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Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Alles aus Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Alles aus Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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vorgezogen hatte. Es kam mir so vor, als würde ich nicht mehr existieren. Dadurch, dass ich sie anrief, änderte sich das irgendwie. Ich existierte wieder. Das war wie eine Sucht. Ich hasste mich nach jedem dieser Anrufe und nahm mir vor, das nie wieder zu tun, doch im nächsten Augenblick ertappte ich mich dabei, wie ich von Neuem ihre Nummer wählte.«
    »Wie hast du damit aufgehört?«
    »Keine Ahnung. Ich bin wahrscheinlich irgendwie über ihn hinweggekommen.« Julia schwieg eine Sekunde. »Weißt du was? Eddie, der Metzger, küsste ganz fantastisch.«
    »Hatte er nicht ein Ziegenbärtchen?«, fragte Ellen. »So ein flaumiges? Als ob ihm ein bisschen Zuckerwatte am Kinn kleben würde?«
    »Stimmt. Weißt du noch, wie er sich sein Päckchen Zigaretten immer in den Ärmel seines T-Shirts schob?«
    »Ja, das hat wie eine Wucherung an seinem Oberarm ausgesehen.«
    »Ich fand das unglaublich sexy.«
    Einige Sekunden lang herrschte Schweigen, und dann brachen beide in hilfloses Gelächter aus. Sie lachten, wie das nur Frauen können, die miteinander zur Schule gegangen sind.
    »Du solltest Eddie über Facebook suchen«, sagte Ellen, als sie sich beruhigt hatten. »Wahrscheinlich hat er inzwischen seine eigene Metzgerei.«
    »O Gott, so nötig habe ich es nun auch wieder nicht«, erwiderte Julia. »Außerdem bin ich wunschlos glücklich als Single.«
    Das ist eine Lüge, liebste Freundin, dachte Ellen, die verstohlen Julias Körpersprache beobachtete: zu Fäusten geballte Hände, zusammengepresste Lippen. Und seit ihr Exmann sie gegen die Brünette ausgetauscht hatte, waren zwei Jahre vergangen.
    Julias Kopf ruckte plötzlich hoch. »Sag mal, du hast dir diese Geschichte mit der Stalkerin doch nicht ausgedacht, oder? Unddie versteckte Botschaft lautet, dass ich im Grunde wie diese Verrückte bin, dass ich mit der Vergangenheit abschließen und mich wieder mit Männern treffen sollte?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du redest«, sagte Ellen, die ganz genau wusste, wovon Julia redete.
    »Du hast mir einmal von diesem berühmten Hypnotiseur erzählt, deinem Idol oder was auch immer, diesem Knaben mit dem lila Umhang.«
    »Milton Erickson«, seufzte Ellen. »Du meine Güte, du hast wirklich ein fantastisches Gedächtnis.«
    Julia wurde immer unterschätzt. Das lag zum einen daran, dass sie so wunderschön war, und zum anderen, dass sie den Humor eines vierzehnjährigen Jungen hatte.
    »Du hast gesagt, er habe seine Patienten behandelt, indem er ihnen Geschichten erzählte«, fuhr Julia fort.
    »Er benutzte therapeutische Metaphern«, murmelte Ellen.
    »Egal. Mir ist jedenfalls aufgefallen, dass du mir seit der Trennung von William ganz beiläufig diese kleinen motivierenden Geschichten von Leuten erzählst, die Hindernisse überwunden und nach einer gescheiterten Beziehung wieder das große Glück gefunden haben.«
    »Ist gar nicht wahr«, protestierte Ellen.
    Aber es war so.
    »Mmmm«, machte Julia. Sie hob ihr Kinn und lächelte Ellen zu, die verlegen zurückgrinste.
    »Patricks Stalkerin ist also keine therapeutische Metapher?«
    »Nein«, erwiderte Ellen.
    Ein kurzes Schweigen trat ein.
    »Dieser Patrick hat also eine verrückte Exfreundin und eine tote Exfrau«, sagte Julia. »Klingt nach einem richtig guten Fang. Keinerlei Komplikationen«, fügte sie ironisch hinzu.
    »Es fühlt sich überhaupt nicht kompliziert an«, entgegnete Ellen.
    »Trotzdem.«
    »Vielen Dank für deine uneingeschränkte Unterstützung«, bemerkte Ellen trocken.
    »Ich mein ja nur.«
    Julia setzte sich auf, löste das um ihre Haare geschlungene Handtuch und tupfte sich ihre rosigen, schweißglänzenden Wangen damit ab.
    »Jede Wette, dass du es toll findest, dass er Witwer ist, hab ich recht?«, sagte sie. »Das macht ihn zu einer romantischen, tragischen Figur. Wie diesen Miles.«
    »Miles?«
    »Ja, Miles. Dieser Einbeinige, in den du dich in der Highschool verliebt hast.«
    » Giles «, verbesserte Ellen. »Jedes Mädchen war in ihn verknallt. Er war einfach umwerfend.«
    Das war das Problem, wenn man seit seiner Jugendzeit mit jemandem befreundet war: Man wurde nicht ernst genommen, weil der andere immer noch den unreifen Teenager in einem sah.
    Aber es war schon richtig, sie war nicht unglücklich darüber, dass Patrick verwitwet war. Das machte die Sache in der Tat komplizierter, und das gefiel ihr. Es gab ihr das Gefühl, Teil des opulenten Gemäldes vom Leben (und vom Tod) zu sein. Darüber hinaus erhielt sie die

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