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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Calico-Palast, aber noch eine Menge anderer Häuser. Ich kann nicht erkennen, ob der Brand schon die Montgomery Street erreicht hat. Jeden Augenblick kann auch bei Chase und Fenway alles in Rauch aufgehen. Du bleibst hier. Zieh dich an, und halte dich warm. Wickle das Baby gut ein, damit du davonlaufen kannst, falls es notwendig werden sollte. Ich gehe in die Stadt hinunter, um zu helfen, wo es etwas zu helfen gibt.«
    Kendra hörte ihn kaum. Sie dachte daran, wie groß ihre Freude und die Freude Marnys gewesen war, weil die Wolken sich endlich verzogen hatten und es also heute Nacht nicht regnen würde.

47
    Marny war nicht so früh wie Kendra ins Bett gegangen. Das entsprach nicht ihren Gewohnheiten. Sie wollte sich einen müßigen Abend gönnen.
    An einem Seiteneingang des Calico-Palastes verabschiedete sie sich von Pocket und Hiram. Dann betrat sie den dunklen engen Flur, wo die Treppe zu den Wohnungen im dritten Stock hinaufführte. Zuvor aber öffnete sie eine Tür, durch die man in den Ausschank kam. Der Raum war voller Männer. Sie sprachen mit lauten Stimmen. Die Kapelle spielte. Flaschen klirrten. Münzen klingelten. Die Stimmung war gut, alles schien in Ordnung zu sein. Im Bella Union hatte es neulich einen Mord gegeben. Um vier Uhr in der Frühe war dort natürlich jedermann mehr oder weniger betrunken. An der Bar waren zwei Männer in Streit geraten. Der eine hatte schließlich ein Messer gezogen und seinen Widersacher niedergestochen. Die Zeitungen hatten allerlei unschöne Dinge an den Tag gebracht. Dergleichen schadete dem Geschäft. »Das kommt dabei heraus, wenn man eine Bar bis in die Morgenstunden offenhält«, hatte sie Norman auseinandergesetzt. Nun, bei ihnen war bislang noch kein Mord passiert.
    Sie schloß die Tür leise und ging die Treppe hinauf. Aus Lolos Zimmer hörte sie das Baby, den kleinen Zack, dessen Töne Lolo auf mysteriöse Weise zu verstehen schien. Die Geräusche von unten störten Zack offenbar nicht. Er war jetzt beinahe ein Jahr alt. Was Stille war, kannte er anscheinend überhaupt nicht.
    Marnys Zimmer war kalt, doch als sie eine Kerze anzündete, wirkte es behaglich, und sie hörte auch keine Ratten herumscharren. Sie zog sich aus, streifte einen Morgenmantel über, steckte ihre Füße in weiche Pantoffeln und setzte sich vor den Spiegel, um ihr Haar zu bürsten. Das tat sie gern, wobei sie die roten Lichter verfolgte, die im Spiegel aufblitzten.
    Nach einer Weile begann sie zu gähnen. Noch immer war ihre übliche Schlafenszeit nicht gekommen, aber sie erinnerte sich daran, daß sie ja früh aufgestanden war wegen der Geschenke. Vielleicht war es auch Lorens Schnaps, der sie nun schläfrig machte. Gleichviel – ein guter Schlaf hatte noch keinem Menschen geschadet. Sie vergewisserte sich, daß der Riegel ihrer Tür verschlossen war, und legte dann ihre kleine Pistole auf den Tisch neben dem Feldbett.
    Diese Pistole hatte Marny stets in Reichweite. Abgesehen davon, daß sie eine verführerische Frau war, mußten im Calico-Palast immer viele Münzen vorhanden sein. Dieses Geld – ein Vermögen – wurde in zwei Safes im dritten Stockwerk aufbewahrt. Die Safes waren sicher, Norman und die Schwarzbärte waren zudem erstklassige Aufpasser. Trotz all dieser Vorsichtsmaßnahmen blieb der Calico-Palast dennoch ein gefährlicher Ort.
    Marny blies die Kerze aus, zog die Decken über sich und kuschelte sich in die Wärme. Das Feldbett war schmal. Im Eindösen fragte sie sich, ob sie eigentlich Lust auf einen neuen Liebhaber empfinde. Nein, dachte sie, wenn ich Lust darauf hätte, dann würde ich mich das gar nicht fragen. Sie schlief ein.
    Als sie das Prasseln der Flammen hörte, war ihr erster Gedanke: Drunten ist etwas los. Hoffentlich war jetzt nicht auch bei ihnen ein Mord begangen worden. Doch fast unmittelbar darauf vernahm sie das Schrillen der Feuerglocke. Es roch nach Rauch. Sie hörte vor ihrer Tür rasche Schritte. Jemand schrie: »Feuer!«
    Marny sprang aus dem Bett. Mit einem Fußtritt schleuderte sie ihre hübschen Pantoffeln zur Seite und zog – ohne sich erst lange mit Strümpfen aufzuhalten – die Schuhe an, die sei bei Kendras Essen getragen hatte. Es waren keine derben Schuhe, aber sie hatte keine Zeit, sich nach andern umzusehen. Dann warf sie sich ihr weiches Wollkleid über und griff nach ihrer Pistole. Wie die Flammen prasselten! Wie die Menschen schrien und brüllten! Die ganze Stadt schien zu brennen. Marny riß eine Schublade auf, nahm ihr Halsband

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