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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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wissen.
    Aber Henning war im Nostalgie-Modus. »Weißt du noch, wie wir damals in Holland waren und die unsere Reservierung verschlampt hatten?«
    »Allerdings. Mir war das so peinlich, wie du die Leute angemacht hast.«
    »Aber dafür haben wir dann einen viel schöneren Zeltplatz gekriegt, ganz nah am Strand.«
    »Und eine Meile vom Waschhaus entfernt.«
    »Du bist aber auch nie zufrieden.«
    »Doch, manchmal schon.« Jetzt zum Beispiel. Da war ich wunschlos glücklich, weil ich mit ihm in aller Ruhe hier sitzen konnte, einen angenehmen Grauburgunder im Glas, ohne irgendwas, das ich aus irgendeinem Grund eigentlich tun musste. Und weil ich so rundum zufrieden war, stach mich gleich der Hafer. Henning war so guter Dinge, das musste ich ausnutzen. »Sag mal   … was ist eigentlich aus Beatrix geworden?«
    Ich spürte, wie er lautlos lachte. »Das hätte ich mir ja denken können«, sagte er, »dass du sofort wieder zu Hannes rennst und ihn ausfragst.«
    »Du wolltest mir ja nichts erzählen.«
    »Und das kannst du nicht einfach akzeptieren?«
    »Würdest du das an meiner Stelle tun?«, fragte ich zurück, und damit hatte ich ihn. Henning würde im Leben nicht hinnehmen, wenn ich ihm auf eine Nachfrage mitteilen würde, dazu wollte ich nichts sagen.
    Er seufzte. »Ich weiß nicht, was aus Beatrix geworden ist. Wir waren ungefähr ein halbes Jahr lang miteinander befreundet, lange bevor ich dich kannte.«
    »War das, nachdem du dich mit Hannes zerstritten hast?«
    »Zerstritten? Hat er das so gesagt?«
    »Eher nicht. Er meinte nur, Beatrix hätte sich für dich entschieden, und danach hätte er sich nicht besonders angemessen aufgeführt.«
    »So könnte man das sagen, ja.« Ich hörte, wie er tief durchatmete, und entschloss mich zu schweigen und abzuwarten.Schließlich sagte er: »Vielleicht hatte ich unterschätzt, was sie ihm bedeutete. Ich war damals total verknallt und   … na ja, diese Entscheidung habe ich natürlich zu beeinflussen versucht.«
    »Du warst immer schon sehr zielstrebig«, sagte ich.
    »Damit habe ich vermutlich auch Beatrix beeindruckt«, meinte er. »Jedenfalls waren wir dann zusammen, und Hannes guckte in die Röhre. Und das machte ihn so wütend, dass er anfing, an meinem Auto herumzumanipulieren. Zuerst hat er mir zwei Reifen zerstochen. Dann hat er mir ein Loch in den Tank gebohrt. Und wenn man deswegen frühmorgens mitten im Wald mit dem Wagen stehen bleibt und Ärger mit seinem Chef kriegt, dann ist man auch nicht mehr so ausgeglichen.«
    »Du hast dich gewehrt?«
    »Ich hab ihm die Nase gebrochen«, sagte Henning. »Ich bin nicht stolz darauf. Es war nicht so heroisch wie im Kino, und er hat geblutet wie ein Schwein. Ich war so erschrocken, dass ich einfach abgehauen bin. Ohne einen Arzt zu rufen oder so. Danach haben wir uns gemieden, und irgendwann war er dann weg.«
    »Jetzt ist er wieder da.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Schon eine Weile. Aber ich hatte kein Verlangen auf ein Wiedersehen, verstehst du?«
    »Ich glaube schon.« Ich war etwas verwundert. Da hatte ich bereits mit diesem Mann Silberhochzeit gefeiert und kannte diesen Teil seines Lebens überhaupt nicht. »Aber was war nun mit   …«
    »Nicht viel eigentlich. Meine Güte, ich war zwanzig, und sie wollte heiraten und Kinder kriegen.« Er beugte sich vor und trank einen Schluck. »Erinnerst du dich noch an diese Ansprache auf irgendeiner Feier, wo das Zitat vorkam, dass eine Frau einen Mann trifft und hofft, dass er sich ändert, aber er ändert sich nicht?«
    »Und der Mann erwartet, dass die Frau sich nicht ändert, aber sie ändert sich«, ergänzte ich. »Ich glaube, das war auf der Hochzeit von deiner Nichte.«
    »Genau so ist es bei uns passiert«, sagte Henning. »Ich dachte, sie wäre weiter sowohl das Mädchen zum Ausgehen als auch der Kumpel, der meinen Lebensstil teilt. Und stattdessen mutiert sie rasend schnell zu einer Frau, die erwachsen sein und eine Familie gründen will. Tja, da waren die Konflikte natürlich vorprogrammiert.«
    Ich starrte eine Weile nachdenklich in das Dunkel unseres Wohnzimmers. Vielleicht machte die fehlende Beleuchtung diese Geständnisse noch eindrucksvoller, aber ich merkte, dass ich relativ leichtfertig danach gefragt und nun mehr bekommen hatte als erwartet.
    Henning rüttelte mich leicht. »Schläfst du schon?«
    »Nein.«
    »Na gut. Ich hätte mich geärgert, wenn ich dir die schwärzesten Stunden meines Lebens beichte und du hörst es gar nicht.«
    »Ich hab’s gehört«,

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