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Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Alles auf Anfang: Roman (German Edition)

Titel: Alles auf Anfang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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steinharten Fußball die Zehen bricht.
    Da drüben ist die Schlickerbude, vor der sich schnabbelnde Kinderleiber, zappelnd und frierend drängeln und schieben, mit Pfennigen bewaffnete Bedürfnisse, die sich sorgfältig und zeitaufwendig ihr süßes Programm zusammenstellen, währenddessen der ältere Herr, drei Meter weiter im Gedränge, schier verzweifelt, weil eines der Kurzen sich nicht zwischen Mausespeck und Salinos entscheiden kann. Die geduldige Verkäuferin richtet eben für zehn Pfennige eine Tüte Freude.
    Pärchen knutschen und fummeln hinter den Toiletten und Umkleiden. Das Badebecken wird von einer Strippe aus blauweißen Plastikkugeln in den Nichtschwimmer- und Schwimmerbereich geteilt. Im trüben Wasser hopsen, springen, planschen Unmengen Badelustiger, Kinder kreieren Arschbomben, die sich sehen lassen können und die weniger Beweglichen das Wasser in die Augen treiben; junge Männer haben ihre Bienen auf die Schultern gehoben, die wie Ritter hoch zu Ross gegeneinander kämpfen, rangeln, schubsen, das Wasser aufwirbeln wie brünstige Nilpferde, und von den Schultern ihrer Reittiere rutschen, mit weit gebreiteten Armen hintenüber platschen; selber Schuld, wer sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringt!
    Betagte Schwimmer versuchen optimistisch, Bahnen zu ziehen, wobei sie Meter für Meter anhalten müssen, Schutz suchend am Beckenrand, immer ein Auge auf den Bademeister gerichtet, der weiß gekleidet wie ein Schneemann in kurzen Hosen um das Becken stapft, sehr autoritär, als gelte es, eine Herde Wildvieh im Zaun zu halten. Zwischen seinen Lippen steckt eine Trillerpfeife, die er fortwährend benutzt. Das Schrillen wird gestützt von einer bewegungsfreudigen Gestik, dann und wann nimmt er den Triller zwischen die Finger und brüllt wie ein Offizier, ermahnt Unfolgsame oder weist übertrieben lebendige Wasserratten in Richtung Ausgang, ganz Herr und Meister seiner Badeanlage.
    Mädchen in knappen Bikinis rekeln sich am Beckenrand. Männer mit Muskeln und Sonnenbrand posieren, cremen sich oder die Mädchen ein oder schubsen Kleinere ins Wasser, dem zufolge sie noch männlicher wirken, starke Typen eben, die sogar dem raschen Schelten des Bademeisters Paroli bieten, indem sie sich kurzerhand hinfort machen, mit aufgeblasener Brust, versteht sich, ohne diese Niete eines Blickes zu würdigen, die wohlgeformten Bienen im Schlepptau.
    Dann sind da noch die Familien. Mutter im Triumph-Badeanzug und wohlgeformt versteiften Brustkörbchen aus Fischbein, mit einer Bademütze, auf der bunte Plastikblümchen leuchten; einige führen ganz modische Kappen spazieren, von Kairo im Silbergelatine-Look mit weißen Blenden, die unter dem Kinn klemmen. Väter flanieren mit gestreiften Sport-Bademützen, unter denen ihre Köpfe wie braunverbrannte Kugeln aussehen. Kinder mit blauen Kältelippen haben die Ärmchen um sich selbst geschlungen, treten auf der Stelle und brabbeln vor sich hin, unterdessen ihnen die Rotze aus der Nase läuft; aus dem Stand hopsen sie hin und her, huschen weg wie elektrisierte Silberfischchen und rutschen zuverlässig nach wenigen Augenblicken auf den nassen Fliesen aus, was Geschrei zur Folge hat. Na was soll’s, rein ins Wasser mit dem blutigen Bein, es kühlt ja so schön und Chlor tötet die Bakterien, sagt man.
    Lotte, Frank und Tom finden einen Platz im Halbschatten, wo Frank zwei Decken ausbreitet. Eine für sich und Lotte, eine für Tom (und für Ottilie, deren Abwesenheit nun allen schmerzhaft bewusst ist!). Lotte schiebt die Campingtasche an den Baum, Kartoffelsalat und für jeden ein Schnitzel, die Oma Käthe noch flink gebraten hat. Wasser macht hungrig und sie werden bis abends hierbleiben.
    Alle haben ihre Badekleidung unter der Alltagswäsche, deshalb können sie sich das Geld für die Umkleidefächer sparen. Lotte verstaut die Klamotten zwischen zwei Handtüchern, versteckt die Wertsachen in aufwändig gefalteten Handtüchern. Tom reckt sich in der Sonne und zupft seine Badehose zurecht. Als er an sich heruntersieht, nimmt er einmal mehr wahr, wie hager er ist. Wie ein weißer Storch sieht er aus! Ein hässlicher weißer Storch, dem überall Haare wachsen, was seine Schulkameraden spöttisch ankritteln, weil er ihnen da schon so weit voraus ist, wie ein Fünfzehnjähriger! Demgemäß macht sich sein Selbstwertgefühl für einen Augenblick davon. Eigentlich möchte er sich viel lieber auf die Decke werfen, auf den Bauch rollen und die Augen schließen, damit ihn niemand sieht.

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