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Alles auf eine Karte

Titel: Alles auf eine Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Murnane
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tastete.
    »Hallo?«
    »Hallo, Kleines.«
    Sogleich verfluchte ich mich dafür, dass ich rangegangen war, ohne vorher auf das Display zu sehen.
    »Hallo, Dad.« Ich sank wieder nach hinten.
    »Habe ich dich aufgeweckt?«
    »Nein, nein, überhaupt nicht.« Wie immer versuchte ich zu leugnen, dass ich tief und fest geschlafen hatte, obwohl es meiner Stimme deutlich anzumerken war. Niemand gibt gern zu, dass er gerade in Morpheus’ Armen lag. Warum eigentlich?
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    »So lala. Ich hab heute schon früher Feierabend gemacht, weil ich mich so matt gefühlt habe.«
    »Du hast dich wohl mal wieder übernommen, wie? Du warst ja schon immer so ehrgeizig.«
    »Kann schon sein«, sagte ich. »Und, was gibt es bei dir Neues?«
    »Ich habe erfreuliche Neuigkeiten«, verkündete er.
    Erfreuliche Neuigkeiten? Von meinem Vater?
    »Ach, ja? Erzähl.«
    »Ich habe einen neuen Job.«
    »Ehrlich? Das ist ja toll, Dad. Wo denn?«
    »Hier.«
    »Wo, hier?«
    »Na, hier, bei mir«, sagte er.
    »Was?«
    »Ich arbeite von zu Hause aus.«
    »Und was machst du da genau?«
    »Ich verkaufe Vitamine am Telefon«, verkündete er.
    »Vitamine?«
    »Es ist eine Riesenchance. Wenn ich mich richtig hineinknie, kann ich einige Tausend Dollar pro Woche verdienen.«
    »Mit dem Verkauf von Vitaminen? Von zu Hause aus?«
    »Aber hallo. Ich habe ein Seminar besucht und alles gelernt, was ich darüber wissen muss. Jetzt muss ich bloß noch die Vitamine kaufen, dann kann es losgehen.«
    Ich kniff stöhnend die Augen zusammen. »Du musst die Vitamine erst kaufen?«
    »Ja, die Firma will sichergehen, dass man auch wirklich mit ganzem Herzen bei der Sache ist. Sobald die Vitamine abbezahlt sind, arbeite ich für meine eigene Tasche.«
    »Komm schon, Dad«, sagte ich.
    »Was ist?«
    »Na, das ist doch ganz offensichtlich der reinste Nepp, Dad. Sie verkaufen dir ihr Produkt, damit du das ganze Risiko tragen musst. Verstehst du das denn nicht?«
    »Kannst du nicht einmal hinter mir stehen, Waverly? Das ist für deinen alten Vater doch eine Investition, die sich auszahlt.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe und holte tief Luft. »Nein.«
    »Nein?«, wiederholte er.
    »Dad, ich weigere mich, zuzusehen, wie du dir schon wieder dein eigenes Grab schaufelst. Ich kann das nicht mehr. Ich bin sehr dafür, dass du dir Arbeit suchst, aber von zu Hause aus Vitamine zu verkaufen, das klingt nicht gerade nach einer vielversprechenden Karriere.«
    »Diesmal schaffe ich es, du wirst schon sehen«, sagte er. »Diesmal …«
    Bitte, nicht schon wieder , dachte ich. »Dad, ich habe keine Lust mehr, immer wieder dieselbe Diskussion mit dir zu führen. Ich liebe dich, aber ich lege jetzt auf.«
    »Aber …«
    »Wiedersehen, Dad.« Ich klappte langsam mein Handy zu und legte es aufs Bett. Dann ließ ich den Kopf auf das Kissen sinken.
    Es dauerte keine zwei Sekunden, da klingelte es erneut. Diesmal schaute ich auf das Display, ehe ich abnahm. Hm. Eine unbekannte Nummer.
    »Hallo?«
    »Hallo, spreche ich mit Waverly Bryson?«
    »Ja?« Die Stimme am anderen Ende kam mir nicht bekannt vor.
    »Guten Tag, hier ist Becca Bentley von Smithers Publishing.«
    Smithers Publishing? Der Verlag hier in San Francisco? Ich konnte mich gar nicht erinnern, dass ich meine Süßen Grüße dorthin geschickt hatte, aber mir blieb trotzdem beinahe das Herz stehen.
    »Guten Tag«, würgte ich hervor.
    »Wir haben uns die Entwürfe für die Grußkartenserie angeschaut, die Sie an Kara Barnett im Lektorat geschickt haben.«
    »Oh«, machte ich. Kara Barnett? Das war doch Andies Cousine! Andie musste ihr meine Karten weitergeleitet haben. Ein dreifaches Hoch auf Andie!
    »Und ich wollte Sie fragen, ob Sie kommende Woche mal vorbeischauen könnten, damit wir uns darüber unterhalten können.«
    Ich wäre um ein Haar aus dem Bett gefallen. »Kommende Woche? Aber natürlich, gern.«
    »Hervorragend. Bitte bleiben Sie kurz dran, dann wird meine Assistentin einen Termin mit Ihnen vereinbaren. Ich freue mich schon darauf, Sie kennenzulernen, Waverly.«
    »Äh, ich mich auch. Vielen Dank für den Anruf … vielen Dank für den Anruf!« Mist, ich hatte ihren Namen vergessen.
    Keine drei Minuten später hatte ich einen Termin bei Smithers Publishing.
    Ich legte auf und saß eine Weile einfach nur auf meinem Bett.
    Wahnsinn!
    *
    Am Sonntag unternahm ich mit McKenna einen unserer ausgedehnten Spaziergänge. Wir hatten viel zu bereden, und das schöne Wetter kam uns sehr gelegen. Wir starteten

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