Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles - ausser Liebe

Alles - ausser Liebe

Titel: Alles - ausser Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miranda Lee
Vom Netzwerk:
und zu ihrem Zuhause, Tara. Und es gefiel ihm, wie sie zupackte und vor nichts zurückschreckte, als es ums nackte Überleben ging.
    Am Ende des Films war Hugh überzeugt, dass Scarlett Rhett irgendwann zurückgewinnen würde.
    „Vielleicht“, sagte Kathryn nur.
    „Ich bin mir dessen sicher. Und jetzt möchte ich alles über dein Tara hören. Und komm mir nicht wieder mit der Ausrede, es sei eine ‚lange Geschichte‘. Doch erst sollten wir uns stärken. Wollen wir etwas vom Chinesen kommen lassen? Du isst doch hoffentlich gern Chinesisch?“
    „O ja.“
    „Fein. Und bis das Essen geliefert wird, gönnen wir uns Champagner und Knabberzeug. Wir setzen uns damit auf den Balkon in die Sonne und erzählen uns unsere Lebensgeschichten.“
    Kathryn war sich nicht sicher, ob sie das wollte. Lebensbeichten waren nicht ihre Sache. Schon als Kind hatte sie gelernt, Geheimnisse in sich zu verschließen und andere auf Abstand zu halten.
    Wenn Freunde sich früher gewundert hatten, weil Kathryn sie nie mit nach Hause brachte, hatte sie behauptet, ihre Eltern seien tot. Das war jedoch nur die halbe Wahrheit. Ihr Vater war tatsächlich gestorben, doch bis vor zwei Jahren hatte ihre Mutter gelebt … oder was man leben genannt hatte.
    Nur Daryl hatte sie von ihrer Kindheit erzählt – nachdem ihre Mutter an Nierenversagen gestorben war –, weil er eine ähnlich trostlose Jugend hinter sich hatte.
    Rückblickend hatte Daryl wenig Mitgefühl gezeigt. Viele Kinder seien noch viel schlimmer dran, es sei höchste Zeit, darüber hinwegzukommen, hatte er ihr erklärt. Immerhin sei sie nicht verprügelt oder sexuell missbraucht worden. Er konnte nicht verstehen, warum sie unter ihrer geistig verwirrten Mutter so gelitten hatte und sich schämte.
    Hugh würde es ebenso wenig verstehen.
    Dennoch schien er entschlossen zu sein herauszufinden, warum Valeries Haus ihr so viel bedeutete. Und nach allem, was zwischen ihnen gewesen war, schuldete sie ihm vielleicht eine Erklärung.
    „Schieß los.“ Kathryn und Hugh hatten es sich mit Champagner und Chips auf dem Balkon bequem gemacht.
    Sie trank einen Schluck von der perlenden Flüssigkeit und überlegte, wo sie anfangen sollte. Bei der Drogensucht ihrer Eltern, durch die ihr Vater im Gefängnis gelandet war, sodass ihre geistesgestörte Mutter ihre zweijährige Tochter allein aufziehen musste? Oder sollte sie mit der Zeit beginnen, als ihr Vater im Gefängnis zu Tode geprügelt worden war und ihre Mutter wegen ihrer Gesundheitsprobleme mit den alltäglichsten Dingen nicht fertig wurde – schon gar nicht mit den Bedürfnissen eines Schulmädchens?
    Nie würde Kathryn ihren ersten Schultag vergessen. Sie war drei Tage zu spät eingeschult worden, weil ihre Mutter vergessen hatte, sie zur Schule zu bringen.
    Ihre Schuluniform war gebraucht und viel zu groß gewesen. Als Pausenimbiss hatte sie zwei Margarinebrote mitbekommen.
    Das wirklich Tragische war, dass all das sie nicht weiter aufgeregt hatte. Sie war es gewöhnt, vernachlässigt zu werden, hatte es nicht besser gekannt. Erst durch die Kinder in ihrer Klasse war ihr bewusst geworden, dass sie anders war.
    Schnell war sie zur Zielscheibe ihres Spotts geworden, alle hatten sie gehänselt und verspottet.
    Ihre Lehrerin hatte kein Mitleid gezeigt und geschwiegen, als Kathryn dem Unterricht fernblieb, weil ihre Mutter das Bett nicht verlassen konnte.
    Da Kathryn die Schule gehasst hatte, war es kein Wunder, dass sie schlechte Noten bekam. Wie konnte man etwas lernen, wenn man Tag für Tag in Angst lebte?
    „Deinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, musst du eine schlimme Kindheit gehabt haben“, bemerkte Hugh.
    Langsam wandte Kathryn sich ihm zu. Auf einmal sah sie ihn ganz anders – nicht als ihren umwerfend aussehenden Chef, sondern als mitfühlenden, empfindsamen Menschen.
    „Ja, so war es“, brachte sie leise hervor.
    „Du musst dich mir nicht anvertrauen, wenn du nicht möchtest“, sagte er sanft. „Ich verspreche dir, dich nicht zu verurteilen und keine dummen Bemerkungen zu machen. Ich werde dir einfach zuhören.“
    Erstaunlicherweise tat Hugh genau das. Er sprach kein Wort, während Kathryn versuchte, ihm Einblicke in ihr Leben vor der Begegnung mit Valerie zu vermitteln.
    „Ich suchte verzweifelt eine Freundin“, fuhr sie erst nach einer Weile fort. „Aber ich fand keine. Ich konnte niemanden mit nach Hause bringen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es bei uns zuging, Hugh. Zu Hause herrschte ein fürchterliches

Weitere Kostenlose Bücher