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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Gin an.
    Auch Kendra und ihre Gefährten hätten sich gern ein wenig erfrischt, doch was hier feilgeboten wurde, erregte nicht ihren Appetit. Kendra lud Marny und Archwood in ihre Wohnung ein. »Ich habe kaltes Fleisch und Käse.« Aber weder sie selbst noch die andern wollten wirklich fort, denn nun kamen die ersten Boote, die ersten Passagiere gingen an Land. Bei ihrem Anblick murmelten die Zuschauer vor Schreck und Mitgefühl.
    Kendra hatte nie zuvor Leute gesehen, die erschöpfter, schmuddeliger, verwirrter und elender gewesen waren. Ob Mann oder Frau, alle schienen seit Wochen weder Wäsche noch Kleidung gewechselt zu haben. Wie auch immer ihre Verhältnisse gewesen sein mochten: Jetzt waren sie allesamt ungewaschen, ungekämmt, ermattet und zerzaust. Loren wandte sich Kendra zu. »Sie müssen eine fürchterliche Zeit hinter sich haben.«
    »Ich verstehe nicht, wieso der Kapitän so viele Passagiere an Bord genommen hat«, meinte Archwood mit einem Blick in die verhärmten Gesichter.
    Loren konnte sich das ebensowenig erklären.
    »Es kommen ja immer noch welche!« rief Marny erstaunt. »Boot um Boot! Wo mögen die nur alle gesteckt haben? Sie sehen am übelsten von allen aus …« Sie brach mit einem schrillen Schrei ab. »Seht ihr's! Ach, Norman!« Und verzückt schrie sie immer wieder: »Norman! Norman Lamont!«
    In dem allgemeinen Lärm konnte kein Mensch sie verstehen. Marny packte Archwood am Arm, und zwar mit solcher Kraft, daß sie ihn beinahe vom Pferd gerissen hätte.
    »Warren Archwood! Hab' ich's dir nicht gesagt? Lach ja nicht noch einmal über mich! Ich hab's dir ja gesagt. Ich hab's dir ja gesagt …«
    »Was ist denn?« fragte Archwood; doch sie antwortete nicht, warf die Zügel ihres Pferdes in seine Hand und stürzte davon.
    »Wartet auf mich!« rief sie. »Ich war ja noch nie in meinem Leben so glücklich! Aber ich hab's ja gleich gesagt.« Und wiederum schrie sie laut: »Norman!«
    Und dann rannte sie mit geschürztem Rock den Abhang hinab. Sie kämpfte sich mit einer derartigen Energie durch das Gedränge, daß sie im Nu dort anlangte, wohin sie hatte kommen wollen. Sie hatte ihren Sonnenhut vom Kopf gerissen, und nun leuchtete ihr roter Schopf. Sie schwang den Hut in der Luft und versuchte, die Aufmerksamkeit eines Menschen in der Tiefe zu erwecken. Durch ihr Fernglas konnte Kendra alle Vorgänge verfolgen.
    Als Marny mit ihrem Sonnenhut zu winken anfing, war sie in das Blickfeld des Mannes geraten, der sich an Land arbeitete. Jäh blieb er stehen, als habe ihn der Schlag gerührt. Sein Kinn fiel herab, seine Augen weiteten sich. Einen Moment starrte er sie ungläubig an. Dann erhellte ein plötzliches Lächeln seine Züge. Und als Marny immer näher kam, begann er, verblüfft zu lachen.
    Der Fremde war ein hagerer Geselle mit schwarzen Augen, einer scharfen Nase und schwarzem Haar, das allmählich grau wurde. Er trug einen schwarzen Schnurrbart und einen kleinen Spitzbart, beides war recht ungepflegt. Einen Hut hatte er nicht, und sein Anzug war derart zerknüllt, als habe er darin geschlafen. Mit einer Hand schleppte er einen offenbar schweren Koffer, mit der andern half er einem Mädchen auf die Straße. Auch das Mädchen trug eine Reisetasche. Doch sowie er Marny erblickte, ließ der Mann die junge Person los und winkte stürmisch, offenbar war er ebenso froh, Marny zu sehen, wie Marny froh war, ihn zu sehen.
    Das Mädchen an seiner Seite war schlank und, wie alle andern Frauen, so beschmutzt, daß sich kaum beurteilen ließ, ob sie hübsch war oder nicht. Der Mann sagte ihr offenbar einige erklärende Worte. Das Mädchen nickte müde, und beide begannen, den Abhang zu ersteigen. Marny schaffte sich mit ihren Ellbogen Platz, und als die drei sich schließlich trafen, fielen Marny und der Mann einander in die Arme.
    Kendra setzte ihr Glas ab und wandte sich Archwood zu. Auch er hatte seinen Fernstecher vor den Augen und beobachtete diesen herzlichen Empfang mit Überraschung und Mißbehagen. Archwood war nicht der Mann, der in der Öffentlichkeit eine Szene machte, aber seine Miene hatte sich vor Zorn verdüstert. Wer dieser Fremde auch war, Archwood freute sich nicht über die Art, wie Marny ihn begrüßte.
    »Mr. Archwood.«
    Kendra legte eine Hand auf seinen Arm.
    »Darf ich Ihnen etwas erklären?«
    Denn mit einemmal kam ihr eine Erinnerung. Vor wenigen Minuten noch hatte sie den Gürtel gesehen, in dem Marny ihren kleinen Colt trug. Auf dem Weg nach Shiny Gulch hatte sie Kendra

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