Alles bleibt anders (German Edition)
dem Hafengelände das letzte Mal überprüft wurden!«
Pech hatten sie mit dem Resonanzkörper Franks.
Er wollte und wollte nicht einschlafen. Die Stunden vergingen und zogen sich dabei quälend in die Länge.
Um zwei Uhr morgens schließlich verließ Frank seinen Quader und sie berieten zu dritt, ob sie den ursprünglichen Plan ändern sollten.
»Vielleicht arbeitet er nachts und schläft während des Tags«, startete der Professor einen Erklärungsversuch.
»Oder er l-leidet an Schlaflosigkeit!«
»Vielleicht nutzt er die Nacht auch für andere Dinge als für Schlaf«, meinte Frank lächelnd.
»Nichtsdestotrotz«, sagte Gothaer, »ich bin dafür, dass wir geduldig bleiben und es weiter versuchen! Ein Transfer im Wachzustand ist viel zu riskant. Wir wissen viel zu wenig über mögliche psychische oder physische Konsequenzen.«
»Welches Limit setzen wir?«
»Herr Wiegand wird spätestens morgen um Mitternacht das Signal setzen. Im Laufe des morgigen Tages wird ja auch Ihr Alter Ego endlich seinen Schlaf finden. So lange werden wir warten.«
Tristan schloss sich Gothaers Meinung an.
Da Frank keinen besseren Vorschlag hatte, ließ er sich wieder in den Sarkophag transportieren.
Im Gegensatz zu seinem Alter Ego war er trotz der ungewohnten Unterlage kurze Zeit später eingeschlafen.
Der Professor und Gothaer hörten sein durch Metall gedämpftes Schnarchen.
»Sie sollten sich ebenfalls hinlegen, Herr Hartwig. Ich habe in einem Nachbarraum gesehen, dass dort ein altes Sofa steht. Falls es doch noch etwas länger dauert, müssen wir uns ja nicht beide die Nacht um die Ohren schlagen!«
Tristan nahm den Vorschlag gerne an und als er nach etwa drei Stunden unruhigen Schlafs wieder aufwachte, schlief Franks Alter Ego immer noch nicht. Er löste den Professor ab und ließ ihn ruhen, bis der Tag anbrach.
Allmählich beunruhigte Gothaer der Umstand, dass Franks Transfer immer noch nicht vollzogen werden konnte. »So ähnlich sich die beiden Frank Millers auch sein mögen«, sagte er, nachdem er die unveränderten Anzeigen auf den Monitoren abgelesen und die gleichmäßigen Atemgeräusche aus dem Quaderinneren gehört hatte, »in ihren Schlafgewohnheiten unterscheiden sie sich deutlich. Wie sieht es mit Ihrer Müdigkeit aus, Herr Hartwig?«
»Ich bin viel zu aufgeregt, um m-müde zu sein.«
»Kann ich Sie alleine lassen?«
Tristan wusste, dass der Professor vormittags seinen Vortrag zu halten hatte und nickte.
»Ich hatte ehrlich gehofft, wir würden im Laufe der Nacht zu einem Ergebnis kommen und Sie könnten alle nachher im Hörsaal sitzen und wie die anderen meiner Rede zuhören. Nun, ich hoffe, es vermisst Sie keiner. Ich werde mir dann etwas einfallen lassen.«
Gothaer kehrte auf den Campus zurück, während Frank und Tristan sich durch den Vormittag quälten.
In seiner Eintönigkeit wurde er nur unterbrochen, wenn sich Frank in unregelmäßigen Abständen aus dem Sarkophag befreien ließ, um frische Luft zu schnappen, seine Glieder zu strecken oder um etwas zu essen oder zu trinken.
Nur für jeweils wenige Minuten blieb er außerhalb des Quaders, um sich jedes Mal wieder mit der Hoffnung auf die Liegefläche zu begeben, der 'andere Frank' gäbe ihm nun endlich die Möglichkeit, seine Mission zu erfüllen.
Seine Gedanken kreisten darum, wie die Welt wohl aussehen würde, in der die Deutschen den Krieg verloren hatten.
Gab es überhaupt noch den Begriff 'deutsch'?
War das Deutsche Reich damals von Amerikanern und Briten erobert worden, oder gar von den Bolschewiken?
Möglicherweise war die deutsche Sprache genauso verschwunden, wie hier in seinem Europa das Italienische, das Spanische, das Russische.
Vielleicht hatte Dieter nur ein Lexikon in Kyrillisch vorgefunden und schwebte nun in größeren Schwierigkeiten, als Gothaer sich vorgestellt hatte.
Waren Gothaers Pläne nicht auch von einer herrlichen Naivität gekennzeichnet?
Waren sie alle skeptisch genug gewesen, was die Durchführbarkeit einer Geschichtsänderung betraf?
Welche sonstigen Konsequenzen mochten sich daraus ergeben?
Frank wollte unbedingt selbst vor Ort erfahren, wie sich dieser alternative historische Verlauf auswirkte. Er hoffte, dass Dieter kein Signal setzte, bevor sein eigenes Alter Ego endlich eingeschlafen war.
Ob es wirklich eine bessere Welt war?
Auch wenn er sich eine schlechtere als die eigene kaum vorstellen konnte, seine Zweifel blieben.
Und er würde seine kritische Position aufrechterhalten, wenn es zum nächsten, in weiter Ferne liegenden
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