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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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lassen sich einen Termin geben. Wenn Sie vorzeitige Wehen hatten, dann müssen Sie sich regelmäßig untersuchen lassen.«
    Sie nickte schuldbewusst. »Ja, mache ich.«
    »Tun Sie’s jetzt.« Ich reichte ihr das Telefon.
    »Ich hab die Nummer nicht. Und ich weiß nicht, wo unser Telefonbuch ist.«
    »Wer ist denn Ihr Gynäkologe?«
    Seltsam unwillig nannte sie mir den Namen. »Gut«, sagte ich. »Ich rufe später dort an und vereinbare einen Termin für Sie, okay? Wenn es irgendwie geht, kann ich Sie auch da hinfahren.«
    Sie dankte es mir, indem sie die Fernbedienung ergriffund den Fernseher wieder einschaltete, und ich schritt zähneknirschend zu meiner nächsten Tat. Wobei die Auswahl groß war, womit ich anfangen konnte.
    Ich beschloss, das Geschirr aus pädagogischen Gründen stehen zu lassen, auch wenn es schwierig war, andere Dinge drum herum zu erledigen. Ich ahnte doch, dass Gonzalez und seine Schwester irgendwann mal zu Hause auftauchen würden   – spätestens zum Mittagessen. Und da schnappte ich sie mir und stellte sie an die Spüle.
    Beide beschwerten sich wie die Weltmeister. »Immer müssen wir das machen!«
    »Wer denn sonst?«, sagte ich ungerührt. »Ich koche, und eure Mutter muss liegen. Ihr könnt höchstens mal Herrn Hoffmeister fragen, ob der das auch so ungerecht findet und für euch spülen würde.«
    Das erheiterte sie sehr, und als sie erst mal richtig angefangen hatten, ging es   – mit einer gewissen Supervision   – auch ganz gut.
    »Na also«, sagte ich, als der letzte Teller im Schrank verschwunden war, »schon ist alles passiert! Das Schlimmste daran ist euer Gejammer.«
    »Man kann sich doch nicht so einfach alles gefallen lassen«, verteidigte sich Gonzalez.
    »Natürlich nicht. Aber auf der anderen Seite bist du alt genug, um auch mal etwas Verantwortung zu übernehmen. Und wenn es nur für das Geschirr ist.«
    »Aber das ist doof.«
    »Dann zeig ich dir mal was, das nicht doof ist«, sagte ich und langte nach meiner Handtasche. »Du erinnerst dich daran, dass mein Mann mit einem Bekannten auf Schalke war?«
    Ein Schatten zog über sein Gesicht. Vermutlich fiel ihm dabei die verlorene Kappe ein.
    Ich zog meine Tüte hervor. »Jetzt hat ihm dieser Bekanntedas hier für dich geschickt.« Das fließende Polyestermaterial war sehr kooperativ, es kam fast wie von selbst aus der Tüte hervor.
    Gonzalez’ Unterkiefer klappte herunter. »Ach du Scheiße«, sagte er und griff nach dem Trikot. »Für mich?«
    »Probier es mal an. Vermutlich ist es ein bisschen groß, aber du wächst ja noch.«
    Jetzt war auch Frau Nowakowski neugierig geworden. »Zeig mal!«
    Nuala kam ebenfalls und betrachtete ihren Bruder mit einer Mischung aus Andacht und Neid. »Geil!«, befand sie schließlich.
    Gonzalez war ganz still geworden. Er strich mit den Fingern über den glatten Stoff und sah an sich herunter. Dann zog er das Trikot ein wenig weg von seinem Körper. »Da hat jemand draufgekritzelt«, sagte er. »Deswegen war es sicher billiger.«
    »Im Gegenteil«, sagte ich. »Das sind Spieler-Unterschriften.«
    »Echt?« Seine Augen wurden rund und groß. Eilig zog er das Trikot wieder aus und legte es über den Couchtisch. »Wo is denn die von Bordon?«
    Das konnte ich ihm leider nicht sagen. Ich kannte Bordon nicht, für mich waren alle Krakel gleich unleserlich, und ehrlich gesagt war ich nicht mal ganz sicher, ob die Spieler selbst den Edding geführt hatten oder ob es nicht irgendwo einen Praktikanten in der Marketingabteilung gab, der diese Aufgabe nach Vorlage erledigte.
    »Da is ein B«, sagte Nuala und zeigte auf die linke untere Ecke. »Aber das danach is kein O.«
    »Na ja«, sagte Gonzalez zögernd. Ich merkte, es hätte ihm gut gefallen, wenn diese Unterschrift identifizierbar wäre. »Der kommt doch aus Brasilien. Vielleicht schreiben die da anders.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Schalke in Brasilien is«, sagte Nuala. »Ich dachte, das is in Bayern.«
    »Du weißt aber auch gar nichts«, sagte Gonzalez zu ihr. »Bayern is in München, deswegen heißt es doch Bayern München. Und Schalke   …« Jetzt wurde er unsicher, denn Null-Vier war ja kein Land, so viel war klar. »Schalke ist in Deutschland.« Er zog das Trikot wieder an. »Schalke is die beste Mannschaft von Deutschland.«
    »Aber Kevins Papa hat gesagt   …«
    »Hört bloß mit Kevins Papa auf«, befahl Nicole. »Und jetzt bedank dich für das T-Shirt , Gonzalez.« Immerhin, dachte ich.
    Er sah mich hingebungsvoll an.

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