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Alles auf eine Karte

Titel: Alles auf eine Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Murnane
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trainierst du? Ich gehe ins Gold’s.«
    »Wie oft trainierst du? Gehst du gern zum Spinning?«
    »Trainierst du nach einem bestimmten System? Ich wechsle gern ein bisschen ab, das macht die Sache interessanter.«
    »Hast du schon mal an einem Triathlon teilgenommen? Ich werde im Juni beim ›Flucht aus Alcatraz‹-Triathlon mitmachen.«
    Und so weiter …
    Und so weiter …
    Und so weiter.
    Der Kellner brachte uns einen Teller California Rolls, und dann rammten wir den Eisberg, als Eric wissen wollte, an welchen Geräten ich normalerweise trainiere.
    Geräte? Um die Geräte mache ich immer einen großen Bogen.
    Ich tauchte eines der Reisröllchen in die Sojasauce und fragte mich, ob Erics Hintern wohl kleiner war als meiner. »Äh, ich habe ein einziges Mal an einer Maschine meine Oberschenkelmuskeln trainiert, aber ich weiß nicht mehr, wie die hieß. Und da ich am nächsten Tag vor Schmerz kaum noch gehen konnte, habe ich es auch nie wieder versucht.«
    Das Schiff begann zu sinken, und zwar rapide.
    »Sport ist meine große Leidenschaft«, verkündete Eric. »Ich trainiere sechsmal die Woche.«
    »Sechsmal die Woche?«, staunte ich. »Wow, das ist aber ziemlich oft.«
    »Ja, sechsmal die Woche, selbst wenn es regnet oder stürmt.«
    »Cool«, sagte ich.
    Und dann schlugen wir krachend auf dem Meeresgrund auf.
    »Hier, fühl mal.« Er lehnte sich über den Tisch, deutete auf seinen nackten Oberarm und spannte die Muskeln an. Mitten im Restaurant.
    Ich zuckte zusammen und sah mich um. Ich bin eigentlich kein religiöser Mensch, aber in diesem Augenblick betete ich zum lieben Gott, dass uns niemand beobachten möge; vor allem nicht Mandy Edwards. Ich berührte seinen Bizeps flüchtig mit dem ausgestreckten Zeigefinger und zuckte dann zurück, als hätte ich eine Klapperschlange angefasst.
    »Puh, ich bin beeindruckt«, sagte ich.
    SOS ! … SOS !
    Später standen wir vor meiner Haustür, und Eric umarmte mich zum Abschied. Als er versuchte, mir einen Kuss auf den Mund zu geben, wich ich aus und hielt ihm eine Wange hin.
    »Darf ich dich wieder anrufen?«, fragte er.
    »Äh, klar.«
    Er meldete sich zwei Tage später und fragte, ob ich mit ihm joggen gehen wolle. Ich schwindelte, ich sei die nächsten drei Wochen aus beruflichen Gründen nicht in der Stadt.
    Betretenes Schweigen. Ich versprach, ihn anzurufen, sobald ich wieder zu Hause war, was natürlich erneut gelogen war. Damit hatte ich mir zwar schon wieder eine große Portion schlechtes Dating-Karma aufgeladen, aber lieber warf ich mein Karma zum Fenster raus als mich selbst, denn ich wusste, einen weiteren Abend mit Eric würde ich nicht überstehen.
    *
    Einige Wochen später lernte ich einen Mann kennen, den ich tatsächlich mochte . Und er mochte mich auch! Ich konnte mein Glück kaum fassen. Er hieß Reid, und er arbeitete in meiner Bank. Normalerweise gehe ich nur zur Bank, wenn ich eine Rolle Vierteldollarmünzen für den Waschsalon brauche, und in diesen Fällen steuere ich immer direkt auf den Wechselgeldschalter zu. Deshalb hatte ich die Angestellten, die auf der anderen Seite des Raumes hinter ihren wichtig aussehenden Schreibtischen sitzen, nie richtig bemerkt. Noch etwas, das ich zu meiner »Du weißt, du bist erwachsen, wenn …«-Liste hinzufügen könnte: Du weißt, du bist erwachsen, wenn du einen Termin bei einem Bankangestellten hast, der nicht hinter dem Wechselgeldschalter steht.
    Eines Tages ging ich also zur Bank, um meinen Vorrat an Fünfundzwanzig-Cent-Münzen aufzustocken, und auf dem Weg nach draußen bemerkte ich Reid, der an einem der Tische lehnte und sich mit einer älteren Dame – und damit meine ich eine ältere Dame um die neunzig – unterhielt. Er hatte so ein sympathisches Lächeln, dass ich einfach mitten in der Bank stehen blieb und beobachtete, wie er diese winzige alte Dame anlächelte.
    Nach etwa zehn Sekunden sah er zu mir herüber und ertappte mich dabei, wie ich ihn anstarrte.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er.
    Ich räusperte mich. »Ähm, nein, ich hab mir nur gerade eine Rolle Vierteldollars für den Waschsalon geholt.«
    »Okay. Brauchen Sie Hilfe beim Zusammenlegen?«, fragte er mit einem Lächeln.
    »Aah«, machte die winzige alte Dame.
    Etwa zwei Wochen lang sahen wir uns ziemlich häufig. Es war toll! Er war charmant, witzig, gut aussehend, groß und intelligent. Er roch sogar gut. Und er war fasziniert von meinem Job. »Du wirst wirklich dafür bezahlt, dass du mit Shane Kennedy rumhängst? «, sagteer

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