Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
festgestellt wurde, dass alle versagt
hatten – Banker, Politiker und die Medien –, bestimmten der Krater von 2000 Metern Länge und die Aschewolke die Nachrichten.
In Reykjavík selbst kamen einem die Fernsehberichte über die Naturkatastrophe so vor, als würde all das in Peru passieren.
Die ganze Woche trübte kein Wölkchen den Himmel. Es wurde zwar mehrmals angekündigt, dass sich der Wind gen Westen – also
in Richtung Hauptstadt – drehen könnte, doch die Wolke sollte noch wochenlang auf sich warten lassen. Am sechsten Tag nach
dem Ausbruch hatte ich die Möglichkeit, mit einerFrau vom Roten Kreuz in das Gebiet zu fahren. Als ich kurz vorher in einem der Gesundheitszentren vorbeikam, um die Schutzmasken
zu besorgen, die dort bereitliegen sollten, sagte die freundliche Rezeptionistin: »Wir haben die Masken noch nicht bekommen,
weil die Wolke ja noch nicht zu sehen ist.« Als sie hörte, dass ich zum Vulkan fahren wollte, kramte sie im Lager und fand
in einer Kiste einige Exemplare. Isländer regeln vieles in letzter Minute, und meist klappt auch alles, schließlich sind die
Wege hier kürzer. Trotzdem spiegelt diese Gelassenheit ihre Haltung wider: Das ist für uns kein großer Ausbruch; da gab es
schon viel spektakulärere. Katla 1918 zum Beispiel, und viele erinnern sich an die Ausbrüche von Hekla, der genau wie der
Eyjafjallajökull im Süden des Landes liegt. Katla und Hekla sind übrigens beides beliebte Mädchennamen – trotzdem oder gerade
deswegen.
Reise in die stickige Dunkelheit
Eine Stunde dauert es mit dem Auto, bis in der Ferne die riesige Aschewolke zu sehen ist, die sich seit einer Woche in den
Himmel schraubt. 106 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, in Hvolsvöllur, befindet sich das Hauptquartier der Slysavarnafélagið Landsbjörg, der
freiwilligen Rettungsmannschaft Islands. Seit dem 14. April sind die Helfer ununterbrochen im Einsatz. Da es in Island ja keine Armee gibt, kümmern sich die ehrenamtlichen Rettungshelfer
um die Menschen in der betroffenen Region. Dafür werden sie von ihrem regulären Job freigestellt. Einer von rund 250 Helfern ist Þór Friðriksson, seit fünf Tagen schuftet der 2 3-Jährige nun im Dauereinsatz, nur selten findet er auf einem der Sofas Schlaf. Þór lebt eigentlich in einer Kleinstadt bei Reykjavík.
Sein Team wurde unter anderem deshalb zu Hilfe gerufen, weil es über ein spezielles Gefährt verfügt, das selbst Steinhagel
und den schlimmsten Sturm übersteht. Zwei Wagen dieser Art gibt es auf ganz Island. »Es ist ein alter Räumpanzer aus Berlin«,
erzählt er und führt den Panzer stolz vor, der nun zum isländischen Rettungswagen umgebaut wurde. Innen pappt noch das deutsche
Schild »Rauchen verboten«, und man erkennt die Stelle, an der einst der Wasserwerfer steckte. »Der Wagen ist fast wie ein
eigener Bunker«, sagt Þór. »Er wiegt zwanzig Tonnen, den haut so schnell nichts um.«
Zeitweise mussten 700 Anwohner aus den weit verstreut liegenden Höfen rund um den Vulkan evakuiert werden. Die größte Gefahr bestand neben der Aschewolke
vor allem in den Fluten, die für einige Tage auch die Ringstraße unterbrachen und die Vulkanhänge herunterstürzten. In der
ersten Nacht liefen manche Bauern die Berge hoch, um sich in Sicherheit zu bringen. Das Zentrum des Roten Kreuzes ist weiterhin
geöffnet, diemeisten Bewohner in der Nähe des Vulkans bleiben trotz der schlechten Bedingungen zu Hause. Sie sorgen sich um ihre Tiere
– viele sind Landwirte, die Schafe, Pferde oder Kühe halten. Eine Bäuerin zeigt ihre Schafherde, die in einem Stall untergebrachtist. Der feine Staub ist durch alle Ritzen gedrungen, und so sind die Schafe grau anstatt weiß. Die Bäuerin klopft ihnen aufs
Fell und löst eine mächtige Staubwolke aus. Selbst ein gerade frisch geborenes Lamm schaut schon verstaubt in die Gegend.
Für die Schafe gibt es immerhin noch Ställe, doch die zahlreichen Islandpferde leben das ganze Jahr über im Freien, die meisten
halbwild. Wo sollen sie untergebracht werden? Wie kann man verhindern, dass sie das durch Fluoride verseuchte Gras futtern?
Typisches Aschewolken-Outfit
Die Isländer verhalten sich trotzdem ruhig und versuchen tapfer, das Beste aus ihrer Lage zu machen – sie sind müde, aber
nicht hoffnungslos. Irgendwie wird es schon weitergehen. In den nächsten Tagen kommen dann auch viele weitere freiwillige
Helfer. Immer wieder reinigen sie die
Weitere Kostenlose Bücher