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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Eltern erwartet, ist nur das Klappern ehemaliger Leidensgenossen. Klassentreffen, Werbung für abgelaufene Zeitungsabonnements, die ich seit zwanzig Jahren nicht mehr erneuert habe, Einladungen zu Versammlungen, zu denen ich nie gehe.
    Alles klar, antworte ich und suche insgeheim schon den Papierkorb, der keiner ist, wie mir meine Mutter später zum wiederholten Mal predigen wird, die Augenbrauen hochziehend, es ist nämlich ein Schirmständer, wenn ich dich daran erinnern darf. Ein über die Jahre einstudiertes Szenario, läuft wie geschmiert.
    Meine Mutter, von der man im Moment nur den Rücken sieht. Sie steht in ihrer Küche am Ende des Flurs, in eine Schürze gewickelt, und spickt den Braten.
    Jetzt dreht sie sich um und begrüßt Mathilde, sagt, was bist du groß geworden, du bist ja eine richtige junge Frau jetzt! Ich warte, bis ich an der Reihe bin, und begrüße schon mal meine andere Schwester, nicht die Frau von Fridolin Kiesewetter, sondern von dem großen hageren Kerl, der dort drüben sitzt. Ein völlig anderer Typ. Leiter eines Champion-Marktes in der Provinz, der die Sorgen und die Wirtschaftspolitik eines Bernard Arnault aber bestens nachvollziehen kann. Ja, des Bernard Arnault von der Gruppe Louis Vuitton Moët Hennessy. Eine Art Kollege, wenn man so will. Wir machen so in etwa den gleichen Job, verstehen Sie, und ... Ich hör ja schon auf. Wir werden das nachher noch ausgiebig genießen können.
    Sie selbst heißt Edith, und von ihr werden wir auch noch hören. Sie wird über das Gewicht von Schulranzen und über Elternabende sprechen, also wirklich, wird sie sagen und dabei ein zweites Stück Kuchen ablehnen, es ist unglaublich, wie wenig sich die Leute heutzutage engagieren. Zum Beispiel beim Schulfest, was meint ihr, wer mich mal am Angelstand abgelöst hat? Kein Mensch! Und wenn sich schon die Eltern drücken, was kann man dann von den Kindern erwarten, frage ich euch? Okay, man sollte ihr keine Vorwürfe machen, ihr Mann ist Leiter eines kleinen Champion-Marktes, dabei hätte er das Zeug zu einem Riesensupermarkt, das hat er bewiesen, und in der Sägemehllache am Gymnasium Saint-Joseph hört die Welt für sie auf, wir wollen ihr also keine Vorwürfe machen, nein, nein. Sie ist nur ein bisschen anstrengend und sollte ab und zu mal eine neue Platte auflegen. Und sich eine neue Frisur zulegen, wo wir schon dabei sind ... Folgen wir ihr ins Wohnzimmer, wo uns die andere Seite erwartet: meine Schwester Françoise. Die Nummer eins. Frau Kasatschok für diejenigen, die nicht mitgekommen sind oder noch in der Küche rumhängen. Sie wechselt dafür ganz häufig die Frisur, ist aber noch leichter zu durchschauen als ihre jüngere Schwester. Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen, es reicht, wenn man ihren ersten Satz wiedergibt: »Mensch, Charles, du siehst ja schrecklich aus. Und außerdemhast du – hast du zugenommen, stimmt’s?« Okay, den zweiten auch noch, sonst könnte man mir vorwerfen, parteiisch zu sein: »Doch, doch! Du bist richtig auseinandergegangen seit dem letzten Mal, wenn ich’s dir sage! Außerdem bist du immer unmöglich angezogen ...«
    Nein, Sie brauchen mich nicht zu bedauern, in drei Stunden sind alle wieder aus meinem Leben verschwunden. Mit etwas Glück bis Weihnachten. Sie können heute nicht mehr einfach in mein Zimmer platzen, ohne anzuklopfen, und wenn sie mich verpetzen, bin ich längst über alle Berge.
     
    Außerdem habe ich mir das Beste für den Schluss aufgehoben. Diejenige, die man nicht sieht, aber oben mit den Teenies der Familie lachen hört. Spüren wir ihm nach, dem bezaubernden Lachen, und pfeifen auf die Cashewnüsse …
     
    *
     
    »Nee, ich glaub’s nicht!«, schleudert sie mir entgegen und massiert dabei die Kopfhaut eines meiner Neffen, »weißt du, worüber sie sich unterhalten, diese Rabauken?«
    Flüchtige Umarmung.
    »Sieh sie dir an, Charles. Siehst du, wie jung und hübsch sie sind, wie ... Siehst du diese schönen Zähne hier!« (Zieht die Oberlippe des armen Hugo hoch.) »Schau dir diese hübschen Burschen an! Diese Milliarden Kilo an Hormonen, die in alle Richtungen überlaufen! Und – und weißt du, worüber sie sich unterhalten?«
    »Nein«, sage ich und entspanne mich endlich.
    »Über Gigabytes, ich glaub, ich spinne. Sie traktieren ihre Musikdinger und vergleichen die Zahl ihrer Gigabytes. Nicht zu fassen, was? Wenn ich mir vorstelle, dass so was später unsere Renten zahlen soll, dann gute Nacht. Und anschließend vergleicht ihr die

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