Vielen Dank für den Kaffee, Herr Hoffmeister. Ich muss jetzt mal los.«
    »Nennen Sie mich Hannes«, sagte er und stand zusammen mit mir auf. »Das hat Ihr Mann auch getan.«
    »Sie kennen Henning?«, rief ich überrascht aus. »Was haben Sie mit ihm zu tun?«
    »Wir waren früher befreundet«, erklärte er mir. »Hannes und Henning, das unschlagbare Team. Sie können ihn ja mal von mir grüßen.«
    »Werde ich machen«, versprach ich und nahm Reißaus, bevor er mir noch mehr mahnende Worte mitgeben konnte.
    Zu Hause steckte ich Frau Nowakowskis Bettwäsche in meine Waschmaschine   – zumindest den ersten Teil, weil alles zusammen zu viel war für eine einzige Trommelfüllung   – und fuhr schnell noch einkaufen. Meinen Informationen zufolge sollte Henning am frühen Nachmittag zu Hause sein, was vermutlich bedeutete, dass er noch nichts zu essen bekommen hatte. Deswegen wollte ich vorsorglich etwas kochen.
    Beim Discounter gab es in dieser Woche Spannbettlaken im Angebot, und nach kurzem Zögern kaufte ich einen Satz, den ich später mit zu Nowakowskis nehmen wollte. Sozusagen als Abschiedsgeschenk, denn ich hatte nicht vor, regelmäßig die angeschimmelten Reste aus den Bratpfannen der Familie zu kratzen.
    Ich bereitete etwas zu essen zu, das sich einigermaßengut warm halten ließ, steckte die saubere Bettwäsche in den Trockner und füllte die Waschmaschine mit der zweiten Ladung. Die neuen Spannlaken packte ich schon mal in den Korb im Flur, wo ich immer die Dinge sammle, die ich irgendwohin mitnehmen muss. Vorsichtshalber legte ich noch eine Rolle Mülltüten dazu, denn ich hatte bei den Nowakowskis keine gefunden, wollte aber auf jeden Fall noch den Müll entsorgen, wenn ich schon mal da war. Und schließlich entschloss ich mich, der Familie auch noch ein paar Bettbezüge zu stiften, die meine eigenen Kinder nicht haben wollten, weil sie das Dekor zu spießig fanden. Natürlich war das Blümchenmuster etwas zweifelhaft, für unsere Ehebetten würde ich es auch nicht wollen, aber zum Verschenken an Leute, die kein Geld hatten, waren sie allemal gut genug.
    Henning traf gegen drei Uhr ein, und ich sah ihm sofort an, dass er ziemlich erschöpft war. Er aß dankbar etwas, lehnte es jedoch ab, mir von seiner Reise zu erzählen. »Später, Marie. Jetzt möchte ich nur noch

Weitere Kostenlose Bücher