Alles auf Anfang Marie - Roman
drücken und dir eine eigene Pizza machen.«
Sie nahm es staunend in Empfang. »Geil!«
Ich rollte schnell den restlichen Teig aus und verteilte ihn auf zwei Bleche. Die Erfahrung mit eigenen Kindern und deren pingeligen Freunden hatte mich gelehrt, nicht alle Bestandteile des Belags gleichmäßig zu verteilen, sondern unterschiedliche Sektoren zu schaffen: eine Ecke Thunfisch mit Zwiebeln, eine Ecke Salami, eine Ecke Paprika und Mais… Ich zeigte Nuala, wie sie ihre eigene Pizza auf ein weiteres Blech legen, mit Tomatensauce bestreichen und nach Wunsch belegen konnte. Sie hatte sich für Salami und Schinken entschieden. Schließlich streuten wir Reibkäse darüber und schoben die Bleche in den Ofen.
Fast wäre nichts daraus geworden, weil nämlich der Timer nicht funktionierte und deshalb der Backofen nicht aufheizte. Zum Glück fiel es mir noch rechtzeitig auf. »Ist der Timer schon länger kaputt?«
»Timer?«, fragte Nicole nachdenklich. »Ich glaub, den hab ich noch nie gebraucht. Wir gucken immer zwischendurch mal, ob es gut ist.«
»Wann kommen denn die andern beiden nach Hause?«, fragte ich – vielleicht ein bisschen verspätet, denn nun befand sich das Essen ja schon in einem Garungsprozess.
»Kevin kommt kurz nach zwölf. Gonzalez kommt, wenn er Lust hat.«
Ich nickte schicksalsergeben. Das hatte ich noch nicht verinnerlicht, dass es in dieser Familie keine festen Essenszeitengab, genauso wenig wie einen Esstisch mit Stühlen, um den man sich für eine gemeinsame Mahlzeit versammelte. So gut es ging, deckte ich also den Couchtisch, aber wie sich zeigte, war das Besteck größtenteils überflüssig. Mit anderen Worten: Ich war die Einzige, die sich ihre Pizza in Stücke schnitt. Auch Nicole schob sich ihr Stück direkt vom Teller in den Mund.
Die Kinder – auch Gonzalez war eher zufällig mal wieder zu Hause aufgeschlagen – waren zunächst skeptisch. »Das sieht gar nicht wie eine richtige Pizza aus!«
Nuala war noch am leichtesten zu überzeugen, schließlich war sie beim Entstehungsprozess dabei gewesen. Dass sie eine eigene runde Pizza hatte statt eines abgeschnittenen eckigen Stücks, war natürlich erst mal Grund für Beschwerden. »Warum durften wir denn nicht eine Pizza für uns machen?«
»Ihr wart halt nicht da«, erklärte ich. »Aber die Zutaten sind gleich. Ehrlich.«
»Morgen will ich auch eine Pizza backen«, verlangte Gonzalez.
»Morgen gibt es keine Pizza«, sagte ich. »Da gibt es Nudelauflauf.«
»Ich will aber auch mal Pizza backen!«
»Wir können ja nächste Woche wieder welche machen«, war mein Vorschlag zur Güte.
»Dann komme ich eher vom Kindergarten«, entschied Kevin. »Ich will auch Pizza backen.«
»Du bleibst im Kindergarten, bis die sagen, dass du gehen darfst«, versetzte seine Mutter.
Natürlich schob sich sofort die Schmollunterlippe nach vorn. »Och Manno! Ich will auch!«
»Macht ihr so was im Kindergarten eigentlich nicht?«, fragte ich ihn. Ich konnte mich noch erinnern, dass unsere beiden ab und zu mit den Tanten gekocht hatten.Aber man sagte ja auch nicht mehr »Tante« zu den Mitarbeiterinnen.
»Weiß ich nich«, war mal wieder seine Antwort. »Vielleicht, wenn ich nich da bin.«
»Nee, das machen die nich mehr«, klärte Nuala mich auf. »Da sind so viele Kinder mit Lalagien, die dürfen das nich essen. Jetzt kriegen die immer Essen mit einem Auto gebracht.«
Kevin nickte. »Der Hendrik, der hat eine Polalalagie. Das is ganz blöd.« Die Tatsache, dass er während dieser Aussage den Mund ziemlich voll hatte, machte es für mich nicht leichter, aber schließlich kam ich dahinter, dass es sich um eine Pollenallergie handeln musste.
Gonzalez hatte inzwischen sein drittes Stück inhaliert und damit dem halben Salamiblech ein Ende gesetzt. Nun inspizierte er skeptisch die andere Hälfte. »Was is das?«
»Thunfisch und Zwiebeln«, sagte ich. Das war immer Christophs Favorit gewesen. Diese Kinder konnte ich damit nicht erfreuen.
»Fisch? Iih!« Er zog angewidert den Pfannenheber zurück, mit dem er bereits ein Stück angehoben hatte, und ging dann doch lieber auf Nummer sicher. Das war in diesem Fall das letzte Stück mit Schinken.
»Das wollte ich!«, jammerte Kevin, und ich versuchte Frieden zu stiften, indem ich einerseits das Stück zwischen beiden Jungen aufteilte und andererseits noch rasch etwas zusätzlichen Schinken auf die beiden restlichen Stücke mit Paprika und Mais streute.
»Dann nehme ich das Thunfischstück gleich
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