Alles auf Anfang Marie - Roman
versuchen sie, sich zu drücken«, sagte ich. »Aber Sie merken doch, wenn man nicht lockerlässt, dann machen sie es auch.«
»Bei Ihnen trauen die sich nicht so viel, weil Sie fremd sind. Aber was soll ich denn tun, wenn die einfach abhauen?«
Ich zuckte mit den Schultern. Eine einfache Antwort gab es vermutlich darauf nicht, denn ich hatte den Eindruck, sie hatte sich bisher nicht mit viel Nachdruck durchgesetzt. Klar, dass die Kinder vor mir mehr Respekt hatten, mich konnten sie noch nicht so gut einschätzen, und bisher hatte es gut geklappt mit der konsequenten Haltung. Aber wenn Gonzalez wirklich beschloss, einfach zu gehen, statt seine Arbeit zu machen, dann würde ich mich höchstens lächerlich machen, wenn ich versuchen würde, ihn wieder einzufangen.
Ich sah auf die Uhr: Ich war schon fast zwei Stunden hier. Und hatte längst nicht so viel geschafft wie ursprünglich geplant. Auf jeden Fall war noch ein Einkauf notwendig.Ich zückte meinen Stift und einen Zettel und versuchte, mit Nicole zusammen eine Einkaufsliste zu machen.
Das war gar nicht so leicht. Zum einen, weil sie immer abschweifte oder wieder auf den Fernseher guckte. Zum anderen, weil sie keinen Plan hatte, was es zu essen geben sollte.
»Was mögen die Kinder denn gern?«
»Die Jungs mögen am liebsten diese Chicken Wings aus dem Lidl. Nuala isst lieber Hamburger mit Ketchup.«
Fertiggerichte waren keine Lösung auf Dauer, zumal ich nicht genau wusste, wie viel Geld ihr zur Verfügung stand. »Wie wär’s denn mit Pizza?«, schlug ich vor.
»Pizza ist auch gut«, meinte sie. »Diese Steinofenpizza mögen sie gern. Mit dem dünnen Boden.«
»Ich dachte eher an selbst gemachte Pizza.«
»Aber das ist doch so viel Arbeit!«, meinte sie skeptisch. »Und ich weiß nicht, ob die das mögen.«
»Aber es ist viel billiger«, sagte ich. »Wir versuchen es mal.« Ich schrieb die Zutaten auf eine Liste, dazu alles, was mir als möglicher Belag einfiel, und machte mich auf den Weg zum Supermarkt.
Als ich zurückkam, traf ich mal wieder Hannes, der gerade mit einem anderen Mann verhandelte. Er beobachtete, wie ich eine Klappkiste aus dem Auto holte. »Haben Sie noch mehr?«
»Da sind noch Getränke drin.«
»Warten Sie einen Moment, die nehme ich.« Das war mir ganz lieb, so musste ich diese Treppe nicht mehrfach steigen.
Er verabschiedete sich von dem Mann, der daraufhin in einen Lieferwagen stieg, und wuchtete sich dann drei Sechserpakete mit großen PE T-Flaschen auf den Arm. »Haben Sie nicht mal wieder Lust auf einen Kaffee?«, fragte er, während er mir wie ein Lastesel folgte.
Nach dieser geballten Ladung Nowakowskis wäre das vielleicht gar nicht schlecht. Aber meine Mission für heute war noch nicht abgeschlossen. »Ich wollte erst noch was zu essen machen«, erklärte ich ihm. »Soll ich Ihnen ein Stück Pizza mit runterbringen?«
»Was für eine Frage«, schnaufte er. Es beruhigte mich, dass auch er von dieser Treppe nicht völlig unbeeindruckt blieb, zumal wenn er insgesamt siebenundzwanzig Kilo trug. Er stellte die Pakete am Ende des Flurs vor die Stahltür, offensichtlich hatte er keine Lust, diese Wohnung öfter als nötig zu betreten.
»Dann bis später«, sagte ich. »Und vielen Dank.«
»Gern geschehen.«
Ich setzte einen Hefeteig an und machte dann erst mal den Kühlschrank sauber, bevor ich die Lebensmittel hineinräumte. Inzwischen war auch Nuala wieder aufgetaucht. »Der Hoffmeister hat uns Saft hingestellt!«, berichtete sie ihrer Mutter. Es klang, als habe er ein Wunder vollbracht.
»Den habe ich mitgebracht«, sagte ich. »Er hat ihn mir nur hochgetragen.«
Sie stellte sich neben mich und beobachtete, was ich tat. »Was machst du da?«
»Ich mache eine Tomatensauce für die Pizza.«
Sie lachte, als hätte ich einen guten Witz gemacht. »Tomatensauce gehört doch zu Nudeln!« Sie bückte sich und sah in den Backofen. »Wo ist denn die Pizza?«
Kannten diese Kinder nur Tiefkühl-Pizza? »Die backe ich noch.« Ich zeigte ihr die Schüssel mit dem Teig. »Hast du saubere Hände? Dann kannst du mir gleich kneten helfen.«
Wieder war sie sehr erheitert. »Kneten?«
»Wasch dir die Hände, dann zeige ich es dir.« Ich holte die Backbleche aus dem Ofen und stellte fest, dass sieauch erst mal einer Reinigung bedurften. Wie eigentlich alles in dieser Wohnung. Und dabei hatte ich noch gar nicht alle Räume gesehen.
Ich beschloss, Nuala ein eigenes Stück Teig zu geben. »Hier, das kannst du kneten und ganz flach
Weitere Kostenlose Bücher