Alles auf eine Karte

zu.
    »Guten Abend! Kommen Sie zurecht?«, fragte sie mit einem Blick auf mein eingegipstes Bein.
    So viel zum Thema Wenn ich eine Hose trage, wird mein Gips nicht so auffallen .
    Ich lächelte. »Ja, vielen Dank, aber würden Sie mir netterweise verraten, wo ich hier ein Glas Wein bekomme?«
    Sie deutete auf die Bar zu unserer Rechten. »Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Und falls Sie Hilfe benötigen, können Sie sich jederzeit an mich wenden.«
    Ich entschied mich für Wein aus dem Napa Valley und bestellte ein Glas Peju Merlot. Anschließend humpelte ich zur Sushibar und bediente mich bei den California Rolls und den scharfen Lachsröllchen. Dann steuerte ich auf einen von zwei Barhockern flankierten Stehtisch zu, stellte mein Glas ab und setzte mich. Ich ließ den Blick über die anderen Anwesenden gleiten, konnte jedoch kein einziges bekanntes Gesicht entdecken. War ich etwa auf der falschen Feier gelandet?
    Ich beschloss, mich vorerst auf mein Sushi zu konzentrieren. Hmm, lecker. Im Nu hatte ich die California Rolls verdrückt. Ich hatte mir eben ein scharfes Lachsröllchen in den Mund geschoben, als mein Blick an einer vertrauten Gestalt hängenblieb. Gleich neben dem Tisch mit den Tacos stand Jake McIntyre, und es kam mir so vor, als hätte er mich auch gesehen.
    Ich wandte hastig den Blick ab und nahm einen kräftigen Schluck Wein, um den Rest des Lachsröllchens hinunterzuspülen. Jake war hier? Jake mit den blauen Augen? Was für ein Zufall! Was trieb der denn hier? Und war er allein?
    Ich holte tief Luft, setzte ein nervöses Lächeln auf und blickte wieder in seine Richtung.
    Doch er war verschwunden.
    »Hallo, mein Sonnenschein! Ich dachte mir doch, dass du das bist!«
    Ich fuhr herum und sah mich Scotty Ryan von der Today Show gegenüber.
    »Scotty!«
    Ich erhob mich und umarmte ihn. »Ich hatte keine Ahnung, dass du auch eingeladen bist. Was für eine schöne Überraschung!«
    »Finde ich auch«, sagte er. »Wie läuft’s denn so?«
    »Ganz gut, danke. Ich habe erst neulich an dich gedacht, und daran, wie du diesen arroganten Baseballspieler provoziert hast, als du behauptet hast, du hättest noch nie von ihm gehört.«
    Er grinste. »Das war eines meiner Lieblingsinterviews.«
    »Bist du mit Dale oder Cynthia befreundet?«, fragte ich.
    »Mit beiden, ich habe sie allerdings getrennt voneinander kennengelernt. Jedenfalls wollte ich mir diese Party unter keinen Umständen entgehen lassen.«
    »Setz dich doch.« Ich deutete auf den leeren Barhocker neben mir. »Toll, dass wir uns über den Weg gelaufen sind. Du bist meine Rettung. Ich kenne hier nämlich niemanden und hatte mich schon gefragt, wie ich den Abend allein durchstehen soll.«
    »Stets zu Diensten.« Er nahm Platz und bemerkte sogleich den Gips, der unter meinem Hosensaum hervorlugte. »Hey, was ist denn mit deinem Bein los?«
    »Ich habe mir den Knöchel gebrochen. Ich würde ja gern behaupten, dass es bei der Ausübung irgendeines aufregenden Hobbys passiert ist, aber ich bin bloß über einen dämlichen Ast gestolpert. Ein saudummer, peinlicher Joggingunfall, und schmerzhaft obendrein.«
    Er tätschelte meine Schulter. »Ich kann dir versichern, du siehst trotzdem hinreißend aus. Wie immer. Bist du wirklich ohne Begleitung gekommen? Das ist ja die reinste Verschwendung.«
    Ich trank einen Schluck Wein und lächelte. »Vielen Dank für das Kompliment, mein Herr. Sehr liebenswürdig. Ja, ich bin ganz allein hier. Und du?«
    Er nickte und sah sich um. »Ebenfalls solo.«
    »Ehrlich gesagt ist das für mich die erste Hochzeit seit einer ganzen Weile«, bemerkte ich in einem Anfall von Courage.
    »Ach, ja?«
    Ich nickte. »Ja, und um noch ehrlicher zu sein: Die letzte Hochzeit, auf die ich hätte gehen sollen, war meine eigene.«
    Er sah mir prüfend in die Augen. »Du warst verlobt? Wann? Und was ist passiert?«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. Atme tief durch .
    Sag es ihm. Du schaffst es.
    »Ähm …«
    Ich stellte mir vor, dass Kristina, McKenna und Andie mir jubelnd die Hände zum High Five entgegenstreckten.
    Los, raus damit.
    »Er … ähm … Wir …«
    Scotty musterte mich gespannt.
    »Ich … Ich war einfach noch nicht bereit für die Ehe, also habe ich die Hochzeit abgeblasen.«
    Mist. Die Taktik der kleinen Schritte war schwieriger, als ich angenommen hatte.
    »Wow. Tut mir leid, das zu hören«, sagte Scotty.
    Ich umklammerte mein Glas. »Mir tut es auch leid, aber was soll man machen? Wenn es nicht passt, dann passt es