Alles auf eine Karte
um vierzehn Uhr an unserem üblichen Treffpunkt und gingen in Richtung Bucht hinunter. Da wir nicht unter Zeitdruck standen, wollten wir den ganzen Weg über die Brücke und zurück gehen. Vorsichtshalber hatten wir aber auch einen kleinen Rucksack mit Kleidern zum Wechseln mitgenommen, für den Fall, dass wir es uns anders überlegten und stattdessen doch bloß etwas trinken gehen wollten.
Was wir dann auch taten.
Zwanzig Minuten später saßen wir auf zwei teuren Teakholzstühlen auf einer Terrasse direkt am Wasser und genossen den Ausblick auf die Golden Gate Bridge. Ein Luxus, der nur Mitgliedern des exklusiven St.-Francis-Yacht-Clubs vergönnt ist. Was für ein Glück, dass McKenna Investment Bankerin ist!
Ich kostete meinen Eistee und schob mir die Sonnenbrille ins Haar. »Okay, lass uns gleich mal die Checkliste durchgehen: Wir haben das Datum, wir haben das Kleid, wir haben das Lokal, die Band, das Catering, die Gästeliste und die Trauzeugin, die ihre Aufgaben nebenbei bemerkt äußerst gewissenhaft erledigt. Habe ich etwas vergessen?«
Sie griff in die Schale mit den Nachos und knusperte drauflos. »Fehlen noch die Einladungen, der Blumenschmuck, die Hochzeitstorte und die Kleider für dich und Andie. Ach, ja, und dann müssen wir uns noch überlegen, wo das Probedinner stattfinden soll.«
»Keine Sorge, da finden wir schon noch das Richtige. Überlass das nur mir. Mit K.A. Marketing haben wir schon in unzähligen Restaurants Veranstaltungen abgehalten, ich habe also jede Menge Kontakte. Versprich mir nur eines: dass du nach den Flitterwochen nicht in einen Vorort ziehst. Apropos, weißt du schon, wo die Reise hingehen wird?«
Sie streckte die Beine aus. »Das organisiert alles Hunter, und er verrät mir erst, wohin wir fahren, wenn wir schon am Flughafen sind.«
»Oh, wow, ich wusste gar nicht, dass er so romantisch veranlagt ist. Halt, das nehme ich zurück. Sein Antrag deutet definitiv auf eine romantische Veranlagung hin.« Hunter hatte nämlich beim Scrabble die Worte WILLST DU MICH HEIRATEN auf das Spielbrett gelegt. »Du hast hoffentlich oft genug angedeutet, dass du unbedingt ans Meer möchtest, oder?«
McKenna nahm einen Schluck von ihrer Cola Light. »Von angedeutet kann keine Rede sein – ich habe ihm klipp und klar gesagt, dass ich ausschließlich Badesachen einpacken werde.«
Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. »Mir ist ohnehin völlig schleierhaft, wie man in den Flitterwochen irgendetwas anderes tun kann als am Strand zu liegen, Piña Colada zu trinken und das süße Nichtstun zu genießen. Wer hat nach der stressigen Hochzeitsplanung denn noch Lust auf Sightseeing und Museumsbesuche?«
»Hey, apropos süß – bist du bereit für deinen Termin mit dem Verlag?«
Ich schlug die Augen auf und setzte mich aufrecht hin. »Ich kann an gar nichts anderes mehr denken – abgesehen von deiner Hochzeit natürlich. Ich möchte mir keine allzu großen Hoffnungen machen, aber man kann ja nie wissen, nicht?«
»Du sagst es. Ich bin stolz auf dich, Bryson.«
Ich grinste. »Danke.«
»Ich drücke dir jedenfalls die Daumen«, sagte sie. »Und falls du damit den großen Coup landest, erwarte ich ein entsprechend großzügiges Hochzeitsgeschenk.«
»Ich werde sehen, was sich machen lässt. Vielleicht schreibe ich ja sogar eine Grußkarte für dich.«
»Echt? Zu welchem Thema denn?«
»Da muss ich erst überlegen.« Ich schloss die Augen und dachte angestrengt nach.
»Also?«
»Pst. Ich versuche, mich zu konzentrieren.«
»Ich warte …«
»Pst! Die Künstlerin darf nicht gestört werden!«
»Ich schlafe gleich ein.«
»Ruhe! Unter Druck kann ich nicht arbeiten.«
»Ich hätte da eine Idee für eine Karte«, bemerkte sie.
Ich öffnete die Augen und sah zu ihr hinüber. »Ah, ja?«
»Mhm.«
»Lass hören.«
»Auf der Vorderseite steht : Du freust dich darüber, dass deine beste Freundin heiratet, hast aber auch Angst, sie zu verlieren?«
Ich schluckte. Unglaublich, wie gut sie mich kannte.
»Und auf der Innenseite steht: Keine Sorge, Süße, sie wird trotzdem immer für dich da sein.«
Ich hatte plötzlich einen Kloß im Hals. »Versprochen?«
»Versprochen.« Sie beugte sich zu mir rüber und drückte mich an sich. »Ich brauche doch meine Waverly.«
*
Auf dem Nachhauseweg war ich so in Gedanken versunken, dass ich an der Union Street bei Rot über die Kreuzung ging und geradewegs vor ein Auto lief. Lautes Hupen riss mich aus meinen Tagträumen. Hoppla. Der Fahrer
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