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Alles bleibt anders (German Edition)

Alles bleibt anders (German Edition)

Titel: Alles bleibt anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Langer
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zum Traualtar über und über bedecken. Claire und er sollten darauf wandeln, hier und jetzt, und bis an ihr Lebensende.
     
Irgendwo schlug eine Uhr die zweite Stunde des neuen Tages.
     
Es war Montag, der 23. Mai 2005, Franks Todestag.
     
Und er lag immer noch wach.
     
Das gestern Erlebte vermischte sich mit den Visionen einer glückseligen, gemeinsamen Zukunft. Zusammen durchs Leben schreiten. Füreinander da sein, in guten, wie in schlechten Tagen.
     
»Willst du, Frank Miller, die hier anwesende Claire Hellstein zu deinem vor Gott getrauten Eheweib nehmen, sie lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?«
     
»Willst du, Claire Hellstein, den hier anwesenden Frank Miller zu deinem vor Gott getrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?«
     
»Ja, ich will!«
     
»Ja, ich will!«
     
»Ja, ich will!«
     
»Ja, ich will!«
     
Seine und Claires Stimme vermischten sich in Franks Gedanken vor dem Hintergrund der Leierkastenmusik, die sie am Müggelsee gehört hatten und die Töne gingen langsam in die Melodie des Hochzeitsmarsches über. Aus der Leierkastenmusik wurden die volltönenden, harmonischen Klänge gewaltiger Orgelpfeifen.
     
Sie dröhnten in Franks Ohren, ließen ihn nicht zur Ruhe kommen. Seine innere Erregung tat das ihre dazu. Von der linken Seite auf die rechte gewälzt, dann zurück. Wieder und wieder.
     
Die Fotografien, er wollte am Nachmittag unbedingt die Fotografien abholen.
     
Fünf Uhr, sechs Uhr, sieben Uhr.
     
Als Frank morgens aufstand, hatte er die ganze Nacht über keinen Schlaf gefunden.
     
Dennoch, die Gedanken an Claire und die Zeit mit ihr, gestern am See, beflügelten ihn. Er fühlte sich wach und ausgeruht.
     
Seinem Tagwerk ging er nach, als wäre er nicht er selbst. Gerade so, als blicke er von oben herab auf diesen Frank Miller, der den Vormittag über mit dem Stationsarzt die Krankenvisiten absolvierte. Er hörte auf das, was ihm der Stationsarzt oder die Patienten mitteilten, machte sich auch entsprechende Notizen und doch fühlte er sich wie in Trance.
     
Sein Mittagessen in der Kantine der Charité nahm er allein zu sich. Hätte man ihn danach gefragt, was er gegessen hatte, so wäre er die Antwort schuldig geblieben.
     
In Gedanken bei Claire, unausgeschlafen, in trügerischem Wachzustand.
     
Hatte nicht einmal ein kluger Mann gesagt, die Liebe gliche in ihren Symptomen einer schweren Krankheit?
     
Wäre Frank diese Weisheit eingefallen, er hätte sich selbst als den besten Beweis dafür gehalten.
     
Nachmittags Routinetätigkeiten im Labor. Er hatte sie hunderte Male vorher gemacht, sie brauchten seine volle Aufmerksamkeit nicht. Er machte keine Fehler.
     
Dann nichts wie zum Görlitzer Bahnhof, ins Foto-Atelier.
     
Endlich wollte er die versprochenen Bilder in Händen halten. Der wunderbare Moment am Müggelsee, fest gehalten für die Ewigkeit.
     
Den Mann, der hinter ihm an der Haltestelle an der Charité in die Trambahn einstieg, bemerkte er nicht.
     
Einmal umgestiegen in die neue U-Bahn, die trotz ihres Namens über der Erde verlief, sechs Haltestellen und er war da.
     
Im Bahnhofsgebäude, in ihrer kuppelförmigen Halle, herrschte – wie immer – hektische Betriebsamkeit. Menschen strömten hin und her. Die einen langsam und gemächlich, die anderen rennend, um ihren Zug zu erreichen. Frank kannte den Bahnhof, mehrfach war er von hier nach Sachsen und einmal sogar bis nach Wien gereist. Auch das Foto-Geschäft kannte er, besucht hatte er es bisher noch nie. Vor dem Laden stand eine etwa ein Meter fünfzig hohe und ebenso breite Tafel, die über und über mit Fotografien bestückt war. Eine Frau um die vierzig mit hohem Hut, mit der Rechten ein Monokel in der Hand haltend, suchte die Bilder der Reihe nach ab. Frank gesellte sich zu ihr. Auf sämtlichen Fotografien war der Müggelsee zu sehen, die Uferpromenade, an der Claire und er gestanden hatten.
     
»Ihr Fräulein Braut …«, hatte der Fotograf gesagt, »eine wunderschöne Erinnerung an einen wunderschönen Tag.«
     
Und da war sie: Claire. Ihr freundliches, fröhliches Lächeln.
     
Er nahm das Bild an sich, schaute es einfach nur an.
     
»Möchten Sie es auch kaufen, oder möchten Sie es nur ansehen?«
     
Er erschrak.
     
Eine junge Frau war neben ihm aufgetaucht und blinzelte ihn freundlich an.
     
»Äh, kaufen, natürlich.«
     
»Möchten Sie auch Abzüge haben?«
     
Frank dachte an Claire, seine Mutter, Claires Eltern.
     
»Ja«, sagte

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