Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

den Flitterwochen«, antwortete Patrick nuschelnd und benommen, wie unter dem Einfluss von Medikamenten.
    Ellen erstarrte.
    Hör sofort auf , sagte Flynns Stimme in ihrem Kopf. Ellen überlegte. Unschlüssig lauschte sie auf Patricks tiefe, regelmäßige Atemzüge. Frag ihn , sagte Danny. Frag ihn, was du wissen möchtest .
    »Was machst du?«, fragte sie Patrick. Eine harmlose Frage.
    Im weichen Lampenlicht sah er zehn Jahre jünger aus. Die senkrechten Falten zwischen seinen Augen hatten sich geglättet, seine Wangen wirkten voller.
    »Wir schnorcheln«, antwortete er.
    »Du und Colleen«, sagte Ellen, um ganz sicherzugehen.
    Wer denn sonst? , schnaubte Julia in ihrem Kopf. Was für ein Blödsinn , bemerkte ihre Mutter. Das ist keine Zeitreise. Er schildert dir lediglich eine Erinnerung.
    »Ja. Es ist fantastisch.« Patrick lächelte. »Col hat einen blauen Bikini an.«
    »Tatsächlich?«, murmelte Ellen.
    »Sie sieht einfach hinreißend aus.«
    »Das ist schön«, sagte Ellen matt, und in ihrem Kopf wollte sich Julia schier ausschütten vor Lachen. Das hast du jetzt davon, du blöde Gans!
    Das ist höchst unprofessionell , sagte Flynn.
    »Beschreibe mir deine Gefühle«, bat Ellen, in der Hoffnung, Patrick werde sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren.
    »Ich habe noch nie geschnorchelt. Alles fühlt sich wie in Zeitlupe an, und es ist ganz still hier unten, ich kann mich atmen hören, sonst nichts. Die Korallen sind – oh, ich muss es ihr unbedingt sagen!«
    Sein Gesicht veränderte sich. Die Falten traten wieder hervor, zogen seine Wangen nach unten.
    »Was? Was musst du ihr sagen?«, fragte Ellen.
    Es kam vor, dass eine schlichte Entspannungsübung unterdrückte negative Gefühle heraufbeschwor. Bei Patrick war das noch nie passiert; es hätte nicht bei ihm passieren dürfen. Das war keine richtige Hypnosesitzung, die Übung hätte ihm nur helfen sollen, seine Sorgen zu vergessen, damit er einschlafen konnte.
    Und genau das ist der Grund, warum wir dringend davon abraten, den eigenen Partner zu hypnotisieren , sagte Flynn.
    »Dass sie zum Arzt gehen soll! Jetzt. Jetzt sofort! Wir müssenzum Arzt und ihn aufhalten, den Krebs, bevor es zu spät ist.« Patricks Hand krallte sich ins Bettlaken, lockerte sich wieder, verkrampfte sich von Neuem. »Sie ist ja so dumm , so dickköpfig . Sie hat den Knoten gefühlt und nichts gesagt, kein Wort, monatelang, sie hat gehofft, da sei nichts, er werde von allein wieder weggehen. So wie sie immer hofft, die Ölkontrollleuchte im Auto würde von allein wieder aufhören zu blinken. Himmel Herrgott! Du dumme Kuh, habe ich zu ihr gesagt. Du selten dumme Kuh! Da hat sie geweint. Das wollte ich nicht. Aber sie hat doch eine Verantwortung. Jack gegenüber. Mir gegenüber.«
    Sein Gesicht war verzerrt vor Kummer und Schmerz.
    »Es ist Zeit, diese Erinnerung loszulassen«, sagte Ellen. Ihrer Stimme fehlte die nötige Autorität. Sie hörte sich wie eine Anfängerin an, zitternd und gezwungen.
    »Ich werde nie eine andere Frau so sehr lieben wie sie.«
    »Ich zähle jetzt bis fünf«, sagte Ellen.
    »Ich sehe Ellen an«, fuhr Patrick fort.
    Ihr stockte der Atem.
    »Und ich denke: Es ist nicht das Gleiche. Es ist einfach nicht das Gleiche.«
    Die drei gingen in den Raum zur Ultraschallaufnahme, und ich saß da und konnte nicht aufhören zu weinen. Ich musste gehen. Ich machte mich lächerlich. Eine Frau trat hinter dem Aufnahmeschalter hervor und kam mit freundlicher, aber resoluter Miene auf mich zu, mit einem Ausdruck, der besagen wollte: Ich fühle ja mit Ihnen, aber hören Sie verdammt noch mal endlich auf zu weinen!
    Die Leute, die hierherkommen, vergießen wahrscheinlich nicht immer nur Freudentränen. Eine Ultraschalluntersuchung bedeutet nicht unweigerlich gute Nachrichten. Die Frau nahm wohl an, ich hätte mein Baby verloren.
    Was hätte ich ihr sagen können? Nein, ich war noch nie schwanger, aber ich habe meinen Stiefsohn verloren. Zählt das auch?Es ist der bildhübsche Junge dort, der seiner neuen Stiefmutter gerade mit ihrer Handtasche hilft. Er sieht müde aus. Ich glaube, sie ernährt ihn nicht richtig. Zu viel Tofu und Linsen, zu wenig Proteine. Ich habe zwar kein richtiges Baby verloren, aber mein Traumbaby, weil dieser Mann dort drüben aufgehört hat, mich zu lieben, und jetzt bin ich zu alt, und er hat eine andere gefunden, eine Jüngere, Nettere.
    Nein, das zählt definitiv nicht, würde die Antwort lauten. Hören Sie auf, sich zum Narren zu machen. Etwas