Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
wär prima«, antwortete Jack gnädig. »Ich kann mit einem Laptop umgehen.« Zum ersten Mal hob er den Kopf und sah Ellen ins Gesicht.
»Schade, dass dein Freund krank geworden ist«, sagte sie. »Du bist bestimmt enttäuscht, dass du nicht zu ihm kannst.«
»Ja, ja«, erwiderte er ungeduldig. »Hey, können Sie mich hypnotisieren? Und können Sie mir zeigen, wie ich meine Freunde hypnotisieren kann? Damit sie alles machen, was ich ihnen sage? Das wäre unheimlich cool! Ich könnte sie zu meinen Sklaven machen.«
»Das wäre unethisch, weißt du«, sagte Ellen.
»Was?«
Patrick klatschte in die Hände. »Okay, das reicht, wir legen die DVD ein, dann kannst du sie dir ansehen.«
»Du benimmst dich wirklich komisch, Dad.« Jack legte die Stirn in Falten.
Patrick grinste Ellen verlegen an. »Komischer als sonst, Jack?«
Der Junge schüttelte den Kopf. »Nein, im Ernst, Dad.«
Als sie durch den Flur gingen, blieb Jack stehen und legte seine Fingerspitze auf einen der silbern glänzenden Punkte auf der orangeroten Tapete. Er schaute zu Ellen auf.
»Das Haus ist cool.«
»Danke.« Sie war so glücklich über seine Bemerkung, dass sie beinah ein »mein Schatz« hinzugefügt hätte.
Eine halbe Stunde später saß Jack im Wohnzimmer, neben sich die Pizza, Ellens Laptop auf den Knien, den Kopfhörer auf dem Kopf, den Blick unverwandt auf die flimmernden Bilder auf dem Monitor gerichtet und die Füße in den klobigen Turnschuhen auf Ellens wunderschön restauriertem alten Couchtisch.
Patrick ermahnte ihn nicht, seine Füße vom Tisch zu nehmen, und Ellen wusste nicht, wie sie den Jungen darum bitten sollte,ohne wie eine böse Stiefmutter zu klingen. Was machten schon ein paar Schrammen im Holz?
»Er ist ein toller Bursche«, sagte sie zu Patrick, als sie am Esstisch Platz genommen hatten. Sie hatte Sauerteigbrot aufgeschnitten und Schälchen mit Dips und großen grünen Oliven aufgetischt. Durch die offene Tür konnten sie die obere Hälfte von Jacks Kopf im Wohnzimmer sehen. Ellen senkte die Stimme, obwohl der Junge sie nicht hören konnte.
»Er hat seine Momente«, sagte Patrick. Er räusperte sich und lächelte sie an. »Du bist die erste Frau, die ich ihm seit dem Tod seiner Mutter vorgestellt habe.«
»Oh, welche Ehre! Aber halt, warte mal, du hast doch gesagt, du seist ein paar Jahre mit Saskia zusammen gewesen? Dann muss sie ihn doch auch gekannt haben.«
Natürlich musste Saskia Patricks kleinen Sohn gekannt haben.
Patricks Nasenflügel zuckten, als sei ihm ein widerlicher Geruch in die Nase gestiegen. Er spie einen Olivenstein in seine hohle Hand. »Sie zählt nicht.«
Seine Antwort brachte Ellen aus der Fassung. Er konnte doch nicht so tun, als hätte Saskia nie existiert. Er musste sie doch einmal geliebt haben. Und Ellen war nicht die erste Frau, die er seinem Sohn vorgestellt hatte. Das war de facto falsch. Das gefiel ihr nicht.
»Wie alt war Jack, als Saskia bei dir einzog?«
»Weiß nicht. Ein Kleinkind?«
»Und, haben sie sich gut verstanden? War er traurig, als sie auszog?«
»Er kann sich nicht einmal mehr an sie erinnern«, sagte Patrick gleichgültig, was keine Antwort auf ihre Frage war. Sein Blick schweifte von ihr ab, und plötzlich rief er: »Jack! Nimm sofort die Füße vom Tisch!«
Wie konnte er von hier aus sehen, dass der Junge seine Füße auf dem Tisch hatte? Oder hatte er es vorher schon bemerkt, aber nichts gesagt?
»Entschuldige mich einen Moment.« Patrick stand auf und ging ins Wohnzimmer hinüber.
Als er zurückkam, schnitt er ein anderes Thema an. »Wie war dein Tag? Du hast gesagt, du hast ein paar Patienten gehabt. Sind die … äh … Sitzungen gut gelaufen?«
Hätte sie ihn besser gekannt, hätte sie gesagt: Ich wollte eigentlich noch über Saskia und Jack reden, ich war noch nicht fertig. Aber sie kämpfte ständig gegen ihre Neugier an. Möglicherweise war ihr Interesse an seiner Exfreundin voyeuristischer Natur. Patrick hatte sie ja auch noch nie nach ihren früheren Beziehungen gefragt.
So erzählte sie ihm also von Rosie und wie sie herausgefunden hatte, was sich hinter ihrer Weigerung, das Rauchen aufzugeben, verbarg: Sie wollte im Grunde gar nicht heiraten. Natürlich nannte Ellen keine Namen, sie erwähnte auch nicht, dass, sollte die Hochzeit abgesagt werden, die Nachricht Thema in den Klatschspalten sein würde. Ellen dachte einfach, Rosies Geschichte biete interessanten Gesprächsstoff und lasse sie selbst außerdem in einem günstigen Licht
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