Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
Häuser vom Staub, der einfach überall ist. Alle haben damit zu kämpfen, am Morgen noch
bedeckt eine drei Zentimeter dicke Ascheschicht den Panzer, mittags glänzt er im Sonnenlicht.
Zwei Stunden wartete ich auf eine Mitfahrgelegenheit in Richtung Aschewolke, irgendwer kommt sicherlich, sagte die Frau vom
Roten Kreuz, die selbst die Stellung halten musste. Langsam wurde ich ein wenig nervös, ob ich es wirklich noch schaffen würde,
doch dann tauchte plötzlich Andri Snær Magnason mit einem Freund, dem Fotografen Christopher Lund, auf. Man trifft Bekannte
wirklich an den ungewöhnlichsten Orten! Spontan nehmen mich die beiden mit.
»Denkt an eure Masken«, sagen die Helfer, bevor wir uns auf den Weg zum Vulkan machen. In Hvolsvöllur selbst ist die Luft
noch angenehm, der Eyjafjallajökull treibt die Wolke weiter ins Land. Die unterbrochene Straße wurde inzwischen repariert,
dennoch hat man sie bis Montagabend für den allgemeinenVerkehr gesperrt, nur Anwohner und Journalisten dürfen an der Patrouille vorbei.
Wir passieren die Kontrolle und fahren direkt auf die Wand zu, die an diesem Tag dunkelgrau und nicht mehr schwarz erscheint.
Sie ähnelt eher einem kräftigen Nebel, nur dass die Luft sehr stickig ist. Autor und Umweltaktivist Andri Snær zeigt sich
an diesem Tag zu Witzen aufgelegt. Vorhin rief ihn eine schwedische Journalistin an und fragte, was denn gerade in Island
los sei. »Die Rache für die globale Erwärmung«, sagt er ihr. Warum er heute hier ist? »Wir wollen die Asche einatmen«, scherzt
er. Christopher steuert mit seinem Jeep weiter zielstrebig die Straße entlang. In der Nähe müssten die Berge sein. Wir fahren
in eine Schleierwand, zwischendurch scheint ein wenig Licht durch, kurz darauf wird es wieder verschluckt. Der Staub setzt
sich überall ab, in den Haaren, auf der Haut – alles ist von einem feinen Aschefilm bedeckt. Kameras und Handys müssen in
Plastik eingepackt werden, damit sie nicht kaputtgehen. Alle husten ständig, die Pappmasken bieten nur wenig Schutz, die Profis
haben richtige Gasmasken dabei.
Wir steigen aus, machen Fotos. Sobald man durch das trockene Gras läuft, wirbelt es große Staubwolken auf. »Ist es nicht Wahnsinn,
dass dies alles vor kurzem tief unter der Erde war?«, sagt Andri Snær. Die Augen brennen, es fühlt sich an, als würden winzig
kleine Glassplitter wie Schmirgelpapier auf der Netzhaut reiben. Entzündungen in den Augen sind neben den giftigen Fluoriden
die größte Gefahr bei der Fahrt durch die Region. Nach einer Stunde Ascheschlucken kehren wir zurück und versuchen, das Grau
aus Haaren, Kleidern und Poren zu waschen. Im Hauptquartier der Slysavarnafélagið Landsbjörg findet der Geophysiker Einar
Kjartansson, dass die Lage garnicht mehr so schlimm sei. Die Wolke werde kleiner und bewege sich in geringerer Höhe. Erstmals ist auch die rote Lava zu
erkennen. Einar glaubt nicht, dass der benachbarte Vulkan Katla, vor dem sich jetzt viele fürchten und dessen Wucht um ein
Vielfaches mächtiger sein könnte, bald ausbricht. »Ich mache mir wegen Katla keine Sorgen, andere Vulkane sind da eruptiver«,
sagt der Experte vom Icelandic Meteorological Institute. »Hekla zum Beispiel.«
Island hat viele Vulkane, dreißig von ihnen sind aktiv. Kurz darauf wird es unruhig. »Es gibt Meldungen, dass Hekla ausbricht«,
ruft ein britischer Journalist. Ólöf Baldursdóttir, die Sprecherin der Rettungshelfer, runzelt die Stirn, dann läuft sie kurz
hinaus und kommt nach wenigen Minuten wieder. Sie hat sich den nahe gelegenen Vulkan angesehen und zur Sicherheit im Internet
beim Wetterinstitut nachgeschaut. »Das ist doch Quatsch«, ruft sie in die Runde. Die anwesenden Reporter beruhigen sich wieder.
Dann diskutieren einige Fotografen über ihre schlechte Bezahlung in der fernen Heimat. Von weit her gekommen, sind sie an
diesem Tag die einzigen Vulkanopfer Islands.
Gespenstischer Aschenebel
Der Eyjafjallajökull wirbelte über die Wochen viel Staub auf – im Ausland mehr als in Island selbst. Manche fragen, ob die
Isländer nicht ein schlechtes Gewissen hätten, isländische Zeitungen bekommen böse Briefe aus Großbritannien. »Erst wollt
ihr unser Geld nicht zurückzahlen und jetzt bringt ihr auch noch die Asche zu uns«, heißt es in einem Beschwerdebrief. Der
isländische Präsident selbst sorgt nicht gerade für Entspannung, als er in einem BB C-Interview meint, der Eyjafjallajökull sei nur
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