Alles außer Mikado: Leben trotz Parkinson (German Edition)
herausragende Rolle: Intrinsische Motivation betrifft mich selbst in meinem Innersten (Freude), extrinsische Motivation sucht den persönlichen Vorteil oder die Schadensvermeidung. McClelland gelingt dazu der neurobiologische Beweis: Es sind die Neurotransmitter Dopamin und Norepinephrin und das Hormon Vasopressin, die im Sinne des internen und externen Selbstverständnisses zentral steuern. Die wissenschaftliche Literatur zum Thema Motivation wächst ohne ein erkennbares Ende des Wissenszuwachses über Wichtigstes, das uns betrifft.
Inzwischen gibt es den Beruf des Motivationstrainers, der, so heißt es, mit seinem Wissen und seiner Kunstfertigkeit über unseren Erfolg im Beruf, in der Familie, im privaten Glück wesentlich mitentscheidet und die soziale Erfolgskurve unseres Lebens mitverantwortlich prägt.
Olympia in London hat uns im Sommer 2012 vor allem deswegen berührt, weil wir vielfach Zeuge intrinsischer Motivation wurden. Manchmal unfassbar, erlebten wir mit, was Willens- und Kraftanstrengungen für schier unermessliche Weiten, Höhen und Zeiten erbrachten. Nach manchen Disziplinen waren wir Zeugen ekstatisch auftretender Wettkämpfer, die ihre – intrinsische, aber auch extrinsische Motivation – geradezu hinausschrien. Es wurde von Helden gesprochen, Helden, die andere besiegten, niederkämpften (Brecht) oder sich selbst bezwangen (Augustinus). Der Volksmund spricht vom inneren Schweinehund, den es zu besiegen gilt.
Patienten möchten in erster Linie Krankheit besiegen – sie lassen sich ganz bewusst auf einen Kampf ein und besiegen oft, trotz der zeitgleich sie bedrängenden Angst, den Feind, der das eigene Leben bedroht, und am Ende auch diese Angst, die klein und mutlos macht, die lähmt, den Behauptungswillen erschüttert und uns im Mark trifft.
Der Volksmund sagt auch, dass das Leben ein Kampf ist, und meint damit – durchaus nicht ängstlich –, dass gekämpft werden muss, dass das Kämpfen dazugehört, ja, dass das Kämpfen das Leben eigentlich erst ausmacht.
Motivation scheint also etwas zutiefst Kämpferisches zu sein, das sich nach innen und außen richten kann, unser Wollen trägt, unsere Entscheidungen umzusetzen hilft, und, ganz wesentlich, etwas mit innerer Befriedigung und innerem Frieden zu tun hat, wenn wir am Ende gesiegt haben. Wenn wir so formulieren, klingen unsere Aussagen philosophisch, auch pastoral. Und dennoch: Diesen Text kann man mit gleicher Aussage, mit gleichem Gehalt neurobiologisch, neuropsychologisch, neuroethisch und psychoanalytisch formulieren.
Motivation ist ein Grundbedürfnis, eine Kraftquelle, wenn sie mit tiefstem Wollen einhergeht; sie bricht Mauern in den Köpfen der Menschen, lässt Haftstrafen von Dissidenten in vielen Staaten unserer Welt ertragen, überwindet Hindernisse in unwirtlichen Regionen, lässt Naturkatastrophen überleben, die dem Außenstehenden in ihren Folgen als schier unerträglich erscheinen.
Motivation ist der Transmissionsriemen zwischen unserem Wollen und unserem Handeln; fehlt er, ist Scheitern unvermeidlich. In der Neurobiologie sprechen wir dann von einer dysexekutiven Störung, die Handlungskonzepte bei vielen Erkrankungen des Gehirns im Ansatz stecken bleiben lässt.
Motivation ist der Kitt zwischen uns und der Welt, lässt uns extrovertieren, lässt uns die Welt erobern, wie es Alexander der Große gezeigt hat, bis Sumpffieber seinem Leben ein Ende setzte. Damit sei ausdrücklich verwiesen auf die Möglichkeit des Scheiterns auch der umfassendsten, grenzenlos scheinenden Motivation.
Glaube soll Berge versetzen können, das steht schon in der Bibel. Keiner zweifelt daran und versucht sich jeden Tag an einem kleinen Stück Berg. Jeder sei ein Individuum, unverwechselbar, sagt der Volksmund, und weiß auch als nicht wissenschaftlich Tätiger um die Richtigkeit dieser Aussage. Insofern sind wir Einzelkämpfer mit unserer intrinsischen/extrinsischen Motivation. Macht das die Faszination des großen Fußballs aus, dass wir uns endlich einmal nicht als Einzelkämpfer (auch passiv), sondern als Teamplayer erleben können – mit dem Daumendrücken für die anderen und uns selbst, weil es ja unser Verein ist, der kämpfen muss und siegen soll (extrinsische Motivation)?
Wir drehen und wenden es, wie wir wollen, und landen doch wieder bei der Neuropsychologie des Gehirns als Verwalter unserer Motivationen und ihrer Quellen.
Ich finde es beruhigend, dass wir so vieles kennen, aber auch so vieles nicht wissen. Zum Glück hindert
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