Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alles Gold der Erde

Titel: Alles Gold der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bristow Gwen
Vom Netzwerk:
heruntergekommen; sie wohnten auf Normans Kosten in einer der Herbergen, die nach dem Brand aus dem Boden schossen. Marny hielt es für durchaus wahrscheinlich, daß Hortensia ihre Schlafzimmertür nicht mehr verschloß, denn Normans Laune hatte sich in letzter Zeit merklich gebessert.
    Pocket und Hiram sprachen nur selten über ihre Konferenzen. Marny wußte nur allzugut, wie dringend nötig ein Großreinemachen in San Francisco war. Mit Ausnahme des Zentrums, wo die Geschäftsleute Wächter engagiert hatten, die Streifengänge machten, herrschte in der Stadt dank den Banditen ein ständiger Schrecken. Raubüberfälle, Mißhandlungen, selbst Morde waren an der Tagesordnung. Die Steuern waren hoch. Die Polizisten wurden schlecht bezahlt, und häufig erschienen sie überhaupt nicht zum Dienst, weil sie keine Löhnung erhalten hatten. Nur wenige Gesetzesbrecher wurden arretiert, noch weniger verurteilt, und wer im Kittchen saß, mußte nicht viel Mühe aufwenden, um wieder in die Freiheit zu gelangen.
    Nach dem entsetzlichen Großbrand war die Geduld der anständigen Bürger zu Ende. Sie zweifelten jetzt nicht mehr daran, daß die ›Regierung‹ einen Teil der Beute einsäckelte und daß nichts getan werde, falls die Bürger nicht zur Selbstverteidigung schritten. Fünf Wochen nach der Katastrophe erfuhr man, was bei diesen geheimnisvollen Konferenzen beschlossen worden war.
    Zweihundert verantwortungsbewußte Geschäftsleute ließen ihre Namen und ihre Ziele in den Zeitungen veröffentlichen. Sie hatten einen Sicherheitsausschuß gebildet und waren entschlossen, in der Stadt Ordnung zu schaffen. Ihr Programm war kompromißlos. Sie hatten eine Verfassung ausgearbeitet, einen Treffpunkt bestimmt und ein Signalzeichen vereinbart. Eines der Mitglieder versah Tag und Nacht Dienst im Feuerwehrgebäude an der Plaza. Das Signal – zwei schnelle Schläge auf die Alarmglocke, die nach einer Minute wiederholt wurden – rief alle Mann zu jeder Zeit auf den Plan.
    Die Rowdies waren also gewarnt. Sie zeigten sich jedoch keineswegs beeindruckt. Sie hatten schon so lange vom Verbrechen gelebt, während die ehrlichen Männer ihrer Arbeit nachgegangen waren, daß nur wenige von ihnen glauben mochten, die schönen Zeiten für sie seien nun beendet. Am Tag nach der Gründung des Sicherheitsausschusses wurde die Glocke bereits geschlagen.
    Es war am späten Nachmittag. Hiram, Pocket und Kendra saßen in der Küche des Calico-Palastes. Sie warteten auf Marny, die noch an ihrem Spieltisch zu tun hatte. Kendra richtete Steaks her, Pocket trank Kaffee, Hiram hielt ein Glas Whisky in der Hand und nörgelte, weil kein Eis darin war. Seit einigen Monaten gab es nämlich an den Bars von San Francisco Eis. Es wurde aus den zugefrorenen Bergseen gehackt und von den Flußschiffen in die Stadt transportiert. In dieser Woche hatten sich die Schiffe verspätet. Dann kam Marny in die Küche.
    »Was ist das?« rief Kendra plötzlich.
    Marny keuchte. »Es brennt ja schon wieder!«
    »Pst!« wisperte Pocket. Er war ebenso wie Hiram aufgesprungen. Hiram nahm seine Uhr aus der Tasche. Wieder dröhnten die zweifachen Schläge der Glocke.
    »Nein, das ist kein Feuer«, sagte Pocket. Seine Stimme klang drohend. Er blickte Hiram düster an.
    Hiram erklärte:
    »Das gilt uns.« Danach steckte er seine Uhr wieder ein und tastete nach seiner Pistole.
    Zu Kendra gewandt, fuhr er fort:
    »Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat, aber ich muß dich jetzt verlassen. Wenn ich heute abend nicht nach Hause komme, wirst du verstehen, daß ich dazu keine Möglichkeit habe.«
    »Natürlich.«
    Abermals erklang die Glocke. Hiram küßte Kendra. »Das ist ein Krieg, den wir hier führen. Falls wir ihn nicht gewinnen, werden die andern die Oberhand bekommen.«
    Marny tätschelte Kendras Schulter. »Es ist genauso, wie er sagt, meine Liebe. Wir befinden uns im Kriegszustand.«
    »Ich weiß ja«, erwiderte Kendra.
    »Komm, wein doch ein bißchen.«
    »Mir ist nicht nach Weinen zumute«, entgegnete Kendra heftig. »Ich will nicht weinen. Ich bin außer mir. In mir brennt alles. Diese elenden Schufte!« Mit einem Blick auf ihre Steaks fragte sie: »Du willst in deiner nächsten Pause essen?«
    »Ja, bitte«, antwortete Marny mit gespielter Gleichgültigkeit.
    Als sie in ihren Spielsalon zurückkehrte, waren die meisten Männer nicht mehr da. Einige hatten aufbrechen müssen, weil sie dem Sicherheitsausschuß angehörten. Andere wollten sich davon überzeugen, ob dieses

Weitere Kostenlose Bücher