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Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Titel: Alles auf Anfang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Blick ähnelt nun mehr denn je dem von Frank, wenn er seine Absicht durchsetzen will, gepaart mit der hölzernen Statik von Lotte, wenn diese erzürnt ist.
    Darüber reden wir später, meine Liebe!, denkt sich Gina und verflucht den Augenblick, in dem sie auf die Idee gekommen war, Angelika zu besuchen. Als hätte sie nicht schon genug Ärger mit Otto, nun auch noch das hier ...! Phrasendrescher sind diese Leute, die - hier hat sie das Gefühl, einer Realsatire beizuwohnen -, mit ihrer erschütternden Konsequenz an alte Zeiten und deren Mitläufer erinnern, auch wenn die Richtung ganz nach links, für manche bis in die DDR, weist.
    »Macht kaputt, was euch kaputtmacht!«, sagt Gudrun. Ihr Blick ist verschleiert. »Und tut euch keinen Zwang dabei an.«
    Amen!, denkt Gina und gähnt.
    »Aber niemand in diesem Land will, dass etwas kaputt geht. Nicht schon wieder ...«, entgegnet Ottilie gutmütig. »Man würde diejenigen hassen, die alles kaputtmachen.«
    »Nein, Freundin. Das würde man nicht«, sagt Gudrun und erklärt: »Halte das Volk nicht für dumm! Das funktioniert anders. Wenn eine zunächst kleine Gruppe den Kampf gegen das System aufnimmt, folgen ihr bald andere Gruppen. Die unterdrückten Massen begrüßen diese Aktionen gegen das System und erkennen bald ihre eigene Macht. Dann erheben sich die Massen und brechen den Widerstand des Feindes. Anschließend hat das Volk die Macht. Das alte System ist gestürzt.«
    »Ja, ein einziger Funke kann eine Massenrebellion auslösen«, sagt Horst und richtet sich auf. Sein Gesicht strahlt Begeisterung aus. »Dafür gibt es in der Geschichtsschreibung viele Beispiele. Che Guevara, Rosa Luxemburg, Marx, Lenin, Mao.«
    Andreas schlägt mit der Hand auf den Tisch. »Schon Mao hat gesagt, man müsse zwischen sich und dem Feind einen klaren Trennstrich ziehen! Das geht nur, indem wir unseren Feind bekämpfen.«
    Bier folgt auf Bier, Martini auf Martini. Curacao auf Curacao. Andreas dreht unentwegt Joints. »Wir sind ready to go”, murmelt er.
    Ottilie sucht immer wieder das Gespräch mit Thorwald.
    Andreas sieht erst Gina, dann Ottilie eindringlich an. »Würdet ihr mitmachen? Mitmachen bei der Revolution?«
    »Bist du verrückt?«, fährt Angelika dazwischen.
    Gina hat bisher kaum mit ihrer alten Freundin gesprochen, obwohl es so vieles zu Schwatzen gäbe. Stattdessen sitzt sie hier in diesem Club und ist, trotz Angelika, fremd hier, wie man nur sein kann. Sie möchte weg, möchte ins Hotel. Man sollte die Erinnerungen ruhen lassen. Schon als sie und Angelika sich aus den Augen verloren hatten, hatten sie nicht mehr wirklich harmoniert.
    »Würdet ihr bei uns mitmachen?« wiederholt Andreas seine Frage und nagelt die Frauen mit seinen Augen fest.
    Mein Gott, denkt Gina, dieser Kerl ist so ganz anders als Otto, ist so ... so ... so hochmütig, strahlt Kraft aus, aber auch – etwas Indifferentes. Aggression, Rücksichtslosigkeit, einer der erst erschreckt und dann durch großzügige Gesten versöhnt. Ein Provokateur aus Leidenschaft, einer der polarisiert. Einer, den man entweder mag oder hasst. Ein unberechenbarer Mann.
    Alle schweigen und warten auf die Antwort.
    Ottilie nickt Gina zu. Angelika stöhnt und verdreht ihre Augen. »Ihr solltet nicht so viel schlechtes Dope rauchen. Was sollen Ottilie und Gina von uns denken?« Und zieht an ihrem Joint.
    Dumme Kuh, denkt Gina voller Mitleid. Immerzu gibst du dich mit den falschen Leuten ab.
    »Also?«, wartet Andreas auf die Antwort.
    »Wir müssen gehen!«, bestimmt Gina und steht auf.
    »He, he«, sagt Andreas. «War nur ein Scherz. Oder ein Test, irgendwie ...«
    »Irgendwie ...« überlegt Horst und kichert bekifft.
    »Ja, irgendwie ist gut.« Thorwald nickt versonnen. »Hat so was von irgend ...«
    »Hat was von irgendwas«, fügt Gudrun hinzu.
    »Mmmmh. Ist was dran, ist was dran«, entdeckt Horst.
    Ottilie hält ihre Tante am Ärmel fest und ihre großen Augen leuchten im Kerzenschein. »Sie haben recht«, flüstert sie. »Alles, was hier gesagt wurde, stimmt. Sie alle, alle von früher, sie alle sind Mörder. Glaube mir, Gina, glaube mir. Ich weiß, worüber ich spreche!«
    »Red nicht so einen Unsinn«, entfährt es Gina. Sie hat die Nase voll, ist müde und das radikale Gequatsche geht ihr auf die Nerven. Außerdem hat das passive Haschischrauchen auch bei ihr Spuren hinterlassen. Obwohl sie ungehalten ist, drängt sich hin und wieder eine alberne Gibbeligkeit in ihre Mundwinkel. »Wir verschwinden jetzt. Macht’s

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