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Alles bestens

Alles bestens

Titel: Alles bestens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Doelling
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Gemüsehändler schnappte ich mir eine Melone aus dem Rinnstein, eine Galia-Melone, wenn ihr’s genau wissen wollt. Sie war reif und gesund und ich hatte kein Messer dabei. Ich ging mit dem Ding auf den nächsten Spielplatz und verkrümelte mich in einem Abenteuerhaus mit Rutsche und streichelte die Melone. Bei uns zu Hause hat es die Dinger immer mit zwölf Jahre gereiftem Serranoschinken gegeben, zur Vorspeise, hübsch seziert.
    Ich überlegte, wie ich die Melone aufkriegte, mir lief schon das Wasser im Mund zusammen. Sie war auch recht kühl. Zuerst wollte ich einen Spalt in die Schale nagen und dann die Frucht aufbrechen. Aber dafür fehlten mir die praktischen Ronaldinho-Zähnchen, außerdem roch die Schale rattig, immerhin hatte sie im Rinnstein gelegen, in Kreuzberg! Dann dachte ich, sie einmal kräftig gegen die hölzernde Sitzbank zu stoßen, damit sie aufplatzt. Aber das schien mir zu gewalttätig. Also ging ich noch mal raus aus dem Häuschen und suchte einen Stein am Spielplatzrand. Ich behielt die Hütte im Auge. Nicht dass so ein kleiner Hosenscheißer kam und meine Melone klaute! Aber es war zum Glück nicht so viel los auf dem Spielplatz. Zwei Kinder schaukelten, ein paar waren auf dieser schrägen Töpferscheibe zugange und weiter hinten buddelten sich welche bis nach Australien durch.
    Endlich fand ich einen spitzen, scharfen Stein. Ich sprintete zurück in meine Bude, klemmte die Melone zwischen die Knie und stach mit dem Stein durch die Schale. Es war kein sauberer Schnitt, aber es funktionierte. Im Nu hatte ich zwei Hälften und schabte mit Stein und Fingern die Kerne aus der Mitte, schnitt sie noch einmal durch und grub mein Gesicht in das saftige Fruchtfleisch. Süßer Saft rann mir von den Wangen, tropfte vom Kinn, den Hals hinab, aufs T -Shirt und verklebte sogar meine Augen. Ich fraß wie ein Irrer. Noch nie hat mir eine Melone so gut geschmeckt! Hinterher sah ich aus wie Sau und meine unmittelbare Umgebung auch. Ich rülpste, seufzte, kam mir vor wie Huckleberry Finn. Von innen hätte die Holzhütte glatt für ein Floß durchgehen können. Ich war drauf und dran, meine Jeans mit dem Stein zu kürzen und auszufransen, aber das war mir dann doch zu anstrengend. Außerdem wollte ich nicht so einen Vater haben wie den vom guten Huck. Der war ja im Vollrausch sogar mit dem Messer auf seinen Sohn losgegangen.
    Ich vergrub die Kerne im Sand, putzte sogar mit Sand die Bank ab und stellte mir vor, wie ich allein über den Mississippi schipperte, da hörte ich eine kleine Stimme.
    »Was machst du denn da?«
    Ich schaute in ein Mädchengesicht. Es war mindestens so verklebt wie meins, jedenfalls um den Mund herum. Neben der Kleinen stand ein noch kleineres Exemplar, ebenfalls weiblich, ebenfalls verklebt. Nach der Farbe und Konsistenz zu urteilen, hatten die beiden vor nicht allzu langer Zeit ein Schokoladeneis verspeist.
    »Ich mache Frühlingsputz«, sagte ich und sammelte die Schalenstückchen ein.
    »Macht meine Mama auch«, sagte das größere Mädchen. »Wenn ich mithelfe, riecht alles so schön nach Zitrone.« Sie schnupperte. »Hier riecht es auch gut.«
    Die beiden kamen ins Häuschen und setzten sich.
    »Wisst ihr, wie spät es ist?«, fragte ich.
    »Nö«, sagte die Kleinere. Sie hatte wunderschöne große blaue Augen.
    »Fünf«, sagte das größere Mädchen. »Der Eismann war eben da.«
    Ich fragte nicht weiter, was der Eismann mit der Uhrzeit zu tun hatte. Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass kleine Kinder ihre eigene Zeitrechnung haben.
    Plötzlich beugte sich ein Frauenkopf in die Hütte. Die Frau guckte mich an, als wäre ich ein Gespenst.
    »Kommt sofort da raus!« Sie zerrte die Kinder an den Armen und stampfte mit ihnen durch den Sand.
    »Hat er euch blöd angemacht?«, hörte ich sie die Mädchen fragen.
    Mein Blutdruck stieg. Zum Glück sagten die Mädchen »nein«. Dachte die Mutti etwa, ich wäre ein Lüstling, oder was? Sehe ich so aus? Hatte die Twinset-Tante von gestern mir deshalb die Tür vor der Nase zugemacht, weil sie Angst um ihr Au-pair-Mädchen hatte? Hat sie Sandra deswegen verleugnet?
    Ich schnappte mir die Melonenschalen und warf sie in den nächsten Mülleimer. Am Rand des Spielplatzes gab es eine Wasserpumpe; dort wusch ich mir die Hände und das Gesicht und schließlich auch die Haare. Mit den Fingern kämmte ich mich. Ich trug inzwischen grüne Flip-Flops. Keine Ahnung, wo ich sie herhatte. Dann ging ich frisch und gestriegelt zurück zum Zitrus .
    Ein Typ in

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