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Alles - ausser Liebe

Alles - ausser Liebe

Titel: Alles - ausser Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miranda Lee
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Chaos. Meine Mutter war ein Messie, überall stapelten sich Sachen. Ich schämte mich so …“
    Tränen traten ihr in die Augen, und sie wischte sie rasch fort. „Entschuldige. Weinen ändert nichts. Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Als ich neun war, kam ein Mann von der Heilsarmee bei uns vorbei. Vermutlich hatte jemand dort angerufen und auf unsere Notlage aufmerksam gemacht. Ich werde nie vergessen, wie schockiert der Mann war. Er war sehr nett. Als meine Mutter anfing zu weinen, legte er den Arm um sie und versprach, ihr zu helfen, die Wohnung aufzuräumen. Schließlich sagte er, ihr kleines Mädchen müsse raus aus all dem, und tat etwas Wunderbares: Er schickte mich für den Rest der Ferien zu Valerie.“
    Bei der Erinnerung musste Kathryn lächeln. „Seit Valerie verwitwet war, hatte sie in den Schulferien regelmäßig bedürftige Kinder bei sich aufgenommen. Beim ersten Mal war ich jedoch allein bei ihr.“
    „Wie alt war sie damals?“, fragte Hugh.
    „Fünfundsechzig. Aber mir kam sie viel jünger vor. Sie war so voller Leben, obwohl sie viel Trauriges durchgemacht hatte. Ihre beiden Söhne waren ums Leben gekommen: der Zwölfjährige bei einem Sturz vom Baum, der Achtzehnjährige durch einen Motorradunfall. Valerie erzählte mir, sie seien wie ihr Vater gewesen … ständig auf der Jagd nach Nervenkitzel. Zum fünfzigsten Geburtstag hatte ihr Mann sich einen Hubschrauber gekauft, mit dem er beim ersten Flug abstürzte.“
    „Auch von mir behaupten viele, ich sei genau wie mein Vater“, bemerkte Hugh trocken.
    Erstaunt sah Kathryn ihn an. „Inwiefern? Du siehst ihm gar nicht ähnlich.“
    „Nein. Äußerlich komme ich nach meiner Mutter. Aber ich bin wie er: sehr groß und unfähig, einer Frau treu zu bleiben. Bereits mit achtzehn hatte ich zahllose Freundinnen gehabt. Doch auf keinen Fall wollte ich es wie mein alter Herr machen und jedes Mal gleich einen Ehering kaufen, wenn ich verrückt nach einer Frau war.“
    „Bis jetzt“, platzte Kathryn heraus.
    Hugh lachte. „Zurück zu deiner Geschichte von Valerie und ihrem Haus.“
    „Es ist schwer, jemandem wie dir die Hintergründe zu erklären.“
    „Wieso?“
    „Du wirst kaum verstehen, was es für mich bedeutete, in einem sauberen Haus bei einer Frau zu wohnen, die mit mir spielte und mir zuhörte. Abends saßen wir zusammen auf der Veranda und aßen Eiscreme, danach spielten wir Karten. Noch nie hatte sich jemand so liebevoll um mich gekümmert.“
    „Du wirst es mir nicht glauben, aber als Kind litt auch ich unter Mangel an Liebe und Zuwendung. Mein Vater war viel zu beschäftigt, um mit mir zu spielen. Bei Sportereignissen und Auszeichnungsüberreichungen erschien er nie in der Schule. Er hat sich nie angehört, was ich zu sagen hatte.“
    „Aber du hattest immerhin deine Mutter“, gab Kathryn zu bedenken. „Sie schien sehr liebevoll und einfühlsam zu sein.“
    „Da irrst du dich. Nach der Scheidung litt meine Mutter unter Depressionen. Und wie deine Mutter verbrachte sie oft den ganzen Tag im Bett. Außerdem trank sie zu viel. Aber du hast recht, ich bin nicht im Chaos aufgewachsen. Für alles gab es Angestellte. Unsere Haushälterin wachte mit Argusaugen darüber, dass ich mich wusch und regelmäßig die Zähne putzte.“
    „Kannst du dir vorstellen, dass ich mir die Zähne überhaupt nicht geputzt habe, ehe ich Valerie kennenlernte?“
    „Meine Güte, Kathryn, das ist ja schrecklich!“
    „Valerie war darüber auch entsetzt und brachte mich zu einem Zahnarzt, der meine Zähne untersucht und gereinigt hat. Ich könne froh sein, dass ich von Natur aus gesunde Zähne und kaum Lollys bekommen hätte, meinte er. Danach ist Valerie immer in den Ferien mit mir zum Zahnarzt gegangen und hat es aus eigener Tasche bezahlt.“
    „Sie muss eine wunderbare Frau gewesen sein“, sagte Hugh.
    „Ja, das war sie. Aber sie hat mir durchaus nicht alles abgenommen. An der Küchenwand hing eine Liste von Regeln, an die alle Kinder sich halten mussten, die zu ihr kamen. Wir mussten unsere Betten selbst machen, unsere Zimmer sauber halten, aufräumen helfen, Geschirr spülen und so. Aber das fand ich völlig in Ordnung. Es hat mir sogar Spaß gemacht. Valerie hat mir geholfen durchzuhalten, wenn ich nach Hause zurückmusste, sie hat mir sauber machen und kochen beigebracht – und auf mich zu achten. Glaube mir, seitdem putze ich mir jeden Tag die Zähne.“
    Hugh lächelte mitfühlend. „Ich glaube dir.“
    Seufzend gab Kathryn zu:

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