Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
fallen lassen!«, fauchte jemand. Ellen drehte den Kopf und sah, dass es Luisa, ihre P atientin, war. Sie hatte einen großen Hut auf. »Sie haben ja keine Ahnung von Babys! Ich sollte diejenige sein, die ein Kind erwartet! Geben Sie es sofort her!«
»Ich habe Ihnen Ihr Geld zurückgegeben«, erwiderte Ellen schroff. »Mehr kann ich nicht tun. Ich bin ein guter Mensch.«
Sie ging weiter. Patrick stand ganz vorne, das Gesicht von ihr abgewandt. Dann drehte er sich zu ihr um, und sie lächelte ihm zu. Doch seine Miene verzerrte sich vor Wut.
»Lass mich endlich in Ruhe!«, schrie er. Seine Stimme hallte in der Kirche wider. »Es ist aus! Kapierst du das nicht? Ich habe dich nie geliebt!«
Ellen war im Innersten getroffen. »Patrick, ich bin’s doch! Ich bin nicht Saskia!« Sie bemühte sich um einen heiteren, fröhlichen Tonfall, schließlich war es ihre Hochzeit, aber sie musste schreien, damit Patrick da vorne sie hören konnte, denn der Mittelgang war auf einmal so lang wie die Start- und Landebahn eines Flughafens.
»Lass mich in Ruhe!«, brüllte Patrick noch einmal.
»Ich glaube, er liebt dich nicht mehr, mein Schatz«, sagte ihre Mutter.
Sie und Ellens Patentanten sahen in ihren rosaroten Taftkleidern mit den üppigen Schultern und den Schleifen aus wie Brautjungfern aus den Achtzigerjahren.
»Männer!«, meinte Pip. »Wer braucht sie schon? Kommt, besaufen wir uns.«
»Du wirst jemand anders kennenlernen«, tröstete Mel.
»Ich habe ihn sowieso nicht so besonders gemocht«, schniefte Ellens Mutter.
»Er denkt, ich wäre Saskia«, sagte Ellen verwundert. »Das ist sicher bloß eine Verwechslung.«
Aber so ganz sicher war sie sich nicht. War wirklich sie diejenige gewesen, die Patrick die ganze Zeit über verfolgt und terrorisiert hatte?
»Du hast mich hypnotisiert, damit ich diese Kartons wegräume!«, schrie Patrick. »Du hast mich manipuliert!«
»Es tut mir leid!«, jammerte Ellen.
E r gab ihr den Laufpass. Diese Beziehung würde in die Brüche gehen, genau wie alle anderen Beziehungen davor. Sie würde dieses Baby allein großziehen müssen, und es war doch so winzig klein! Sie schloss ihre Hand vorsichtig um die Baby-Perle und lief los, aber sie hatte plötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen, ihre Beine sackten unter ihr weg, so als wäre sie über den Rand einer Klippe gerannt.
Ellen schlug die Augen auf.
Sie wusste nicht, ob es noch Nacht oder schon Morgen war; ein seltsames, unheimliches orangegelbes Licht erfüllte das Schlafzimmer.
Es war wie ein Feuerschein, aber es roch nicht nach Rauch. Sie konnte Patricks rasselnden Atem hören – nicht ganz ein Schnarchen – und den hohlen, rhythmischen Schlag der Wellen.
Und sie hörte oder spürte noch etwas anderes. Etwas, das nicht stimmte.
Eine längliche, dunkle Gestalt zeichnete sich am Fußende des Bettes ab. Ellen starrte mit wild klopfendem Herzen darauf. Sie wartete, bis sich ihre Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten und aus den Umrissen etwas Vertrautes geworden war, ein Stuhl vielleicht oder ein Morgenmantel, der an der Tür hing.
Es bewegte sich.
Ellens Lungen füllten sich mit Luft, bis sie fast zerbarsten.
Da stand eine Frau am Fußende des Bettes und beobachtete sie beim Schlafen. Ellen stieß sich mit den Ellenbogen ab und prallte mit dem Kopf gegen das Kopfende.
Colleen. Colleen ist von den Toten zurückgekehrt, weil sie ihren Mann zurückwill!
»Was ist?«, nuschelte Patrick schlaftrunken.
Er setzte sich auf und rieb sich mit den Handballen die Augen. Als er die Hände wieder heruntergenommen hatte, erstarrte er eine Sekunde lang, schleuderte dann die Bettdecke zurück und bewegte sich auf Händen und Knien, so schnell er konnte, quer durch das Bett.
»Raus hier!«, brüllte er. »Mach, dass du rauskommst !«
Das war nicht Colleen. Es war Saskia. Sie hatte eine Schlafanzughose an und ein Fußballtrikot. Sie war barfuß, und ihre nassen Haare klebten ihr am Kopf.
»Patrick«, sagte sie und wich zurück, als er nach ihr greifen wollte. »Ich wollte doch nur …«
Patrick fiel aus dem Bett und landete unsanft, Arme und Beine gespreizt, auf dem Fußboden.
Ellens Blick fiel auf etwas, das Saskia in der Hand hielt. Die Ultraschallaufnahmen, die sie auf dem Küchentisch hatten liegen lassen.
»Hey!«, brüllte Ellen. Sie erkannte ihre eigene Stimme nicht wieder. Sie klang wie die eines Fuhrunternehmers. »Gib sie sofort zurück!«
Sie kletterte aus dem Bett und ging auf Saskia zu. »Sie gehören mir
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