Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene

Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene

Titel: Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alva Gehrmann
Vom Netzwerk:
Halbstarker und 154   Kilo ein Ganzstarker. Die Anwärter mussten mindestens den Brauchbaren bis zur Hüfthöhe auf einen Felsabsatz heben können,
     um mit an Bord sein zu dürfen. Auch heute noch gibt es in Island Wettbewerbe dieser Art. Kräftige Männer stemmen Steinkugeln,
     ziehen Lastwagen hinter sich her, das alles wird im Fernsehen übertragen. Die muskelbepackten Kerle können sich auch international
     messen, acht Mal wurde in den achtziger und neunziger Jahren ein Isländer »World's Strongest Man«. Das kleine Inselvolk kann
     sich aber nicht nur damit rühmen, die stärksten Männer der Welt zu haben, sie haben auch die schönsten Frauen. Drei Miss Worldkommen aus Island, zuletzt im Jahr 2005.   Vielleicht verleiht ihnen ja auch das Bewusstsein, die schönsten Frauen und stärksten Männer zu haben, diese starke Aura.
    Eigentümliche Basaltfelsen beim Fischerort Arnarstapi

Mutiges Auftreten
    Wenn die Isländerinnen abends ausgehen, wollen sie auffallen und tun es auch. Das liegt zum einen an ihren extravaganten Outfits,
     zum anderen an ihrer inneren und äußeren Haltung. Die meisten von uns kennen das sicherlich: Es gibt Tage, da fällt man scheinbar
     jedem auf, fast so, als sei man ein Promi. Viele Schauspieler und Stars haben diese Aura um sich, die dafür sorgt, dass sie
     wahrgenommen werden – selbst wenn sie nur ganz normal durch die Straßen spazieren oder im Café sitzen. Durch ihre intensive
     Arbeit mit dem Körper, haben sie eine gewisse Spannung und wissen diese genau einzusetzen.
    Viele Isländer machen sich das bewusst oder unbewusst zunutze. Sie fühlen sich wie ein Star, weil sie gestern in der Zeitschrift
     waren, einen bekannten Isländer zum Partner haben oder einfach nur so. Bei einem meiner Islandbesuche interviewte mich eines
     Tages eine Journalistin für die Tageszeitung ›Fréttablaðið‹.
    Jeder Reykjavíker bekommt sie kostenlos morgens nach Hause, im restlichen Teil des Landes kann man sie kaufen. Für mich war
     es ein komisches Gefühl, interviewt zu werden. Doch wer über die isländische Lebensart schreibt, muss wohl auch das mal erlebt
     haben, dachte ich. Kurz nach dem Interview kam ein Fotograf, und am nächsten Tag stand auf der Seite, wo sonst isländischen
     Persönlichkeiten porträtiert werden, ein Bericht über diedeutsche Journalistin, die ein Buch über Island schreibt. Das Foto war fast größer als der Bericht, doch Bilder der vorgestellten
     Personen sind hier, ähnlich wie die Namen, sehr wichtig als Orientierung. Wer bist du? Woher kommst du?
    Am nächsten Morgen ging ich, nach der Lektüre des wohlwollend geschriebenen Berichtes, zu einigen Terminen und tatsächlich
     sprachen mich viele auf den Artikel an. »Hey, ach du bist das. Dich wollte ich unbedingt kennenlernen.« So ging das noch über
     Tage, es war schon recht schmeichelhaft, ebenso wie einige E-Mails .
    Kurz nach der Veröffentlichung des Artikels ging ich mit rund achtzig anderen Medienleuten zu einem Empfang beim Präsidenten
     Ólafur Ragnar Grímsson. Der amerikanische Filmemacher Jim Jarmusch bekam im Rahmen des Filmfestivals RIFF einen Preis überreicht,
     anwesend waren auch einige Minister, berühmte Filmemacher wie Dagur Kári, dazu expressiv gekleidete Damen. Die Frau des Präsidenten
     war eine davon.
    Man plauderte mit dem einen oder anderen, der Präsident lud alle dazu ein, durch die Räume seiner Residenz zu streifen. In
     der ersten Etage lag über dem Geländer ein großes Eisbärenfell, an den Wänden hing das Gemälde einer Mooslandschaft vom Nationalmaler
     Kjarval. Der Präsident war im Gespräch mit Friðrik Þór Friðriksson, dem einst Oscar-nominierten Filmemacher. Ich wartete einen
     Moment und traute mich dann, die beiden hohen Herrschaften anzusprechen. Ich stellte mich vor und erklärte, was ich gerade
     in Island tat, und noch bevor ich meine eigentliche Frage stellen konnte, sagte der Präsident: »Weiß ich doch, ich habe den
     Artikel über dich gelesen.«
     
    Obwohl mich nach den vielen Reisen und Aufenthalten in Island nur noch selten Zufälle überraschen, war ich dann doch platt.
     Bei uns kann es natürlich auch sein, dass der Bundespräsidentam Vortag per Zufall die gleiche Zeitschrift gelesen hat, aber da es Hunderte Zeitungen gibt, ist die Wahrscheinlichkeit schon
     sehr gering. Aber dieses Erlebnis machte mir noch mal klar, dass in einer kleinen Gesellschaft wie Island jeder besonders
     ist und sich auch so fühlt.

Der beißende Geruch

Weitere Kostenlose Bücher