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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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seufzend ihren Ohrstöpsel zurück. »Der ist gut, was?«
    »Wer ist es?«
    »Neil Hannon. Ein irischer Sänger. Okay, los geht’s?«
    »Los geht’s.«
    »Und du hörst nicht zwischendrin auf, ja?«
    » Don’t worry sweetie, it’s gonna be all right «, kaute ich wie ein Cowboy.
    Sie lächelte endlich. Gut gespielt, Charly, gut gespielt.
    Und ich kehrte auf den Weg zurück, den ich verlassen hatte, es ging hier nämlich sehr wohl um einen Weg, kein Zweifel.
     
    » Wärst du der Weg, ich würd ihn bis zum Ende gehen. Wärst du die Nacht, ich würd am Tage schlafen. Wärst du der Tag, ich würde in der Nacht weinen. « Sie hing an meinen Lippen, um nur ja kein Wort zu verpassen. » Denn du bist der Weg, die Wahrheit und das Licht.
    Wärst du ein Baum, ich könnte meine Arme um dich schlingen – und du – könntest dich nicht beklagen. Wärst du ein Baum, ich könnte meinen Namen in deinen Stamm ritzen, und du könntest nicht jammern, denn Bäume jammern nicht « (hier habe ich mir ein paar Freiheiten genommen, »’Cos trees don’t cry«, okay, Neil, nichts für ungut, was? Ein nervöser Teenager hört mit). »Wärst du ein Mann, ich – ich würd dich trotzdem lieben. Wärst du ein Drink, ich würd dich ganz austrinken. Würdest du angegriffen, ich würd für dich töten. Wär dein Name Jack, ich würd meinen in Jill ändern,für dich. Wärst du ein Pferd, ich würd deinen Stall ausmisten, ohne mich je zu beschweren. Wärst du ein Pferd, ich könnt auf dir über die Felder reiten – im Morgengrauen und – den ganzen Tag lang, bis der Tag vorbei ist« (Mmh – keine Zeit für den letzten Schliff). »Ich könnte dich in meinen Liedern besingen« (auch nicht gerade genial). (Ihr war es völlig gleich, ich roch ihre Haare an meiner Wange.) (Auch ihr Parfum. Das Antipickelwässerchen eines Teenagers, das sich vordrängelte.) »Wärst du mein Töchterchen, es würde mir schwerfallen, dich gehen zu lassen. Wärst du meine Schwester, ich würde«, hmm – »find it doubly« – okay, das müssen wir raten, »mich doppelt spüren. Wärst du mein Hund, ich würde dir die Reste direkt vom Tisch geben « (sorry), »auch wenn meine Frau meckert. Wärst du mein Hund« (und jetzt ging es ins Crescendo), »ich bin sicher, das wär dir lieber, und so wärst du mein redlicher vierbeiniger Freund und du« (er brüllte fast) »müsstest nie mehr denken und ...« (jetzt brüllte er wirklich, aber ganz traurig) »und wir wären zusammen bis zum Ende.« (Bis zum Eeeeee-eeennnnnde eigentlich, aber man spürte, dass er noch nicht gewonnen hatte, noch gar nicht ...)
     
    Ich gab ihr das Ding wortlos zurück und bestellte noch einen Kaffee, auf den ich überhaupt keine Lust hatte, um ihr Zeit für den Abspann zu lassen. Damit sie sich wieder an das Licht gewöhnen und sich ein wenig schütteln konnte.
    »Ich liebe diesen Song«, seufzte sie.
    »Warum?«
    »Weiß nicht. Weil – weil die Bäume nicht jammern.«
    »Bist du verliebt?«, wagte ich einen Vorstoß, sprach die Worte wie auf Eiern.
    Schmollmund.
    »Nein«, ließ sie sich herab, »nein. Wenn man verliebt ist, braucht man so was nicht zu hören.«
     
    Nach ein paar Minuten, in denen ich gewissenhaft den Kaffeesatz aus meiner Tasse löffelte: »Um noch mal auf die Sache da zurückzukommen ...«
    Sie hob den Blick und sah hinüber zu der Frage von vorhin. Ich rührte mich nicht.
    »Die schwierige Zeit und so. Na ja, äh – ich glaube, wir sollten es dabei belassen. Den anderen nicht zu sehr vereinnahmen, verstehst du?«
    »Hm, nicht ganz.«
    »Na ja. Du kannst dich darauf verlassen, dass ich dir helfe, ein Geschenk für Mama zu finden, und ich kann mich darauf verlassen, dass du mir die Lieder übersetzt, die ich gern höre – und das war’s.«
    »Ist das alles?«, protestierte ich vorsichtig, »ist das alles , was du mir zu bieten hast?«
    Sie hatte die Kapuze wieder aufgesetzt. »Ja. Im Moment schon. Aber das ist schon ziemlich viel. Das ist – ja – das ist ganz schön viel.«
    Ich starrte sie an.
    »Warum grinst du so blöd?«
    »Weil«, antwortete ich und hielt ihr die Tür auf, »weil, wärst du mein Hund, könnt ich dir die Essensreste zustecken, und du wärst immer noch mein redlicher friend .«
    »Ha! Sehr witzig.«
    Und während wir auf dem Bordstein standen und auf eine Lücke zwischen den vielen Autos warteten, hob sie das Bein und tat, als würde sie mir an die Hose pinkeln.
     
    Sie war ehrlich zu mir gewesen, und auf der Rolltreppe beschloss ich, mich dafür

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