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Alles bestens

Alles bestens

Titel: Alles bestens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Doelling
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Norman war köterblond und der andere Typ eine Mischung von Norman und Saphir. Wahrscheinlich beim Klonen verunglückt, der Gute.
    Wir schüttelten uns die Hände. Das macht man im Osten so.
    »Mann, Alter, hast du ein geiles T-Shirt an«, sagte Bolt und fragte, was für ein Stoff das sei. Er trug ein schwarzes Batikteil mit Kapuzenjacke. Die anderen beiden trugen auch Kapuzenjacken.
    »Irgend so was, woraus man Frauennachthemden macht«, sagte ich.
    »Extrem«, sagte Bolt und starrte immer noch auf mein Shirt.
    Ich fand es immer schon bescheuert, wenn jemand »extrem« sagte, besonders wenn dieses Wort 50 Prozent einer Konversation ausmachte.
    Saphir reichte mir einen Joint. Das hatte ich befürchtet, als ich ihn das Ding drehen sah. Die drei versicherten sich gegenseitig, wie extrem das Zeug sei. Ich nahm den Joint und gab ihn weiter.
    »Ey, was soll’n das?«, sagte Bolt. »Willste keinen Hit?«
    »Hab schon einen«, sagte ich.
    Die drei grinsten, zogen wie Bekloppte an der Tüte, gaben sie an mich weiter. Als ich sie das zweite Mal hatte, war sie schon ziemlich heiß.
    Ich hielt den Joint zwischen Zeigefinger und Daumen, legte den Kopf schräg, um es dem guten alten Jimi Hendrix nachzutun, nahm einen tiefen Zug und gab ihn weiter. Dabei unterdrückte ich ein Husten. Beim ersten Mal merkt man eh nichts, hat Sascha Schellenberg immer behauptet. Da kann man mal sehen, wie gute Freunde sich irren können.
    In meinem Magen fing es an zu wirbeln wie in einer Waschmaschine, aber ich hatte nicht mal zwei Socken intus, nur Flusen. Außerdem bereute ich schmerzlichst, dass ich nicht »Jimi Hendrix« auf mein T-Shirt geschrieben hatte. Wie konnte das passieren? Wo ich doch vor Jahren schon meine Abba -verseuchten Eltern mit dem guten alten Jim zur Weißglut gebracht habe.
    Der Typ glotzte immer noch auf mein T-Shirt.
    »Wie heißt du noch mal?«, fragte ich.
    »Bolt«, sagte er, »wie Colt, nur mit B .«
    »Was ist das denn für ein Name?«
    »Ein isländischer. Meine Mutter heißt Björk.«
    »Sehr witzig«, sagte ich. Caro kicherte. Sandra sagte: »Das stimmt, seine Mutter nennt sich Björk. Und sie macht mit bei ›Sei unser Superstar!‹. Ist schon in der zweiten Runde.«
    »Was heißt’n das?« Ich guckte so eine Kacke nicht.
    »Einmal schon nicht ausgeschieden«, sagte Caro. »Es gibt auch Fan-Bilder von ihr. Zeig doch mal eins her.«
    Bolt kramte in seinen Jackentaschen. Durch seine Ellenbogenbeuge hindurch sah ich den Fisch in der Vase.
    Er zog ein verknittertes rundes Foto heraus. Seine Mutter sah darauf jünger aus als er.
    »Kannste aufkleben«, sagte er und pappte mir das Bild auf die Brust. Als wenn sich die Mutter sträubte, auf einem fremden Sohn zu kleben, bog sich das Bild an den Rändern und fiel von mir ab. »Aufkleber kriegt man eigentlich erst, wenn man in die dritte Runde kommt«, sagte Bolt und hob das Foto wieder auf. »Aber meine Mutter hat mit Pieter Mohl gebumst. Das ist der Veranstalter von diesen Shows. Deswegen hat sie die Dinger schon in der zweiten Runde gekriegt.«
    Saphir und Norman bogen sich vor Lachen. Ich ging zum Sofa und ließ mich plumpsen. Der Joint vernebelte mir ganz schön mein altes Loser-Hirn und mein Magen lief jetzt im Schleudergang. Die Flusen klebten an der Gastritis. Ich konzentrierte mich voll auf das Wort: Gastritis – Besucherkrankheit – etwas kommt und nervt und geht nicht wieder. Immerhin lenkten mich die Gedanken vom Schleudergang im Magen und den wackligen Beinen ab. Als Kind hatte ich mal eine Gastritis – Magenschleimhautentzündung. Damit ist nicht zu spaßen, es kann bleibende Schäden hinterlassen. Ellenbogenjucken zum Beispiel. Ich kenne Leute, die haben sich schon beide Ellenbogen blutig gekratzt, auch ohne Gastritis. Ein Ehepaar kommt dreimal die Woche zu meiner Mutter in die Praxis. Nette Leute. Ich treff sie manchmal im Wartezimmer. Wenn ich was von meiner Mutter will, muss ich auch durchs Wartezimmer. Ich ziehe eine Nummer vorn am Tresen und im Wartezimmer ertönt dann die Stimme meiner Mutter aus dem Lautsprecher. Sie kann sich – im Gegensatz zu meinem Vater – keine Helferinnen leisten. Und die Idee mit dem Nummernsystem hat sie von der Schweizer Post. Seelisch Kranke lungern ja manchmal schon Stunden vor ihrem Termin im Wartezimmer herum. Mit dem Schweizer System, meint meine Mutter, werde wenigstens die Anonymität gewahrt.
    Ich hatte die Nummern, die ich in meinem Leben schon gezogen habe, aufgehoben und an meine Zimmertür geklebt, von

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