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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Feinde heimkehren.«
    Kendra fiel ein, daß sie selber einmal auch so gedacht hatte. Auch sie hatte zu ihren Tanten und Onkeln heimkehren wollen, und zwar mit einem schönen Mantel, einem Muff und Opalschmuck. Und mit Ted natürlich. Jetzt war es ihr gleichgültig, ob sie je wieder in die Heimat zurückkehrte oder nicht.
    Sie sagte sich: Wenn ich nur so sein könnte wie Marny. Aber ich kann's nun mal nicht. Ich will auch kein Halsband aus Nuggets. Ich will einen Menschen, der mich liebt …
    Um sich nichts anmerken zu lassen, stand sie auf und schob ein neues Scheit in den Ofen. Marny meinte:
    »Das Gebäck riecht so gut. Wenn es schon fertig wäre, würde ich gern etwas davon essen.«
    »In zwanzig Minuten ist es fertig«, erwiderte Kendra. »Ich bringe die Kuchen dann hinüber.«
    Marny legte ihren Schal um und ging wieder ins Zelt. Ein paar Minuten darauf kam Lolo herein, um das Feuer zu beaufsichtigen. Sie arbeitete an einem Kleidchen für ihr Baby, und Kendra ließ sie allein, ging in einen zur Straße gelegenen Raum und schaute auf die Bucht.
    Dunkel ragten die hohen Masten der verlassenen Schiffe in den Himmel. Sie fragte sich, wie viele von ihnen wohl je wieder in See stechen würden. Es kamen aber immer neue an: manche aus Häfen, wo die Leute noch nichts vom kalifornischen Gold wußten; andere wurden von Kapitänen befehligt, die sich in der Hoffnung wiegten, ihnen werde es ganz bestimmt nicht passieren, daß die Mannschaften davonliefen. Kendra konnte einen Schoner namens Hope ausmachen, der gestern aus Honolulu eingetroffen war. Die Passagiere wollten allesamt nach Gold schürfen. Kein Zweifel, daß auch die Besatzung sich bereits von Bord geschlichen hatte.
    Das Gebäck war jetzt fertig, und Kendra ging in die Küche zurück. Sie legte die Kuchen auf ein großes Tablett, das sie mit einem Tuch bedeckte, und machte sich auf den Weg zum Zelt. Sie mußte bei jedem Schritt achtgeben, denn der Boden war nicht eben. Vor ihr erhob sich das helle Zelt: ein strahlendes Eiland inmitten der Düsternis. Schon hörte sie die Gitarren. Diese jungen Mexikaner spielten gut, ob Marny das nun wahrhaben wollte oder nicht.
    Der rückwärtige Eingang war eine Klapptür hinter der Bar. Als sie näher kam, fiel ihr ein Geräusch auf. Jemand trat gegen einen Stein. Kendra schaute sich um. Mit hängenden Schultern, die Hände in den Taschen seines schmutzigen Rockes vergraben, kam dieser Schmarotzer aus Shiny Gulch auf sie zugetorkelt: Stub Crawford.
    Erschreckt eilte Kendra zu der Klapptür. Doch schon stand Crawford vor ihr.
    »Na, wie geht's denn?« fragte er in seinem schleppenden und grämlichen Tonfall.
    »Lassen Sie mich vorbei!« rief Kendra scharf und streckte das Tablett wie ein Schutzschild vor.
    Crawford schnüffelte nach den verhüllten Leckerbissen. »Sie haben, scheint's, allemal was Gutes zu essen«, wimmerte er. »Na, geben Sie mir was davon ab?«
    »Nein!« sagte Kendra.
    Sie zitterte. Ihren kleinen Colt führte sie zwar bei sich, doch erkannte sie jetzt voller Angst, daß sie ihn ja nicht bei der Hand hatte. Nie hatte sie im Ernst damit gerechnet, die Waffe einmal gegen einen Menschen richten zu müssen; sie trug den Colt bloß, weil ihr Freunde sagten, dies müsse eben sein. Die Waffe war unter ihrer Schürze versteckt. Um sie benutzen zu können, mußte sie das Tablett fallen lassen, am Halfter herumfummeln, und bis sie die Pistole endlich zwischen den Fingern hielt, würde sie von diesem Kerl längst zu Boden geschlagen worden sein, wie er es schon einmal getan hatte. Sie umklammerte das Tablett und verlangte nochmals:
    »Lassen Sie mich vorbei!«
    Dann trat sie einen Schritt zur Seite. Crawford tat das nämliche, so daß er ihr den Zutritt zum Zelt verwehren konnte. Sein nasser Mund war vor Gier verzogen.
    »Chad! Chad!« schrie Kendra. Aber im Zelt herrschte lautes Getöse, und Chad hörte sie nicht.
    »Was haben Sie unter dem Tuch da?« fragte Crawford ausgehungert.
    Sie roch seinen Atem, der nach Schnaps stank, und die Ausdünstungen seiner verschwitzten Kleider und seiner seit langem nicht mehr gewaschenen Haut. Crawford hingegen roch lediglich ihr Gebäck.
    »Riecht gut«, meinte er, »und Sie werden mir jetzt was geben. Sie werden mir das ganze Zeug geben.«
    Mit seinen schmutzigen Händen griff er nach ihren Armen, so daß sie sich nicht mehr rühren konnte. »Daß Sie aber gar nicht mal ein bißchen nett zu mir sein können«, greinte er. »Wie ich Sie das letzte Mal gesehen habe, da mußten Sie

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