Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
könnten glatt als Museum dienen.
Die Betreiber überlegen auch, ein Café zu eröffnen, schließlich ist das Elliðaá-Tal ein beliebtes Ausflugsziel der Hauptstädter.
Landsvirkjun übernimmt die Stromkosten, insofern ist bei diesem Projekt noch keine einzige Krone geflossen. Alles geht über
das Netzwerk und das persönliche Engagement.
Werbebroschüren neben Pressemitteilungen
Die Beteiligung der Bürger war auch Anfang März 2010 in einem Referendum gefragt. Noch immer streitet sich Island zu dieser
Zeit mit Großbritannien und den Niederlanden über die Rückzahlungsmodalitäten der Schulden von den sogenannten Icesave-Konten.
Sie belaufen sich auf eine Summe von 3,8 Milliarden Euro und sollen nun vom Staat erstattet werden. Die Regierung stimmte dem zu, doch der Präsident legte sein Veto
ein. So kam es zum Referendum. Da es ohnehin schon längst einen verbesserten Vorschlag gab, über den aber nicht abgestimmt
wurde, und die Premierministerin wie viele andere ankündigte, sich nicht an der Wahl zu beteiligen, war das Ergebnis recht
klar: 93 Prozent der Bürger stimmten gegen das Icesave-Abkommen.
Dass sie langfristig zahlen müssen, ist den Isländern klar, obwohl es etliche auch nicht einsehen, dass sie für die Fehler
der Wirtschaftswikinger geradestehen sollen, die ihre Banken von innen aushöhlten und sich selbst Kredite in gigantischer
Höhegewährten. Die Summe macht etwa zwei Drittel des jährlichen Staatshaushaltes aus, jeder Isländer müsste so rund 12 000 Euro zurückzahlen.
In den Tagen rund um das Referendum kamen viele internationale Journalisten ins provisorische Pressezentrum im Reykjavíker
Theater Iðnó. Es liegt direkt am Tjörnin neben dem Rathaus, in dem zu diesem Zeitpunkt noch kein Komiker regierte. Die Pressestelle
des Außenministeriums half am Tag der Abstimmung beim Übersetzen der Live-Fernsehübertragung, organisierte Interviews mit
den Ministern und legte auf einem breiten Tisch stets die aktuellen Pressemitteilungen aus.
Erfinderisch, wie die Isländer sind, nutzten sie die Anwesenheit der internationalen Presse für PR in eigener Sache. Neben
allgemeinen Broschüren der Stadt Reykjavík und großen Kunstbildbänden lagen noch zwanzig andere Zettel aus: Clubs boten freien
Eintritt zu ihren Partys an, eine oppositionelle Politikerin lud zum Umtrunk ein, und die Blaue Lagune, ein Thermalbad mit
milchigem Wasser, legte neben einer Broschüre Proben ihrer Beauty-Produkte bei. Ein Isländer bot sich in einem Anschreiben
sogar als Fahrer an. »Ich möchte ihnen gerne auf die eine oder andere Weise helfen«, schrieb Guðmann. Dazu gehörte eine Wohnung
samt Fernseher, ein 2 4-Stunden -Fahrservice, »einige lokale isländische Finanzhorrorgeschichten« und »Eiswürfel aus Gletscherwasser in deinem Whisky«.
Und der isländische Finanzminister, der den angereisten Journalisten am Tag nach der Ablehnung des Referendums für Fragen
zur Verfügung stand, sagte irgendwann: »Wenn ihr ganz viele Touristen nach Island lockt, können wir auch schneller unsere
Schulden bezahlen.« Steingrímur ahnte da noch nicht, dass es innerhalb von wenigen Wochen gleich zwei Vulkanausbrüche geben
würde.
Sind Naturkatastrophen überhaupt Krisen?
Der erste Ausbruch am 20. März bei der Hochebene Fimmvörðuháls, nahe des Eyjafjallajökull, war für die Isländer alles andere als eine Krise, vielmehr
war der »Touristenvulkan«, wie sie ihn nannten, ein willkommenes Abenteuer und Geschäft. Die Bewohner der Höfe an den wenigen
Zugangsstraßen verkauften Süßigkeiten, Reiseunternehmen boten Jeep-Touren zum Vulkan an, die Helikopter kreisten über der
Ausbruchsstelle. Und da die Eruptionen einen neuen Hügel erschaffen hatten, machten sich die Medien daran, einen Namensfindungswettbewerb
für den neuen Berg auszurufen.
Plötzlich sprach niemand mehr über das Referendum und die noch ungeklärten Rückzahlungen an die Niederländer und Briten. Einige
scherzten schon, ob da jemand immer einen großen Startknopf am Vulkan drücke, wenn die Zeitungen wieder voll mit Enthüllungsgeschichten
sind. Denn genau zwei Tage, nachdem der Abschlussbericht der Untersuchungskommission veröffentlicht wurde, am 14. April 2010, brach der Eyjafjallajökull nach über 180 Jahren das erste Mal wieder aus. Und anstatt über das Ergebnis des SI C-Berichts zu reden, den eine unabhängige Kommission im Auftrag der Regierung erstellte und in dem
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