Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alles auf eine Karte

Titel: Alles auf eine Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Murnane
Vom Netzwerk:
Besser gesagt, ich hatte zeitlich die Möglichkeit gehabt, es zu versuchen. Und damals ging es nur um ein Abendessen mit ein paar hundert ehemaligen Mitschülern. Die Zeitschrift People hat ich weiß nicht wie viele Trillionen Leser, und um für das Fotoshooting in Form zu kommen, hatte ich gerade mal eine Woche. Sechs Tage, genau genommen.
    Ich war geliefert.
    Stundenlang ließ die Aussicht, neben neunundvierzig schönen Berühmtheiten im People -Magazin abgebildet zu werden, meine Stresshormone tanzen, bis ich irgendwann dachte: Ach, was soll’s. Ich bin ohnehin nur der Quoten-Normalo. Eine jener willkürlich ausgewählten Kandidatinnen, die nicht wirklich in die Kategorie »schöne prominente Menschen« gehören und eigentlich nur dazu dienen, die Illusion aufrechtzuerhalten, dass auch Leute wie du und ich schön sind. Schriftsteller, Politiker oder Köche sind in solchen Fällen dankbare Kandidaten, zuweilen ist auch ein Bungee-springender Manager darunter.
    Und nun also auch eine verbitterte Singlefrau. Ich konnte die erbosten Leserbriefe förmlich vor mir sehen:
    Liebe Herausgeber,
    diesmal haben Sie bei der Auswahl ja ziemlich danebengegriffen. Wo war Céline Dion? Wo war LeAnn Rimes? Wie kann man nur dieser Grußkartentussi den Vorzug vor all den wahren Schönheiten geben? Ich bin schockiert!
    Sehr geehrte Damen und Herren der People - Re daktion,
    Waverly wer? Eine Frau, die nach einem Cracker benannt ist, der seit Jahren nicht mehr hergestellt wird – und dafür sind Leute wie Taylor Swift und Miley Cyrus leer ausgegangen? Ich bin versucht, mein Abonnement zu kündigen. Ich kann nur hoffen, dass Sie nächstes Mal wieder ein besseres Urteilsvermögen an den Tag legen!
    Sehr geehrte HerausgeberInnen,
    ich muss wohl träumen! Sie schimpfen sich »die Stimme Amerikas« und übergehen Sarah Palin wegen dieser verbitterten Süße-Grüße-Schreiberin? So viel Ignoranz ist schlicht empörend!
    Unzählige Wilmas aus Nebraska, Mary Jeans aus West Virginia und Becky Sues aus Oklahoma würden Beschwerdebriefe an People schicken. Legionen von verzweifelten Hausfrauen, die nicht Waverly Bryson wollten, sondern Eva Longoria.
    Am Tag vor meinem Fototermin saß ich mit McKenna auf meinem Wohnzimmerfußboden. Es war früher Samstagnachmittag, und wir durchkämmten diverse Zeitschriften wie Bride und InStyle auf der Suche nach geeigneten Frisuren für ihre Hochzeit. Wir würden beide trägerlose, eng anliegende bodenlange Kleider tragen, ihres elfenbeinweiß, meines dunkelblau mit silbergrau.
    »Wie findest du die hier?« Ich deutete auf das Foto eines Models, dem man das Haar zu einem lockeren, aber dennoch elegant wirkenden Knoten aufgetürmt hatte.
    Sie hob den Kopf und nickte. »Gefällt mir. Schneid es aus und leg es zu den Hochsteckfrisuren.« Auf dem Boden neben uns hatten wir zwei Stapel angelegt, einen mit Bildern von Models und Stars mit offenen Haaren, einen für die Hochsteckfrisuren. McKenna konnte sich einfach nicht entscheiden.
    Ich rappelte mich auf und streckte die Glieder. »Ich bin müde. Möchtest du etwas trinken?« Ich ging in die Küche.
    »Was hast du denn da?«
    Ich öffnete den Kühlschrank. »Mal sehen. Ich hätte Wasser, H 2 O oder Agua.«
    »Warum überrascht mich das nicht?«, sagte sie. Ich konnte sie nicht sehen, aber ich wusste, dass sie gerade die Augen verdrehte.
    Ich begab mich zurück ins Wohnzimmer, in den Händen je ein Glas Wasser und ein Glas Agua. »Hey, sollen wir uns eine Pizza bei Dino’s gönnen? Ich bin am Verhungern.«
    »Gute Idee.« Sie schob die Häufchen zusammen und verstaute sie in ihrer dicken Hochzeitsmappe. »Mir reicht’s für heute.«
    Als wir etwa eine halbe Stunde später unser zweites Stück Pizza mampften, sah ich Andie auf der anderen Straßenseite vorbeigehen.
    »Guck mal, da ist Andie«, sagte ich. »Wollte sie das Wochenende nicht am Lake Tahoe verbringen?«
    »Behauptet hat sie es jedenfalls.«
    »Ich laufe kurz raus und hole sie. Besorg du inzwischen einen dritten Teller.« Ich sprang auf und lief auf die Straße, um gleich darauf mit Andie im Schlepptau wiederaufzutauchen.
    Ich schaffte einen Stuhl für sie heran und setzte mich wieder auf meinen Platz.
    »Ist dein Ausflug ins Wasser gefallen?«, fragte McKenna.
    Andie klebte ihren Kaugummi auf den Rand des Tellers, den der Kellner ihr gerade hingestellt hatte, und nahm sich ein Stück Pizza. »Kleine Planänderung«, erwiderte sie.
    »Ich habe das Gefühl, dass wir gleich eine irre Story zu hören

Weitere Kostenlose Bücher