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Alles für die Katz

Alles für die Katz

Titel: Alles für die Katz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Venn
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glücklich schienen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich beim ersten Anblick noch einen ganz anderen Eindruck hatte und frech dachte: »Warum muss gerade ich immer an die Irren geraten?«
    Ich marschierte also geradewegs auf sie zu. Zuerst sah mich das Mädchen: »Schau mal die Katze, die hat bestimmt einer ausgesetzt.«
    Da ich dies schon öfters gehört hatte, war ich der festen Meinung, dass ihr Menschen oft Katzen aussetzt. Warum, frage ich euch, sollte sonst bei vielen guten Menschen das »Aussetzen« immer der erste Gedanke sein? Ich hoffe, dass ich irgendwann einmal einen bösen Menschen aussetzen kann – Hildegard zum Beispiel.
    Das Mädchen in den seltsamen Kleidern sprang auf, kam auf mich zu, hob mich hoch und drückte mich ganz fest und lieb an sich. Dann brachte sie mich zu den anderen, die mich ebenfalls freundlich begrüßten. Aus dem Stoffhaus holte die Frau etwas Fleisch. Jetzt merkte ich erst, was für einen Katzenhunger ich hatte. Warum sagt ihr eigentlich Bärenhunger und nicht Menschenhunger? Das Fleisch war zwar etwas scharf und auch etwas trocken – es schmeckte aber ganz ausgezeichnet. In der Not frisst der Kater eben auch Sheba, das etwas besser gewürzt sein könnte.
    Während ich aß, ließen mich die Menschen in Ruhe. Keiner gebrauchte Worte wie »süß«, »Pussy« oder so, und keiner schlug mir beim Essen auf den Kopf und sagte dabei so Geistreiches wie »Uhiuhi« oder »Tocktocktock«.
    Kurzum: Diese Leute wussten einfach, was sich gehört.
    Doch irgend etwas stimmte nicht, das war mir schon klar. Einmal verwunderte mich die Zufriedenheit dieser Leute, dann natürlich auch ihr Aussehen, ihre Kleider.
    An irgend etwas erinnerte mich das …
    Ich bedauerte wirklich, dass wir Katzen euch nicht ansprechen können. Gerne hätte ich die Leute gefragt: »He, ihr, erzählt mir etwas über euch.«
    Doch es ging nicht und von sich aus erzählten die Seltsamen auch nichts. Aber meine Neugierde sollte noch am gleichen Tag gestillt werden.
    Es war so richtig schön ruhig, ich lag in der Sonne, schaute ohne Hungergefühl spielenden Vögeln zu und dachte mir, dass ich es an diesem Platz wohl eine Zeit aushalten könnte.
    Da wurde es plötzlich laut, hektisch – richtig: Es erschienen wieder ganz normale Menschen: Laut, mit Stinkkisten, brüllend, fluchend, die sich furchtbar wichtig machten.
    Einer der Lauten schrie: »Kann man denn nicht ganz an das Zelt ranfahren, sonst müssen wir den ganzen Plunder schleppen.«
    Ein anderer rief etwas von schlechtem Licht – dabei schien die Sonne herrlich auf mein Fell. Dann kam noch eine Frau auf Schuhen mit so kleinen Stangen wie bei einem Storch über die Wiese gewackelt.
    Sie gab den seltsam Gekleideten die Hand, nannte ihren Vorne- Menschennamen und ihren Hinten-Menschenname und sagte davor noch »Ich bin ›die‹ …«
    So eine aufgeblasene Kuh.
    Ich sage ja auch nur: »Ich bin Theo« und nicht »Ich bin ›der‹ Theo«. Die Frau redete noch etwas Dummgeschwätz wie »Ja, ja, alles sehr schön« und erzählte, dass die Leute mit den seltsamen Kleidern »den Zeitnerv« getroffen hätten und man das »Wirklich irgendwie verarbeiten« müsse und so weiter und so blabla.
    Dann kamen noch zwei lärmende Männer.
    Der eine trug eine Kiste mit Glas vorne dran, die er auf Stangen setzte. Dann hielt er einen kleinen schwarzen Kasten immer wieder in die Sonne, schaute durch die Kiste und stellte sie wieder an eine andere Stelle. Der andere Mann zog viele Schnüre mit sich rum, bedauerte immer wieder, dass er nicht mit seinem Auto auf die Wiese fahren könne, und rief in eine kleine Stange immer »Test, Test« rein.
    Während sich die beiden Männer weiter aufbliesen, ging die Storchenfrau überall rum, schaute sich vieles an und redete noch mehr dummes Zeug. Ihr müsst nämlich wissen, dass wir Katzen sofort merken, wenn Menschen nicht ehrlich sind.
    Ich will das an einem Beispiel erklären. Soviel Zeit muss sein.
    Also: Oft haben mich Menschen in den Arm genommen, freundlich auf meinen Kopf geschlagen. Sie wollten aber damit nur vor anderen Menschen so tun, als würden sie Katzen oder Tiere nett finden. Andere Menschen haben mich kaum beachtet – wie zum Beispiel die mit den seltsamen Kleidern. Aber bei denen spürte ich sofort, dass alles, was sie machten, sehr ehrlich und sehr lieb gemeint war.
    Ich glaube, und jetzt könnt ihr ruhig etwas beleidigt sein, dass die meisten Menschen sehr, sehr unehrlich sind: Viele lügen und fügen gerne anderen Menschen

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