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Alles Gold der Erde

Titel: Alles Gold der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bristow Gwen
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kostete sie die Suppe. Ob sie diese Gemüsebrühe wohl würde hinunterwürgen können?
    Auch Kendra hatte schon von den Gerüchten gehört.
    »Werden sie diesen Mann hängen?« fragte sie kurz.
    »So heißt es.«
    Einige Minuten blieben sie still. Marny schlürfte immer noch an ihrer Suppe.
    Plötzlich erkundigte sich Kendra:
    »Marny, wenn du ein Mitglied des Komitees wärest, würdest du für die Hinrichtung stimmen?«
    Marny sah auf ihren Teller. Sie sah auf die Zuckerdose. Sie sah auf einen Papierfetzen in der Ecke. Sie sah zu Kendra auf und sagte:
    »Ja.«
    Kendra verknotete ihre Finger vor sich auf dem Tisch. »Ich auch.«
    »Es ist schrecklich«, sprach Marny weiter. »Aber wir sind mit der Zeit dahintergekommen, daß gegen diese Teufel nichts anderes hilft als Gewalt.«
    »Man muß Ihnen Einhalt gebieten. Hiram und ich haben genug Stürme mitgemacht. Jetzt wollen wir Frieden. Wir lieben uns. Wir wollen Kinder haben, und wir wollen ein Haus haben, in dem sie sicher aufwachsen können.«
    »Ich glaube, gerade jetzt bietet euch der Sicherheitsausschuß eine Gelegenheit dazu.«
    Es wurde später und immer später. Marny gab Karten aus, Hortensia spielte auf dem Klavier, die Barkeeper gossen ein Glas ums andere voll, die Roulettekugel klickte, die Farospieler saßen mit düsteren Gesichtern schweigend da. Endlich wurde die Salontür aufgerissen, und Troy flog beinahe in den Raum. Jedermann verharrte stumm und starrte ihn an. Troy schrie:
    »Das Urteil ist gefällt. Jenkins wurde schuldig gesprochen. Auf der Plaza wird er gehängt.«
    Getränke wurden verschüttet, Gläser zersplitterten, Stühle kippten um. Die Männer stürmten zur Tür hinaus. Marny sammelte ihre Karten ein und ging dann zur Bar hinüber. Nur Wilfred, der Gebieter über alles Trinkbare, war noch auf seinem Posten; seine Helfer waren samt den Gästen auf die Straße gerannt.
    »Es sieht so aus, als könnte ich für heute Schluß machen«, meinte Marny seufzend. »Gib mir was zu trinken, aber was Gutes.«
    Wilfred lächelte verständnisvoll und schenkte ein. Am Klavier unterhielten sich Norman und Hortensia leise. Troy kam jetzt auch an die Bar. Ihm folgte der Mann aus Harvard. Troy sagte:
    »Nur keine Hast. Sie werden ihn nicht in der nächsten Minute hängen.«
    »Wenn sie es doch nur schon getan hätten«, entgegnete Marny hitzig.
    »Es dauert nicht mehr lange«, erwiderte Troy. »Aber Mr. Brannan – er hat das Urteil verkündet – will noch einen Geistlichen kommen lassen.«
    »Ist dieser Jenkins denn gar ein religiöser Mensch?« fragte Marny.
    »Sie wollen ihm einen letzten Trost gönnen.«
    Norman gesellte sich zu ihnen. Mit einer Uhr in der Hand sagte er zu Troy:
    »Es ist gleich zwei. Wer nicht ins Haus gehört, soll jetzt verschwinden. Schließ dann ab.«
    »Gut.«
    »Und such deinen Bruder. Sag ihm, daß keiner mehr ins Haus darf. Komm, Wilfred, hilf uns.«
    Sie gingen hinaus. Marny nahm ihr Glas und trat zum Fenster. Sie schlug die Vorhänge auseinander und blickte auf die Menschenmassen hinab, die sich auf der Plaza drängten. Auch Hortensia kam zu ihr. Schweigend beobachteten sie, wie immer mehr Menschen aus allen Richtungen herbeieilten. Marny hörte, daß die Tür aufgemacht wurde. Sie drehte sich um. Kendra war eingetreten.
    »Wollt ihr denn zusehen?« fragte sie.
    »Ich weiß noch nicht.«
    »Wir sehen ja schon zu«, meinte Hortensia.
    »Ich möchte nicht zusehen«, erklärte Marny, »gleichzeitig möchte ich aber dennoch zusehen. Ich verstehe mich selber nicht mehr.«
    Hortensia bemerkte das Glas in Marnys Hand. »Das ist keine schlechte Idee.« Sie ging zur Bar und holte sich auch einen Drink. Zu dritt standen sie am offenen Fenster. Ob sie es wollten oder nicht – etwas zwang sie, hier stehenzubleiben. Vor ihnen lag die Plaza, die vom Vollmond erhellt wurde, so daß sie alles deutlich zu erkennen vermochten.
    Zunächst kamen die Mitglieder des Sicherheitsausschusses. An ihrer Spitze trottete Jenkins. Er war gefesselt, und die Männer, die ihn führten, hielten ihre Waffe in der Hand, für den Fall, daß seine Kumpane ihn zu befreien suchten. Hinter diesen Wachen folgten die Angehörigen des Ausschusses, jeweils zwei Mann, und auch sie trugen ihre schußbereiten Pistolen bei sich. Diese Männer waren über die Prärien, quer durch den Isthmus oder ums Kap Horn nach Kalifornien gekommen.
    Viele unter ihnen waren, wie Mr. Chase, Familienväter, andere, wie Hiram, hofften, es bald zu werden. Diese Männer hatten ihre Stadt

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