Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
wieder, so wie jetzt, fühlte sich alles ganz natürlich und selbstverständlich an. Sie befand sich selbst in einer leichten Trance. Sie war in der »Zone«.
»Rosie, Sie haben die Macht, diese Wand in einen tiefblauen Vorhang zu verwandeln, einen Vorhang ähnlich dem auf einer Bühne. Und hinter diesem Vorhang wartet jemand auf Sie, eine wichtige Person. Ich weiß nicht, wer es ist, aber diese Person ist sehr klug, und Sie haben instinktiv Vertrauen zu ihr. Sie ziehen den Vorhang zurück, und da steht diese Person und wartet auf Sie. Vielleicht geht sie auf Sie zu und umarmt Sie.«
Ellen wartete und beobachtete Rosie.
»Sind Sie jetzt bei dieser Person?«
Rosie hob ihren rechten Zeigefinger – das Zeichen für Ja, das sie vorher vereinbart hatten.
»Nun, ich bin mir sicher, dass diese Person Ihnen etwas mitzuteilen hat. Vielleicht kann sie Ihnen sagen, warum es Ihnen so schwerfällt, das Rauchen aufzugeben, oder sie kann Ihnen eine Möglichkeit aufzeigen, wie Sie es schaffen. Ich werde jetzt still sein, damit Sie dieser Person in Ruhe zuhören können.«
Die Wolke gab die Sonne wieder frei, und der Raum füllte sich mit Wärme. Ellen spürte, wie ihre Brust sich hob und senkte, wie sie in völligem Einklang mit Rosie atmete. Rosies Gesicht blieb ausdruckslos, aber sie nagte jetzt an ihrer Unterlippe.
Ellen wartete noch ein paar Sekunden, dann sagte sie: »Rosie, möchten Sie mir sagen, was Sie erfahren haben? Ich überlasse es Ihnen, ob Sie es mir sagen wollen oder nicht.«
Ein kurzes Schweigen, dann antwortete Rosie mit heiserer, monotoner Stimme: »Ich will ihn nicht heiraten. Deshalb will ich mir das Rauchen nicht abgewöhnen. Ich will nicht heiraten.«
Ellens Brauen schossen in die Höhe, als ein einzelner Lichtstrahl auf die funkelnden Diamanten von Rosies klotzigem Verlobungsring fiel, und ihr Blick heftete sich darauf.
»Eigentlich mag ich ihn gar nicht so sehr«, sagte Rosie.
»Das also ist mein Sohn Jack!«
Patrick stand in Ellens Flur, die Hände auf den knochigen Schultern seines Sohnes.
»Hi, Jack, freut mich sehr, dich kennenzulernen!« Ellen hörte sich genauso an, wie sie befürchtet hatte: wie eine Vorleserin bei der Märchenstunde.
»Guten Tag.«
Der Junge warf Ellen einen flüchtigen Blick zu. Er hatte die leicht mandelförmigen grünen Augen seines Vaters. Sein dichtes blondes Haar war lang und unordentlich.
»Tja, dann … Schön, dass du mitgekommen bist! Ich hoffe, du magst Würstchen.« Zu ihrer grenzenlosen Erleichterung hatte Ellen in der Tiefkühltruhe noch ein paar Würstchen gefunden.
Jack schien gar nicht zuzuhören. Er hatte den Kopf gesenkt und zupfte an seinem T-Shirt herum, als wolle er das Material auf seine Reißfestigkeit testen.
Patrick räusperte sich. »Ellen hat dich was gefragt.«
»Nein, hat sie nicht.«
»Doch, das hat sie. Sie hat gefragt, ob du Würstchen magst. Die isst du doch schrecklich gern, nicht wahr?«
Jack schüttelte die Hände seines Vaters mit einem Achselzucken ab. »So schrecklich gern nun auch wieder nicht, Dad. Außerdem hat sie mich nicht gefragt, ob ich Würstchen mag. Sie hat gesagt: Ich hoffe, du magst Würstchen. Das ist keine Frage. Das ist eher so was wie ein Satz. Sie hat gesagt: Ich hoffe, du magst Würstchen.«
»Schön, vielleicht …«, begann Ellen.
»Ich esse schrecklich gern Pizza. Du hast gesagt, ich darf mir eine Pizza bestellen.«
»Ich habe gesagt, vielleicht bestellen wir heute Abend Pizza, aber wenn Ellen schon Würstchen für dich vorbereitet hat, dann wirst du eben die essen.« Patrick bedachte seinen Sohn mit einem strengen, väterlichen und leicht panischen Blick.
»Ehrlich gesagt habe ich noch gar nichts vorbereitet«, sagte Ellen hastig. »Du kannst dir gern eine Pizza bestellen, Jack, wenn dir das lieber ist. Gar kein Problem.«
»Danke. Ja, das wär mir wirklich lieber.« Jack seufzte geräuschvoll, so als hätte wenigstens einer endlich Vernunft angenommen. »Kann ich mir jetzt meine DVD ansehen?«
»Jack, bitte. Das ist unhöflich. Deine DVD kann ja wohl noch eine Weile warten.«
Ellen bemerkte Patricks eingefallene Wangen. Er sah aus, als würde er krampfhaft die Kiefer aufeinanderpressen. Anscheinend lag ihm viel daran, dass Jack einen guten Eindruck auf Ellen machte. Seine Anspannung nahm ihr ihre eigene Nervosität.
»Das ist schon in Ordnung«, sagte sie zu Jack. »Mein DVD-Player ist zwar kaputt, aber du kannst dir die DVD gern auf meinem Laptop ansehen, wenn du möchtest.«
»Ja, das
Weitere Kostenlose Bücher