Alles auf eine Karte
im Namen von uns allen für Ihr Kommen bedanken«, sagte sie.
»Aber nicht doch. Ich habe zu danken«, erwiderte ich.
Sie nahm einen Schluck Cappuccino. »Sie fragen sich vermutlich, weshalb wir Sie eingeladen haben, obwohl Smithers zurzeit gar keine Grußkarten im Programm hat.«
Das erklärte, weshalb ich auf der Homepage nicht fündig geworden war. Ich weiß zwar, dass ich nicht gerade die Meisterin der Internetrecherche bin, aber so schlecht bin ich dann auch wieder nicht.
»Ich muss zugeben, ich war etwas verwundert, ja.«
»Wie sind Sie überhaupt auf die Idee mit Ihren Karten gekommen?«, wollte sie wissen.
Ich starrte auf meine Hände. Diese Frage hatte mir bislang noch niemand gestellt.
»Äh … nun, ja …«
Ich ließ den Blick über die erwartungsvollen Gesichter vor mir gleiten.
Was hatte ich schon zu verlieren?
Ich holte tief Luft. »Also, ehrlich gesagt, angefangen hat alles damit, dass mich mein Verlobter kurz vor der geplanten Hochzeit verlassen hat.« Ich atmete aus und war überrascht, wie befreiend es war, die Worte laut auszusprechen, und das, obwohl mir vier Menschen gegenübersaßen, die ich eben erst kennengelernt hatte.
»Oh«, sagte Emily.
»Ähm, es … war wohl ein Versuch, die Trennung auf ironische Art und Weise zu verarbeiten.« Ich schluckte schwer. »Er hat mich immer Süße genannt.«
Sie nickte. »Tja, es tut mir natürlich leid für Sie, dass es mit Ihrem ehemaligen Verlobten nicht geklappt hat, aber andererseits bin ich ihm direkt dankbar, denn immerhin haben Sie seinetwegen angefangen, diese wunderbaren Karten zu schreiben.«
Ich lächelte. »Danke.«
»Unter uns gesagt tragen wir uns schon eine ganze Weile mit dem Gedanken, Grußkarten als neues Programmsegment einzuführen, wir konnten uns bislang bloß noch nicht auf die passende Strategie einigen. Aber als wir Ihre sahen, waren wir alle der Meinung, dass wir zuschlagen sollten«, sagte sie und deutete auf ihre Kollegen, die bestätigend nickten.
Ich nickte ebenfalls, obwohl ich nicht genau wusste, weshalb. Nicken scheint genauso ansteckend zu sein wie Gähnen.
»Waverly, wir sind zu dem Schluss gekommen, dass Ihre Süßen Grüße für uns genau das Richtige sind, um ins Grußkartengeschäft einzusteigen«, fuhr Emily fort.
Ich starrte sie an und blinzelte. Wie bitte?
»Sie wollen eine eigene Abteilung für Grußkarten ins Leben rufen? Mit meinen Karten?«
»So ist es.«
»Aber … Ich dachte, beim heutigen Treffen ginge es nur darum, dass wir uns mal gegenseitig beschnuppern.«
Emily lächelte mich an, die anderen lachten. »Tja, und genau das tun wir ja auch gerade. Aber Sie sollen wissen, dass es uns ernst ist. Wir finden Ihre Idee großartig, und wir würden gerne gleich Nägel mit Köpfen machen. Es gibt zurzeit nichts Vergleichbares auf dem Markt, und wir sind überzeugt, dass Ihre Karten unter Singlefrauen jede Menge Abnehmerinnen finden werden. Vor allem, wenn bekanntwird, wie die Idee dazu entstanden ist.«
Mein lieber Schwan, hier wurde ja echt nicht lange gefackelt.
»Wenn wir uns rasch einig werden, könnten wir die Süßen Grüße noch diesen Sommer auf den Markt bringen.«
Diesen Sommer?
»Äh … wow«, stotterte ich. Sehr professionell. Aber ich war wie vor den Kopf gestoßen.
»Ach, und noch etwas …«, fuhr sie fort.
»Ja?«, hauchte ich.
»Als wir das beigelegte Foto von Ihnen gesehen haben, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es von Vorteil wäre, Sie in die Werbekampagne einzubinden.«
»Das beigelegte Foto?«, wiederholte ich erschrocken. In Anbetracht der Tatsache, dass nicht ich, sondern Andie meine Karten an den Verlag geschickt hatte, konnte ich nur hoffen, dass ich auf dem betreffenden Bild ausnahmsweise nicht mit einer dicken, fetten Margarita in der Hand zu sehen war. Aber die Chancen standen schlecht.
Emily nickte erneut. »Wir sind der Ansicht, dass es der Kartenserie bei der Markteinführung zugutekäme, wenn unsere Kundinnen sehen, dass ein Mensch aus Fleisch und Blut dahintersteckt, und Sie haben zweifellos das passende Gesicht für unser Vorhaben.«
»Ah, ja?«
Sie nickte. »Und nachdem wir Sie jetzt kennengelernt haben, konnten wir uns davon überzeugen, dass Sie obendrein über die richtige Persönlichkeit und das geeignete Image verfügen – hip und humorvoll.«
»Ah, ja?«, sagte ich erneut. Wie zum Geier waren sie denn zu dieser Überzeugung gelangt? Und warum brachte ich keinen anständigen Satz heraus? Gegen meine einfallslosen, einsilbigen
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