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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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hinter mir«, sagte er. »Aber glauben Sie mir, man weiß das irgendwann nicht mehr zu schätzen. Ich brauche Struktur in meinem Leben, und die finde ich hier.«
    Struktur im Leben. Etwas, das den Hintergrund bildet zu den gelegentlichen Highlights und sie zu etwas Besonderem macht. Ich konnte das gut nachvollziehen. Nachdenklich trank ich meinen Kaffee.
    »Wollen Sie noch einen Schluck?«, fragte er und langte nach meiner leeren Tasse.
    »Nein, vielen Dank. Aber trotzdem würde ich gern noch hören, woher Sie Henning kennen.«
    »Aus der Schule«, antwortete er. »Wir waren seit der sechsten Klasse ein eingeschworenes Team. Erst kam der Fußball, dann kamen die Mopeds, dann die Autos   …«
    Dann war er vermutlich der Kumpel mit dem aufgemotzten Kadett, den Henning nie beim Namen nannte, wenn er ihn mal erwähnte? Ich versuchte, ihn mir ein paar Jahrzehnte jünger vorzustellen, was nicht schwierig war. Wenn er noch eine Zigarettenpackung im Ärmel seines T-Shirts eingewickelt hätte, könnte er sogar jetzt noch als einer der Halbstarken der Sechzigerjahre durchgehen.
    »…   und dann kamen die Mädchen«, beendete Hannes seine Aufzählung. »Und damit kam auch der Konkurrenzkampf in unsere Freundschaft. Egal, was wir anfingen, wir interessierten uns immer für dasselbe Mädel. Und irgendwann ging das nicht mehr gut. Da war eine Frau namens Beatrix. Ich sehe sie noch vor mir, lange schwarze Haare und eine Traumfigur. Die konnte uns beide um den Finger wickeln, bis wir nicht mehr wussten, wo vorn und hinten ist. Eines Tages hat sie sich dann entschieden, und das war das Ende einer langen Freundschaft.«
    Und seitdem grollte Henning diesem Hannes und nannte ihn noch nicht mal beim Namen, wenn er vonfrüher erzählte? »Ich vermute, sie hat sich für Sie entschieden?«
    Er lachte. »Oh nein! Und im Nachhinein kann ich es gut nachvollziehen. Henning war immer der Solidere von uns beiden. Derjenige, der wusste, wo er hinwill. Ich vermute, sie suchte was auf Dauer und ahnte, dass sie das bei einem Windhund wie mir nicht bekommt. Mein Leben hat immer ein paar Serpentinen mehr genommen.«
    »Aber bei Henning hat sie es offensichtlich auch nicht gekriegt«, sagte ich nachdenklich. »Als ich ihn kennenlernte, war keine Beatrix auf weiter Flur.«
    »Pech für sie«, meinte Hannes. »Ich habe mich damals nicht gerade sehr anständig aufgeführt, und deshalb habe ich auch nicht weiterverfolgen können, was aus den beiden wurde. Ich war ein paar Jahre im Ausland, zum Teil auf einem Schiff   … Als ich hierher zurückkam, wusste ich gar nicht, dass Henning noch hier lebt. Vor einigen Jahren las ich mal was über ihn in der Zeitung. Und dann sah ich Sie auf diesem Foto von der Spendenübergabe und las den Namen und wusste gleich, dass Sie seine Frau sind.«
    »Wieso?«, fragte ich misstrauisch.
    Er zuckte mit den Schultern. »Sie haben so was, das einfach zu ihm passt. Sie sind bürgerlich, aber nicht spießig, attraktiv, aber nicht aufgebrezelt   …«
    »Genug«, sagte ich, zwischen Wohlgefallen und Skepsis hin- und hergerissen. »Ich geh mal lieber, bevor Sie mich auch noch für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen.«
    »Machen Sie sich nicht lustig«, sagte er, plötzlich gar nicht mehr charmant. »Sie ahnen nicht, wie viele Männer in unserem Alter ihre Frauen ansehen und genau das nicht mehr finden, was sie gerne hätten.«
    »Das könnte ja auch mit den Männern zu tun haben«, warf ich ein.
    »Genau«, sagte er. »Aber das ist dann auch kein Trost.«»Lotta hat angerufen, als du weg warst«, teilte Henning mir mit, als ich wieder nach Hause kam.
    »O je«, seufzte ich. Zum einen hatten wir gestern Abend noch telefoniert, zum anderen ließ sie sich aus Kostengründen eigentlich immer von mir anrufen. Insofern war das ein bisschen besorgniserregend. »Hat sie gesagt, was sie wollte?«
    »Natürlich nicht«, brummte er. »Wahrscheinlich kann sie sich nicht zwischen zwei Paar Schuhen entscheiden   – und ich würde ihr nur raten, keins von beiden zu kaufen.«
    Ich griff zum Telefon und wählte Lottas Handynummer. »Mama!«, rief sie aufgeregt. »Ich will heute Abend Coq au Vin kochen. Was brauch ich denn dafür?«
    »Hast du kein Rezept?«, fragte ich mal als Erstes.
    »Doch, aber das ist irgendwie komisch. Da soll man ein ganzes Huhn nehmen, das geht schon mal gar nicht. So einen großen Topf hab ich nicht. Und da ist ja auch die Haut noch dran, und diese ganzen Knochen, das ist fies.«
    »Und an was hast du

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