Alles auf eine Karte
willkommene Abwechslung für mich. Wenn ich wie heute freihabe und Shane unterwegs ist, langweile ich mich ohnehin meistens.«
»Müssen Sie denn nicht zu einer Filmpremiere oder einer Preisverleihung? Oder in der Klinik ein paar Menschenleben retten?«
Sie winkte ab. »Kindchen, Ihre Vorstellung von meinem Leben ist so was von falsch, dass ich noch nicht einmal darüber lachen kann.«
»Es ist also nicht alles bloß Glanz und Glamour?«
»Nicht mal annähernd. Ich fliege zwar erster Klasse, aber meine Wäsche wasche ich noch selbst.«
Ich lachte. »Ich habe mich wirklich blendend mit Ihnen amüsiert. Schade, dass ich Sie nicht als meine Begleitung zur Hochzeit mitnehmen kann. Ich bin nicht gerade scharf darauf, am Singletisch zu sitzen.«
»Es wird bestimmt ein schöner Abend werden. Wer weiß, vielleicht laufen Ihnen ja ein paar attraktive Männer über den Weg.«
»Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.«
»Nun seien Sie doch nicht so pessimistisch.«
»Okay, okay. Ich habe einfach keine große Lust, mich als Beziehungsversager zu outen.«
»Waverly, Sie übertreiben maßlos.«
Ich verschränkte die Arme und seufzte. »Schon möglich, aber dafür steht der Singletisch nun einmal.«
»Das ist doch lächerlich. Ihre Hochzeitspläne haben sich zerschlagen – na, und? Wollen Sie denn überhaupt verheiratet sein?«
Ich schürzte die Lippen. »Nun, wenn man sieht, dass alle anderen …«
»Kümmern Sie sich nicht darum, was die anderen tun, kümmern Sie sich lieber um Ihre eigenen Bedürfnisse.«
»Aber …«
»Kein Aber.«
»Aber …«
Sie packte mich am Handgelenk. »Waverly, ich weiß, wir kennen uns noch nicht allzu lange, aber ich möchte, dass Sie mir jetzt mal gut zuhören.«
Ich starrte sie mit offenem Mund an.
»In meinen Augen gibt es nichts Schlimmeres als eine Frau, die ständig Bestätigung von ihren Mitmenschen braucht.«
Ich klappte den Mund wieder zu.
»Wenn Sie heiraten wollen, dann tun Sie das ruhig. Ich finde es wunderbar, verheiratet zu sein. Aber wenn Sie auch nur eine Sekunde lang glauben, ich würde eine höhere Meinung von Ihnen haben, wenn Sie einen Ehering am Finger tragen, dann haben Sie sich schwer in mir getäuscht.«
»Nun, ich …«
»Ich bin noch nicht fertig. Ich mag Sie, Waverly. Ich mag Sie sogar sehr. Aber ich kann es nicht leiden, wenn sich Frauen ständig Gedanken darüber machen, was die anderen von ihnen halten. Das kann ich auf den Tod nicht ausstehen.«
»Das können Sie auf den Tod nicht ausstehen?«
»Jawohl. Und wenn bei mir einmal jemand untendurch ist, dann gibt es kein Zurück mehr. Dann ist der Ofen aus.«
»Dann ist der Ofen aus?«, wiederholte ich grinsend.
Sie grinste ebenfalls. »Richtig. Also, seien Sie lieber auf der Hut.«
Ich lachte. »Ist das etwa eine Drohung?«
Sie zuckte die Achseln. »Ich persönlich würde es als harten aber gerechten Ratschlag bezeichnen, aber wenn Sie es so sehen wollen, bitte schön.«
»Mannomann, Shane hatte Recht, als er erzählt hat, dass man sich mit Ihnen besser nicht anlegen sollte.«
Wieder grinste sie. »Sie haben ja keine Ahnung, wie Recht.«
Wir sammelten unsere Tüten zusammen und begaben uns auf mein Zimmer, wo ich die Hose und das Top, das ich zur Hochzeit tragen wollte, gleich auf einen Kleiderbügel hängte. Alles andere deponierte ich vorerst in einer Ecke. Dann stöpselte ich mein Glätteisen ein und zeigte Kristina, was ich an Make-up mitgebracht hatte.
Sie warf einen kurzen Blick darauf und sagte: »Ich finde, Sie sollten die Haare glätten und offen tragen, und was das Make-up angeht, würde ich für Smokey Eyes und den pflaumenfarbenen Lippenstift hier plädieren.«
»Klingt toll«, sagte ich. »Und nach Ihrer kleinen Gardinenpredigt vorhin würde ich es ohnehin nicht wagen, Ihnen zu widersprechen.«
Sie lachte. »Und das ist auch gut so.«
Ich schaltete den Fernseher ein und zappte durch die Kanäle, bis ich MTV gefunden hatte, wo zur Abwechslung sogar ein Videoclip lief. Genauer gesagt, ein Madonna-Video-Marathon. »Klasse! Ich liebe Madonna!«, rief ich und begab mich ins Bad, wo Kristina gerade mit der Lidschattenauswahl beschäftigt war. »Das erinnert mich an die Stylingzeremonien vor den Schulbällen früher. Wie kam es eigentlich, dass Bälle irgendwann plötzlich als uncool verpönt waren? Oder war das nur an meiner Highschool so?« Ich lehnte mich mit der Hüfte an das Waschbecken.
»Stimmt, an meiner Schule war es ähnlich. Von einem Tag auf den anderen wollte
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