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Alles bleibt anders (German Edition)

Alles bleibt anders (German Edition)

Titel: Alles bleibt anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Langer
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»ich habe selbst den Totenschein ausgestellt.«
»Ich kann es nicht erklären. Vielleicht haben Sie sich damals getäuscht; ich hatte gehofft, bei Ihnen ein paar Antworten zu finden.«
Und Frank erzählte ihm von seinem Auftauchen auf dem Bahnhofsgelände, wie er zu seiner Mutter gefunden hatte und dass er an die Zeit vor vorgestern so gut wie keine Erinnerung mehr hatte.
Dr. Anklamer schüttelte ungläubig seinen Kopf, gerade so, als wolle er Frank mitteilen, er habe Unrecht und sei nur ein Phantom, das jeglichem klaren Menschenverstand widerspräche und schleunigst dahin zurückkehren solle, wo es hergekommen war: ins Niemandsland.
Die Arzthelferin, Anklamers Frau, starrte Frank mit offenem Mund an.
Seine Mutter habe vorgeschlagen, endete Frank, er solle sich untersuchen lassen, ob mit seiner Gesundheit alles in Ordnung wäre. »Und ich halte das ebenfalls für unerlässlich«, ergänzte er.
Dr. Anklamer schloss seine Augen und atmete laut ein und aus. Als er sie wieder öffnete, stand das Phantom immer noch vor ihm und ihm blieb nichts anderes übrig, als sich mit der Situation auseinanderzusetzen.
»Ja, das scheint mir auch sinnvoll zu sein« bestätigte der Arzt und ergänzte nach kurzem Zögern: »Unter den gegebenen Umständen.«
Dr. Anklamer wandte sich an seine Frau.
»Holst du die Akte 'Frank Miller'? Es muss etwa im Frühjahr 2005 gewesen sein, als… « er unterbrach sich und suchte nach den passenden Worten. »… ich den Totenschein ausgestellt habe.«
»Dreiundzwanzigster Mai 2005«, präzisierte Frank und Martha Anklamer sah ihn mit großen Augen an, bevor sie in einem Nebenzimmer verschwand.
»Machen Sie sich bitte frei!« Dr. Anklamer deutete hinüber zu einem hölzernen Paravent.
Frank ging dahinter, zog sich aus und legte seine Kleider über einen Hocker. Der Arzt erschien nun ebenfalls hinter dem Paravent. Zuerst maß und wog er Frank. Dann sah er ihm in Augen, Mund und Ohren und klopfte ihm den Rücken ab. Ein Stethoskop zu Hilfe nehmend, überprüfte er Herztöne und Atemgeräusche der Lunge. Immer wieder rief er die neuen Untersuchungsergebnisse über den Paravent hinweg seiner Frau zu. Er befingerte Franks Geschlechtsteile und ließ ihn husten. Abschließend begutachtete er noch ein beinahe handtellergroßes Muttermal auf Franks rechtem Oberschenkel und prüfte mit einem Hämmerchen die Reflexe an Ellbogen und Knien.
»Sie können sich wieder anziehen.«
Als Frank wieder hinter dem Paravent hervorkam, legte Frau Anklamer gerade den Stift zur Seite und beendete ihre Arbeit an der vor ihr liegenden Akte. Sie stand auf, ihr Mann nahm an ihrer Stelle Platz und las und verglich die vor ihm liegenden Daten.
Frank setzte sich ihm gegenüber.
»Herr Miller.« Dr. Anklamer sah auf und Frank bemerkte, dass er ihn zum ersten Mal mit seinem Namen ansprach.
»Ich bin seit über dreißig Jahren Arzt und so etwas ist mir noch nie passiert. Wenn diese Tage, damals im Mai 2005, nicht wären, ich würde mit hundertprozentiger Überzeugung und vor jedem Gericht der Welt unter Eid bestätigen, dass ich Sie für Frank Miller halte. Sie waren bereits als kleiner Junge mein Patient und alle Fakten passen absolut zusammen. Sie haben exakt die Größe, die Sie bei der letzten Routineuntersuchung im Herbst 2004 hatten. Sie haben das Muttermal am Oberschenkel, das sie von klein auf hatten und auch die leichte Herzrhythmusstörung, die ich Ihnen mit Anfang zwanzig attestiert hatte. Sie wiegen etwas weniger als damals, aber es ist ja auch ein paar Jahre her und wer weiß, was Ihnen widerfahren ist, Herr Kollege.«
»Wie bitte? Was sagten Sie eben? Herr Kollege?«
»Oh, entschuldigen Sie bitte, Sie waren gerade mit dem Medizinstudium fertig, als … Na, Sie wissen schon, als der Unfall passierte. Ich empfehle Ihnen dringend, einen Psychiater aufzusuchen. Martha, schreibst du Herrn Miller die Adresse von Dr. Hohmann auf? Danke. Hoffentlich macht mir die Ärztekammer keine Schwierigkeiten. Da kommen eine Menge Formulare auf mich zu. Auf Sie auch, Herr Miller. Immerhin sind Sie nach wie vor offiziell tot.«
Auf ein mit seinem Briefkopf versehenen Bogen bestätigte der Arzt, dass Frank bei ihm gewesen war. Dazu schrieb er, dass aus medizinischer Sicht kein Zweifel an Franks Identität bestand. Er unterschrieb, stempelte das Schreiben und drückte es Frank in die Hand.
»Wie war das damals?«, wollte dieser wissen.
»Ein Wachtmeister kam hierher und holte mich ab. Er berichtete mir, eine Leiche wäre gefunden und die

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