Alles - ausser Liebe
und schwere Vorhänge beherrschten die Räume.
Auch Kathryns Büro, das gleichzeitig als Empfangsbereich diente, war ungewöhnlich groß. Es war sogar mit eigener Toilette und Garderobenraum ausgestattet sowie einer kleinen Küche, wo man Kaffee oder Tee zubereiten konnte. Ihr schwerer Walnussschreibtisch hatte eine lederbezogene Platte und mehr Schubladen, als sie füllen konnte. Computer und Drucker beanspruchten nicht einmal ein Viertel der Arbeitsfläche.
Doch wenn sie ehrlich war – ihr anderes Büro und der einfache Schreibtisch wären ihr lieber gewesen.
Aber sie wollte sich nicht beklagen, denn für die kommenden vier Wochen hatte sie einen Gehaltsaufschlag erhalten. Das Geld hatte sie bereits verplant – unter anderem für exklusive Bettwäsche aus ägyptischer Baumwolle. Obwohl sie sparsam war, hatte sie eine Schwäche für schöne Dinge. Qualität vor Quantität, war ihre Devise.
So auch bei ihrer Kleidung. Ihr Schrank war nicht voll, aber was sie kaufte, musste Stil haben. Keine Designerstücke – die konnte sie sich nicht leisten –, aber gut gearbeitete Kostüme, Blazer und Seidenblusen in Farbtönen, die sich geschmackvoll kombinieren ließen, dazu Schuhe und Taschen aus echtem Leder. Billige Kunststoffaccessoires kamen für sie nicht infrage. Und der wenige Schmuck, den sie besaß, musste echt sein, wenn auch nicht zu teuer. Silber kostete weniger als Gold.
Nachdenklich betrachtete Kathryn die feingliedrige silberne Armbanduhr, die sie sich zu Weihnachten gegönnt hatte, als das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. Der Werksschutz ließ sie wissen, ein Mann mit einer Snacklieferung sei auf dem Weg zu ihr nach oben.
„Nicht der von gestern“, setzte der Wachmann hinzu. „Ich musste ihm erst erklären, wo Ihr Büro ist.“
„Donnerwetter!“, staunte der sommersprossige junge Bote, als er endlich ankam. „Hier lässt sich’s leben und arbeiten! Die Aussicht von hier oben muss sagenhaft sein!“
„Stimmt“, erwiderte Kathryn sachlich. „Danke, Ken.“
„Sie kennen meinen Namen?“
Sie deutete auf die Namensplakette an seiner Hemdtasche.
„Ach ja.“ Er wurde verlegen. „Hatte ich vergessen. Das ist meine erste Arbeitswoche. Bin noch nicht daran gewöhnt.“
Ich auch nicht, hätte Kathryn ihm fast gestanden, aber sie tat es nicht. Im Laufe der Jahre hatte sie gelernt, Boten gegenüber nicht zu entgegenkommend zu sein. Die älteren, besser Aussehenden wurden manchmal etwas zu plumpvertraulich.
Nachdem der junge Mann gegangen war, trug sie die Tüte in die Küche und legte das Sandwich auf einen Porzellanteller, den sie auf ein Tablett stellte. Den dampfenden Kaffee ließ sie im Pappbecher, weil Hugh wert auf sehr starken, heißen Kaffee legte.
Nur selten bat er sie, ihm Kaffee in der Maschine zuzubereiten, obwohl sie es gern getan hätte. Sie gehörte nicht zu den persönlichen Assistentinnen, die Kaffeekochen für unter ihrer Würde hielten. Ihre Aufgabe sah Kathryn darin, ihren jeweiligen Chef auf jede nur erdenkliche Weise zu unterstützen. Dazu gehörte auch, Sachen aus der Reinigung zu holen oder Geschenke für seine Mutter zu kaufen. Ebenso selbstverständlich war es für sie, ihn gelegentlich zu verleugnen.
Doch nur bis zu einem gewissen Punkt … und auch nur, wenn er es verdiente.
Hugh verdiente solche Rücksichtnahme nicht, entschied Kathryn, während sie das Tablett ins Allerheiligste seines Vaters trug und auf den mächtigen Schreibtisch vor der breiten Glasfront stellte. Der einzige Sohn und Erbe des Parkinson-Imperiums war verwöhnt, faul und unpünktlich.
Gereizt blickte Kathryn auf ihre Armbanduhr. Fünfundzwanzig Minuten waren vergangen, seit Hugh Parkinson den Imbiss bestellt hatte.
Wo war er?
Sie blickte zur geschlossenen Tür zu ihrer Rechten. Obwohl sie wie alle anderen aussah, verbarg sich dahinter ein geheimer Erker mit einem Privataufzug, der direkt ins Penthouse hinaufführte. Nur mit einer besonderen Codekarte konnte man beides betreten. Für Superreiche wie Hugh und seinen Vater waren solche Sicherheitsvorkehrungen unverzichtbar.
Kathryn atmete tief ein, als die Tür aufging und ihr Chef hereinkam. Im anthrazitfarbenen Einreiher, den sie an ihm nicht kannte, sah er umwerfend aus. Lässige Eleganz passte zu ihm. Das blütenweiße Hemd betonte seine blauen Augen, die gebräunte Haut und das feuchte dunkelbraune Haar.
Und dann die Krawatte! Leuchtend rot mit Silberstreifen. Ein garantierter Hingucker!
„Na, was meinen Sie?“, fragte er
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