Alles aus Liebe: Roman (German Edition)
gefahren. Jetzt lagen sie im Bett, zu aufgewühlt, um schlafen zu können.
»Tut mir leid wegen heute Abend«, sagte Patrick.
»Wieso? Es war schön«, erwiderte Ellen. »Ich finde deine Familie ganz reizend.«
Das war die Wahrheit. Sie hatte sich bei den Scotts so wohl gefühlt, als ob sie schon viele Male bei ihnen am Tisch gesessen und mit ihnen gegessen hätte.
»Ich hätte nicht zulassen sollen, dass diese Unterhaltung über Saskia so ausufert«, sagte Patrick. »Aber es macht mich so wütend, wenn meine Mutter Partei für sie ergreift.«
»Ich weiß.« Ellen berührte ihn an der Schulter. Sie fühlte sich steinhart unter ihren Fingern an. Ellen massierte seine verspannten Muskeln. »Ich versteh schon.«
»Ich hätte Saskia in Jacks Gegenwart nicht anbrüllen dürfen«, fuhr Patrick fort. »Aber ich hätte platzen können vor Wut, als ich ihre Stimme hörte. Eine Zeit lang dachte ich, ich könne sie in meinem Leben akzeptieren wie eine Behinderung. Aber jetzt steuere ich anscheinend in die andere Richtung. Das Maß ist allmählich voll. Manchmal denke ich, ich könnte sie umbringen. Ich verstehejetzt, wie es so weit kommen kann. Dass man zum Mörder wird. Ich könnte sie umbringen.«
»Bitte nicht«, sagte Ellen und hörte auf, seine Schulter zu massieren. Es schien nicht zu helfen. »Ich will keinen Antrag auf Besuch für das Erfüllen ehelicher Pflichten im Gefängnis stellen müssen.«
»Keine Sorge, ich würde mich nicht erwischen lassen.«
Ellen drehte den Kopf zu Patrick und musterte ihn sorgenvoll. Er bemerkte es und lächelte.
»Schon gut, war nur ein Witz. Ich würde sowieso erwischt werden. Ich gehöre zu denen, die immer erwischt werden. Ich biege ein Mal verbotenerweise rechts ab, und schon steht dort die Polizei, um mich in Empfang zu nehmen.«
»Wo wir gerade von Polizei sprechen …«
»Ja, ich weiß.« Patricks Kiefer mahlten. »Es ist nur … Ich weiß auch nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob das der richtige Weg ist.«
Ellen konnte nicht ganz nachvollziehen, warum er sich weigerte, noch einmal zur Polizei zu gehen. Wirklich nur aus Angst, Saskia würde ihre Drohungen wahr machen und ihn beschuldigen, sie belästigt zu haben? Oder steckte mehr dahinter?
»Denk noch mal darüber nach«, bat sie.
»Mach ich«, erwiderte er, aber sie wusste instinktiv, dass er das nicht tun würde.
Sie musste unvermittelt gähnen. »Ich kann nicht glauben, wie müde ich bin!«
»Ich werde kein Auge zutun«, sagte Patrick. »Mir geht zu vieles im Kopf herum. Könntest du mich nicht hypnotisieren, damit ich einschlafen kann?«
»Haha!«, machte Ellen.
»Nein, im Ernst. Kannst du das?«
»Seinen Partner zu hypnotisieren, ist keine besonders gute Idee, weißt du, wegen des Berufsethos.« Sie kam sich verklemmt vor, als sie das sagte. Die Bitte war auch in früheren Beziehungen schon ansie herangetragen worden, aber meistens in scherzhaft flapsigem Ton, sodass es ihr nicht schwergefallen war, sie abzulehnen.
»Ich werde dich schon nicht verraten«, meinte Patrick. »Ich möchte nur, dass dieses Gedankenkarussell in meinem Kopf aufhört, sich zu drehen.«
Er tat ihr leid. Sie begann zu schwanken. »Ich dachte, der Gedanke, hypnotisiert zu werden, behage dir nicht. Du hast gesagt, du hasst die Vorstellung, die Kontrolle zu verlieren.«
»Das war, bevor ich dich kennenlernte. Jetzt weiß ich mehr darüber. Außerdem vertraue ich dir.«
Ellen dachte an ihren Mentor Flynn, einen Hypnotherapeuten der alten Schule, der mittlerweile über sechzig war und der Showhypnotiseure inbrünstig hasste. Er vertrat die Auffassung, dass Hypnotherapeuten ihre professionelle Integrität nur wahren konnten, wenn sie ihren Beruf strikt nur innerhalb ihrer Praxisräume ausübten. Ellen dachte auch an Danny, den coolen jungen Mann, den sie während seiner Ausbildung zum Hypnotherapeuten unter ihre Fittiche genommen hatte und der ihr voller Stolz erzählte, wie er mithilfe des hypnotischen Händedrucks Frauen in Bars aufriss (und das offenbar mit enormem Erfolg, sodass Ellens Missbilligung ihn nicht im Geringsten anfocht). Flynn wäre entsetzt, würde sie ihm je anvertrauen, was sie Danny durchgehen ließ. Auf einer Ethikskala befand Ellen sich ihrer Einschätzung nach wahrscheinlich irgendwo in der Mitte zwischen Flynn und Danny.
»Na ja, ich denke, gegen eine kleine Entspannungsübung ist nichts einzuwenden«, sagte sie.
8
Du wirst übrigens nicht von mir »gestalkt«. Bitte hör auf, dieses Wort zu benutzen, du
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