Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
eine Therapie! Ich treffe mich morgen Abend mit einer alten Freundin auf einen Drink! Ich bin völlig normal.
Und fünf Minuten später war ich unterwegs zum Haus der Hypnotiseurin.
Ich werde nur vorbeifahren, nahm ich mir vor. Ich werde nichtanhalten. Jack wird in der Schule sein, Patrick wird bei der Arbeit sein, und Ellen wird in ihrem behaglichen gläsernen Zufluchtsort in ihrem gestreiften Sessel sitzen, Konfekt anbieten und ihre sanfte Stimme heben und senken, während das Sonnenlicht über die Wände tanzt.
Auf der Fahrt dorthin wünschte ich, ich wäre immer noch Deborah, die zu einem weiteren Termin wegen der Schmerzen im Bein kam. Komisch, wie sehr ich diese Sitzungen genossen habe. Die Schmerzen sind neuerdings wieder schlimmer geworden. Ich habe keine von Ellens Methoden mehr angewendet. Jetzt, da ich nicht mehr Deborah bin, habe ich das Gefühl, ich habe kein Recht, darauf zurückzugreifen.
Patrick war aber doch da.
Als ich in ihre Straße einbog, kamen sie gerade aus dem Haus, im Laufschritt, als hätten sie einen Termin und wären zu spät dran. Patrick trug Jeans. Er hatte sich offenbar freigenommen. Warum? Er nahm sich unter der Woche nie einen Tag frei. Auch Ellen trug Jeans und dazu einen wunderschönen grauen, taillierten Mantel mit süßen Quasten, die an kleinen Schnüren baumelten. Es war ein Mantel, wie nur eine extravagante und entzückende Person ihn tragen konnte. Man sah ihr ihre Schwangerschaft noch nicht an.
Die beiden wirkten wie ein Paar. Niemand käme bei ihrem Anblick auf die Idee, dass sie nicht zusammengehörten. Und da war er wieder, dieser seltsame zarte Schmerz, Schmerz vom Allerfeinsten, sanft, aber brennend, als würde mir eine lange, dünne, funkelnde Nadel langsam in die Haut gestochen.
Wo mochten sie hingehen? Ich machte mir nicht die Mühe, dagegen anzukämpfen – ich musste es einfach wissen. Wenn ich es wüsste, dachte ich, wird es nicht so wehtun. Das rede ich mir jedes Mal ein, dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Es tut sehr viel mehr weh, wenn ich es weiß.
Also fuhr ich ihnen nach. Ich fuhr einen Firmenwagen, weil mein Auto wieder einmal streikte. Patrick konnte mich also nichtentdecken und eines seiner schlauen Manöver vollführen, um mich abzuhängen.
Sie fuhren zu Jacks Schule.
Ein Schulkonzert vielleicht? Oder ein Fußballspiel? Eines, das ich versäumt hatte? Ich überlegte, ob ich ihm eine Textnachricht schicken und ihn fragen sollte – nicht, dass er mir antworten würde – , aber dann stieg er aus und hetzte in das Schulgebäude. Ellen blieb im Auto. Jack war doch hoffentlich nicht krank?
Wenige Minuten später kam er wieder heraus. Jack war bei ihm, er musste rennen, um mit seinem Vater, der seine Schultasche trug, Schritt zu halten. Sie sprangen ins Auto, und weiter ging es.
Ich konnte mir nicht vorstellen, wo sie um diese Uhrzeit hinwollten. Der Wunsch, es wissen zu wollen, hatte sich in ein unstillbares Verlangen verwandelt. Ich saß vorgebeugt da, die Hände um das Lenkrad verkrampft, den Blick starr auf das Nummernschild von Patricks Auto geheftet.
Ich träume von diesem Nummernschild.
Toby aus dem Büro rief auf meinem Handy an; ich nahm nicht ab, der Anruf wurde auf die Mailbox umgeleitet. Alles war unwichtig geworden. Ich musste Patricks Auto folgen, das war das Einzige, was zählte. An einer Ampel auf der Military Road verlor ich sie, weil so eine dämliche Kuh bei Gelb voll auf die Bremse trat, als ob sie mich absichtlich damit ärgern wollte. Ich brüllte meinen Frust laut hinaus und schlug mit den Händen so fest aufs Lenkrad, dass ich wahrscheinlich blaue Flecken bekommen werde. Es war reines Glück, dass ich sie wiederfand. Am Ende der Military Road bog ich nach links auf den Pacific Highway ab, weil ich zufällig auf der linken Spur fuhr, und da sah ich die drei auf dem Gehweg. Ellen zeigte auf ein Gebäude, und sie gingen hinein.
Ich fand ganz in der Nähe einen Parkplatz, stieg eilig aus und ging, ohne eine Münze in die Parkuhr zu werfen, so schnell ich konnte zu dem Gebäude zurück. Mein Bein tat höllisch weh, die Schmerzen verbissen sich regelrecht darin.
Als ich das Gebäude betrat, war die Eingangshalle leer. Aufeinem Wegweiser war aufgelistet, wer in dem Haus Räumlichkeiten angemietet hatte: Ein Zahnarzt, ein konzessionierter Steuerberater, eine Einwanderungsberatungsstelle. Unschlüssig ließ ich meinen Blick weiterschweifen.
Und dann sah ich es: Ultraschalldiagnostik Sydney.
Dorthin gingen sie. Um ihr
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