Alles für die Katz
merkte, dass das Feuer erloschen war.
Was sollte ich tun? Ganz leise, denn ich wollte die glücklichen Menschen nicht wecken, machte ich mich in Richtung Zelt auf. Dort fand ich eine herrliche Decke, in die ich mich eingrub und wieder träumte.
In diesem Traum waren die Menschen aber wieder Menschen.
Dumm, doof, gemein – wie immer!
Ein schabendes Geräusch weckte mich. Der Vater stand am Feuer und drehte ein kleines Holzstückchen in einem großen. Nach sehr, sehr langer Zeit gab es einen Funken, der schnell größer wurde.
Bei aller Liebe! Das hielt ich doch für leicht übertrieben. Dem Glück der glücklichen Menschen hätte es bestimmt keinen Abbruch getan, wenn sie ihr Feuer mit einem Streichholz angezündet hätten, oder sogar mit so einem Ding, das immer »Schnapp« macht.
Aber so sind sie eben, die Menschen. Auch die Nettesten müssen alles übertreiben …
Mir gefiel es eigentlich ganz gut bei den glücklichen Nachmachern. Bloß sprachen diese plötzlich von »Winterquartier« und »Ins Haus umziehen« – untrügbares Zeichen, dass die Zeit mit dem kalten, weißen Zeug kommt.
Da wurde mir klar, dass ich noch einen weiten Weg vor mir hatte. Sicher, bei diesen Menschen wäre ich gerne geblieben. Ich konnte mir damals auch gut vorstellen, dass das, was sie »Winterlager« nannten, bestimmt sehr gemütlich war.
»Bedenke, Theo«, so fragte ich mich, »wartet das Mädchen überhaupt noch auf dich? Was mache ich, wenn es mich schon vergessen hat, mich überhaupt nicht mehr will, wenn ich plötzlich ankomme?«
Dann würde ich mich sehr ärgern. Nun gut, mein Gefühl, das habt ihr sicher schon bemerkt, spielt mir nur selten einen Streich. Und mein Gefühl sagte mir damals: »Das Mädchen wartet, sehnsüchtig sogar, und wird sich riesig freuen, wenn ich vor der Tür stehe.«
Ich malte mir aus, wie es mich greifen, mich drücken und mit mir durch den Garten laufen würde. Das sollte es wert sein.
Ich musste mich also von den glücklichen Menschen verabschieden. Der Zeitpunkt dazu war günstig. Wir haben zusammen noch etwas gefressen – ich gebrauche hier bewusst mal das Wort, das ihr immer für uns verwendet.
Na, merkt ihr, wie blöd das klingt?
Wir haben also zusammen das Frühessen eingenommen, es gab wieder trockenes Fleisch, rundes Brot – das ließ ich stehen – und Auswürfe von Hühnern. Da habe ich besonders das Gelbe sehr gerne. Weniger den weißen Speck. Nach dem Frühessen verabschiedeten sich die Eltern. Sie müssten »nach Kesternich«, Sachen einkaufen. Die beiden Kinder schlugen nach kleinen Bällen.
Ganz langsam ging ich Richtung Wald, um nach einem kräftigen Pfotenmarsch die Straße zu erreichen. Die Richtung hatte ich immer noch im Kopf. Jetzt stand nur noch die Frage im Walde, wie ich mich, ohne viel zu laufen, fortbewegen sollte: »Na ja, geh’ nur mal die Straße lang«, dachte ich, »irgendwo werden wohl auch hier wieder Menschen rumstehen, zu denen du in die Stinkkiste steigen kannst. Und dann wird es schon weitergehen.« Doch an diesem Tag war es schwierig. Zwar brausten viele an mir vorbei, aber haltend fand ich keinen. Es war wohl keine Zeit zum Ausruhen, die Menschen waren in Eile. Was sollte ich tun?
Ich zählte eins und eins zusammen: Wenn sich die Menschen in den Stinkkisten um diese Zeit nicht ausruhen, dann kann ich mich ja ausruhen. Wenn dann die Sonne ganz hoch steht, ruhen sich die Menschen immer aus. Dann bleiben bestimmt welche stehen, um etwas zu essen und schwups, werde ich bei ihnen sein.
Ich legte mich ins weiche Moos und ließ mir die frühe Sonne auf mein Fell scheinen. Ein bisschen leckte ich mir dieses auch, da etwas Dreck an mir hängen geblieben war. Aber trotz der anstrengenden letzten Zeit hatte ich noch ein ganz tolles Fell. Es glänzte an allen Stellen, war überall gleich dick. Ich erinnere nur mal an euer Kleinfell, das ihr auf dem Kopf habt. Wenn ihr etwas gelaufen seid, hängt es in langen Schnüren runter. Ihr seht dann so aus, als hätte jemand Wasser über euch gekippt.
Aber bei uns Katzen! Auch nach der größten Anstrengung ist unser Fell immer noch in Ordnung. Ja, ja, liebe Hildegard, wir rennen auch nicht einmal in der Woche zu dem Mann, der uns im Fell rumfummelt und dann sehr viel von dem Papier und dem Harten haben will, über das ihr dauernd redet.
Wie ich so dalag, hörte ich einen großen Wagen kommen und – juhu – er hielt tatsächlich an. Auf dem Wagen befanden sich getötete und ausgezogene Bäume, alle übereinander
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