Alles auf Anfang: Roman (German Edition)
willst du denn damit sagen?«
»Is doch egal.«
Woher kennt Karlas Freund eigentlich meinen Namen?, fragt sich Tom.
Schon die ganze Zeit nutzt er die Gelegenheit, den zwei, drei Jahre Älteren, schon ein Großer also, unter die Lupe zu nehmen. Er hat ihn in der Schule gesehen, flüchtig, an Karlas Seite, jedoch den Namen des Jungen kennt er nicht. Die sind die blonden Haare, voll und im Nacken gelockt, über der Stirn eine verwegene Welle. Schlank, aber gut proportioniert, ein sportlicher Typ, aber kein Schläger, wie man erlebt hat. Das ist exakt jener Kerl, den es in jeder Schulklasse nur einmal gibt und den alle Mädchen ganz toll finden.
Tja, mein Lieber. Letztendlich habe ich dir den Hintern gerettet, feixt Tom. Der dünne Tom Wille aus der Quarta. Tom entgeht nicht, dass auch der Tertianer ihn aufmerksam begutachtet, wohl wissend, was er ihm zu verdanken hat. Zwischen Karla und ihrem Freund hat sich eine seltsame Distanz entwickelt, sie weiß nicht, wohin mit ihren Händen, sieht mal den einen, dann den anderen Jungen an. Sie machen einer Gruppe schwatzenden Erwachsenen Platz, denen eine betäubende Schweißwolke hinterher schwebt.
»Tom, bist du alleine hier?«, fragt Karla.
Toms Herz macht einen Hopser, als er in ihre blitzenden Augen sieht. »Mit meinen Eltern.«
»Pah«, macht Karlas Freund und dreht den Kopf ostentativ zur Seite.
»Na, Filius, haben wir was verpasst?« Vater kommt herbeigeschlendert, Mama neben ihm, beide wirken extrem gut gelaunt. »Am Eingang haben ein paar Türken einen Aufstand gemacht, weil Hasan rausgeschmissen wurde? Es soll eine Klopperei gegeben haben?«
Hatte Tom sich vor ein paar Minuten noch gewünscht, die beiden zu sehen, wünscht er sie jetzt nach Buxtehude in die Quarkmühle oder sonst wohin.
»Oh ja, Herr Wille, ihr Sohn ist ein richtiger Held. Sie hätten sehen sollen ...«, sagt Karla und ihr Freund macht ein Zitronengesicht.
»Was hat Tom damit zu tun?«, fragt Mama besorgt.
»Nun lass aber mal, Karla ...«, unterbricht Tom. Ihm steigt Hitze in den Kopf und am liebsten würde er ins Wasser springen.
»Ach, ihr kennt euch?«, fragt Mama.
»Ich bin in der Parallelklasse«, sagt Karla.
Und ich Idiot habe dir einen Liebesbrief geschrieben und wurde damit zum Gespött der Schule, denkt Tom ungehalten. Wahrscheinlich hat dein Schönling den Brief auch gelesen und sich scheckiggelacht! Deshalb kennt er auch meinen Namen, na klar – nur so kann es sein!
Karla beschreibt, was sich zugetragen hat. Und wie sie das beschreibt! Aus ihrem Mund klingt das alles noch viel spannender und – riesiger. Der böse Türke war riesig, der gute Türke war breit und riesig, und ihr Freund und ganz besonders Tom sind die riesigen Helden des Tages.
Vater nickt und sein Blick wandert von Karlas Freund zu Tom, vergleichend und stolz, als wolle er sagen: Diesen großen Jungen, der älter ist als du, diesen Burschen hast du beschützt? Dir scheint die Kleine mit den roten Haaren und den Sommersprossen ja gut zu gefallen!
Er sagt: »Dann war’s bestimmt Cemir, der dir beigesprungen ist, Tom. Er ist mit Hasan raus aus dem Bad und sah ziemlich zornig aus.«
»Sie kennen die Türken?«, fragt Karlas Freund und seine Augen blitzen kühl, als begehe Frank Wille mit dieser Tatsache ein Verbrechen.
»Ja, ich arbeite unter Tage. Hasan kenne ich und Cemir, der kleine Muskelkasten, ist ein guter Kumpel von mir, war es jedenfalls, als wir noch gemeinsam in einem Trupp waren. Er ist ein feiner Kerl. Der Ärmste hatte viel Ärger mit seinem Vorgesetzten, seinem Steiger.«
»Schotterbein«, flüstert Mama vielsagend.
»Ja. Dieser Schweinehund hat dafür gesorgt, dass Cemir seinen Arm nie wieder bewegen kann wie ein gesunder Mann.«
Karlas Freund runzelt die Stirn. »Er hatte eine ziemlich große Narbe am Arm.«
»Sein Vorgesetzter ist ein Arschloch. Ich war dabei und habe erlebt, dass dieser Steiger vorsätzlich und fahrlässig handelte. Er wollte, dass Cemir verletzt würde. Offiziell schwer zu beweisen, aber wir Kumpels wissen Bescheid!«, sagt Vater und zuckt die Achseln. »Na, ja. So was passiert halt unter Tage und wie immer trifft es die Besten.« Er lächelt, als er das verkniffene Gesicht von Karlas Freund sieht. »He, Junge. Es ist nichts Schlimmes dabei, wenn man Türken kennt.«
»Sind Sie sicher?« Der Kopf von Karlas Freund ruckt zu Karla herum, die verlegen auf ihre Füße schaut.
»Und aus dem Eis wurde auch nichts?«, zeigt Vater auf die Milchpfützen zu ihren Füßen,
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