Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
sie zeigt, dass sich auch Frauen auf Stalking verstehen.«
»Pfff«, machte Julia.
Sie setzte sich auf, beugte sich hinunter, griff nach der Schöpfkelle und tauchte sie in den Eimer Wasser. Das Wasser verdampfte mit lautem Zischen, als sie es über die heißen Steine goss, und die Sauna füllte sich mit Dampfwolken.
»Julia!«, keuchte Ellen. »Ich kriege keine Luft mehr!«
»Stell dich nicht so an.« Julia legte sich wieder hin und fragte: »Wie heißt die Frau eigentlich?«
»Saskia«, antwortete Ellen.
Eine ehrfürchtige Scheu überkam sie, als sie den Namen laut aussprach, so als ob es der Name einer prominenten Person wäre. Sie versuchte, nur oberflächlich zu atmen, die Luft war so heiß und schwer.
»Hast du sie schon mal gesehen? Oder ein Foto von ihr?«
»Nein. Er sagt mir immer erst, dass er sie gesehen hat, wenn sie schon wieder weg ist. Ich würde so gern wissen, wie sie aussieht.«
»Vielleicht hat er sie nur erfunden. Vielleicht ist er der Verrückte.«
»Glaube ich nicht.«
Patrick war nicht verrückt. Er war reizend.
»Ich nehme an, er war derjenige, der die Beziehung beendet hat?«
»Er hat nur gesagt, es habe sich so ergeben.«
»Er hat ihr also das Herz gebrochen«, sagte Julia streng.
»Na ja, ich …«
»Trotzdem, das ist keine Entschuldigung. Ich meine, das passiert jedem von uns. Patrick sollte eine einstweilige Verfügung gegen sie erwirken. Hat er das gemacht?«
Julia war der Meinung, dass es für alles eine Lösung gab.
»Er hat gesagt, er sei bei der Polizei gewesen«, begann Ellen, verstummte dann aber. Sie war sich nicht sicher, ob Patrick ihr wirklich die ganze Wahrheit über die Gründe für seine Zurückhaltung erzählt hatte.
»Wie auch immer, diese blöde Tussi soll sich gefälligst zusammenreißen«, sagte Julia, als wäre es Ellens Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Saskia diese Anordnung befolgte.
»Stimmt.«
Eine Zeit lang schwiegen sie beide. Ellen überlegte, was sie Patrick am Abend kochen sollte. Er hatte schon einmal für sie gekocht; Jack war an jenem Abend bei einem Freund gewesen. Es war ein einfaches, aber wohlschmeckendes Pfannengericht gewesen, nichts Ausgefallenes, wie sie erleichtert festgestellt hatte. Sie war nämlich schon mit Männern zusammen gewesen, die sich für Gourmetköche hielten, was am Anfang ja ganz nett war, aber sie bildeten sich immer so schrecklich viel auf ihre Kochkünste ein, ließen sie in der Küche keine Sekunde aus den Augen und nörgelten sogar an der Art, wie sie eine Knoblauchzehe hackte, herum.
Irgendetwas mit Schweinefleisch vielleicht? Er hatte im Restaurant doch diesen Schweinebauch bestellt. Ein paar hübsche zarte Schweinemedaillons.
»Kannst du dich noch an Eddie Masters erinnern?«, fragte Julia unvermittelt.
»Der Metzgerlehrling.« Ellen sah einen dünnen, langhaarigen Jungen mit einer blau-weiß gestreiften Metzgerschürze vor sich. Er war Julias fester Freund gewesen, als sie Teenager waren. Ja, genau, Schweinemedaillons. Ellen nahm sich vor, auf dem Heimweg vom Schwimmbad bei dem teuren Metzger in der Arkade vorbeizuschauen.
»Nachdem wir Schluss gemacht hatten, ging er mit Cheryl aus der Apotheke«, sagte Julia.
»Dieses grausige Mädchen. Na ja, ich glaube, ich habe sie nur deswegen für so grausig gehalten, weil sie ihre Ohrläppchen zweimal durchstochen hatte.«
»Genau die. Tja, und nachdem Eddie mich abserviert hatte, habe ich ständig bei ihr zu Hause angerufen. Wenn sie abgenommen hat, habe ich kein Wort gesagt, überhaupt nichts, bis sie wieder aufgelegt hat. Sie hat mich angebrüllt, mich beschimpft, aber ich habe nur dagesessen und geschwiegen und geatmet. Kein schweres Atmen. Einfach nur geatmet, damit sie wusste, ich bin da.«
»Julia Margaret Robertson!«
Ellen fuhr hoch und sah ihre Freundin teils in aufrichtiger, teils in gespielter Entrüstung an. Julia lag da, die Hände auf der Stirn verschränkt. Sie war Schulsprecherin der versnobten privaten Mädchenschule gewesen, die sie beide besucht hatten. Und hatte sich mit dem Metzgerlehrling weit unter ihr Niveau begeben.
Julia ließ die Augen zu. Ein teuflisches Grinsen spielte um ihre Lippen.
»Ich hatte jahrelang nicht mehr daran gedacht. Erst jetzt, da wir von deiner Stalkerin sprechen, ist es mir wieder eingefallen.«
»Aber das sieht dir überhaupt nicht ähnlich!«
»Ich weiß, aber ich war am Boden zerstört, als Eddie mich abservierte. Ich musste immerzu an Cheryl denken, ich fragte mich die ganze Zeit, warum er sie mir
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