Alles - ausser Liebe
Schultern. „Das hat ihr nicht wehgetan. Sie ist sehr glücklich mit mir.“
Dem konnte Russell nichts entgegenhalten. Megan schien wirklich sehr glücklich zu sein. Die beiden Ehepaare gingen häufig miteinander aus, sodass er Megan beobachten konnte. Aber natürlich war die Ärmste überzeugt, ihr Mann liebte sie. Und das war nicht der Fall. Er kam von seiner Exfrau einfach nicht los.
James ist ein Dummkopf, dachte Russell. Megan war zehnmal mehr wert als Jackie. Aber das schien der Gute nicht zu erkennen.
Megan zu heiraten, um eine Familie zu gründen, weil Jackie keine Kinder haben konnte, war rücksichtslos – vor allem da James das arme Mädchen verführt und sich vergewissert hatte, dass sie schwanger war, ehe er ihr den Antrag machte. Russell war noch entsetzter über das Vorhaben des Freundes und hatte sich entsprechend geäußert. Obwohl Hugh als notorischer Frauenheld galt, war er im tiefsten Innern altmodisch und romantisch. Wiederholt hatte er betont, ein Mann solle nur aus Liebe heiraten und sich dann für immer binden. Da er sich jedoch für unfähig zu ewiger Liebe und Treue hielt, hatte er schon vor Jahren geschworen, nie zu heiraten.
Doch am Sonntagnachmittag wollte er genau das tun.
Das Ganze ergab einfach keinen Sinn.
„Ich glaube, Hugh belügt uns“, sagte Russ.
„Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Am Sonntag wissen wir mehr, wenn wir die Braut treffen. Bis dahin sollten wir dafür sorgen, dass er nachforscht, ob die Gute nicht nur hinter seinem Geld her ist.“
„Hältst du das wirklich für möglich?“
„Durchaus. Die Geschichte mit dem Haus und dem Testament klingt reichlich märchenhaft. Möchte wissen, ob Hugh sich das Testament überhaupt angesehen hat.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass er völlig durchgedreht ist.“
„Höchstens ein bisschen“, bemerkte Hugh trocken und stellte drei Gläser Bier auf den Tisch, dann setzte er sich. „Gestern hat Kathryn einen unanfechtbaren Ehevertrag unterschrieben.“
Vergeblich versuchte Russell, in seiner Miene zu lesen. Hugh war ein gewiefter Pokerspieler. Somit blieb nur ein Anhaltspunkt: Hugh spielte Golf, als wäre er ein blutiger Anfänger. Es war schwer, sich darauf zu konzentrieren, wenn man andere Dinge im Kopf hatte.
Jetzt fiel Russell ein, dass Hugh ihm letztes Jahr bei James’ Hochzeit anvertraut hatte, es gäbe da eine Frau, die es ihm angetan hätte, aber bei der er nicht landen könnte.
War diese Frau Hughs persönliche Assistentin?
Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Chef sich in seine Sekretärin verliebte. Und die beiden verbrachten viel Zeit miteinander …
„Ist Kathryn eine Schönheit, Hugh?“, fragte Russell unvermittelt.
Sein Freund trank einen großen Schluck Bier, ehe er antwortete. Er hatte gewusst, dass seine Kameraden schockiert bis besorgt reagieren und ihn gründlich in die Mangel nehmen würden, wenn er zugab, mit Kathryn eine Beziehung zu haben.
Deshalb hatte er seine Enthüllung bis heute aufgeschoben und die beiden belogen.
„Nicht im klassischen Sinn“, erwiderte er.
„Ist sie attraktiv?“
„Sehr sogar.“
„Blond?“
„Brünett.“
Russell runzelte die Stirn. Hugh gab sich verdächtig zugeknöpft. Das passte nicht zu ihm. Mal sehen, was sich aus ihm herausholen ließ. „Ist dir klar, dass diese Ehe ungültig ist, wenn sie nicht vollzogen wird?“
Nun zuckte Hugh leicht zusammen.
„Wer kann schon wissen, ob wir sie vollzogen haben? Kathryn ist keine Jungfrau. Ich weiß nicht, worüber ihr euch sorgt. Ich will ihr schließlich nur helfen.“
„Ich dachte, du magst sie nicht sonderlich“, warf James ein.
„Manchmal nervt sie mich“, gab Hugh zu. „Und sie versucht, alles unter Kontrolle zu halten. Aber sie ist ein guter Mensch. Die dumme Testamentsklausel hat ihr böse zugesetzt. Ebenso ihr schrecklicher Verlobter. Exverlobter inzwischen. Ich hab’s euch noch nicht erzählt, aber ich fühle mich persönlich verantwortlich dafür, dass ihre Verlobung geplatzt ist.“
„Wieso denn das?“, fragte Russell argwöhnisch.
„Sicher erinnert ihr euch, dass ich letzten Donnerstagnachmittag eine Vorstandssitzung hatte. An dem Abend wollte Kathryns Verlobter mit ihr essen gehen, hat dann aber in letzter Minute abgesagt. Da habe ich sie zum Essen ausgeführt. Gewissermaßen als Dankeschön für ihre gute Arbeit.“
James und Russell tauschten wissende Blicke.
„Ach, so war es nicht!“, wehrte Hugh ab. „Es war eine völlig harmlose Essenseinladung. Aber der
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