Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
Barbesuch einzuwenden. Die Damen von Happy Valley jedoch hatten etwas dagegen einzuwenden. Männer mit geschäftlichen Erfolgen ließen in steigender Zahl ihre Frauen nachkommen. Im Jenny-Lind-Theater konnten diese Damen jetzt nicht nur die Bar vermeiden; sie konnten außerdem ein scharfes Auge darauf haben, daß ihre Männer nicht in Versuchung geführt wurden.
    Von den vierhundert Sitzplätzen wurden nur selten mehr als zwanzig oder dreißig von Frauen eingenommen, und nicht alle durften als Matronen gelten, die stolz auf ihre Tugend waren. In den teureren Logen freilich konnte man beinahe jeden Abend die führenden Männer der Stadt mit ihren Ehefrauen sehen.
    Während sie taten, als nähmen sie Frauen, die nicht so sittsam waren wie sie selber, gar nicht wahr, beäugten diese Damen Marny mit Interesse. Sie hatten schon von ihr gehört (es war kaum möglich, in San Francisco zu leben und nichts von Marny und ihrem Calico-Palast zu wissen), und ihre grünen Augen und ihr flammendrotes Haar verrieten sogleich, wer sie war. Die Damen tuschelten. Stimmt es, daß sie aus einer ehrbaren Familie der Ostküste stammte? War ihr Vater tatsächlich ein Universitätsprofessor? Oder war er ein Bankier? Marny fühlte sich aufs höchste amüsiert. Sie führte sich äußerst manierlich auf und ließ diese Damen tuscheln, solange es ihnen Spaß machte.
    Hiram besuchte Kendra und fragte, ob sie nicht einmal mit ihm ins Theater gehen wolle. Sie saßen in einem der privaten Spielsäle beisammen, der gerade nicht benutzt wurde. Hiram sagte freimütig:
    »Mir sind die guten Umgangsformen keineswegs abhanden gekommen. Ich weiß, daß eine Witwe vor Ablauf ihres Trauerjahrs sich in der Öffentlichkeit tunlichst nicht blicken lassen soll. Wir sind hier aber nicht in den Staaten, wo man diese Umgangsformen ernst nimmt. Ich glaube nicht, daß Sie lebend begraben sein wollen.«
    Kendra lächelte ihn an. »Nein, das wäre töricht, wenn eine Witwe ewig daheim sitzen bleiben und sich in ihren Kummer vergraben wollte. Das wäre ungefähr so, wie wenn man einem Menschen, der krank gewesen ist und wieder gesund werden will, schlechte Manieren vorwürfe. Ich komme gern mit Ihnen.«
    Er langte über den Tisch und drückte ihre Hand. Sie bemerkte, daß Hirams Hand nicht mehr so rauh war wie damals, als er am Schütteltrog in Shiny Gulch gearbeitet hatte. Es war jedoch immer noch eine feste und kräftige Hand, die Vertrauen einflößte. »Ich habe ja gewußt, daß Sie gesunden Menschenverstand haben, Kendra.«
    Am nächsten Abend ging sie mit ihm ins Theater. Sie trug ein geblümtes Seidenkleid, das ihr Marny geborgt hatte. Wie üblich waren die meisten Zuschauer Männer, und bewundernde Blicke folgten ihr, als sie Platz nahm. Sie fragte sich, ob unter diesen Männern wohl einige von denen sein mochten, die ihr schriftliche Heiratsanträge gemacht hatten. Übrigens bekam sie noch heute solche Briefe, die sie – halb gelesen – zerriß. Das Stück gefiel ihnen. Kendra ging nun häufiger ins Theater, entweder mit Hiram oder mit Pocket und Hiram gemeinsam. Zuweilen, wenn sie mit Hiram allein war, sah sie Pocket in Begleitung eines Mädchens. Es waren allemal hübsche Mädchen.
    »Pocket hat bei Frauen mehr Glück als jeder andere Mann in dieser Stadt«, meinte Hiram lachend. »Selbst hier, wo ein Mädchen schielend und bucklig sein kann und dennoch Anbeter findet, hat Pocket die Wahl.«
    Kendra betrachtete Pockets Profil und war nicht überrascht. Er war ein gut aussehender Mann. Und liebenswürdig war er obendrein. Mit einiger Verwunderung fragte sie sich, ob er wohl noch oft an dieses Mädchen in Kentucky denken mochte. Er hatte ihr erzählt, daß sie ihm längst gleichgültig geworden sei. Kendra konnte das nicht glauben. Doch obgleich eine Wunde verheilt, konnte sie eine Narbe hinterlassen, die nie wieder verschwand.
    An einem anderen Abend traf sie Mr. Fenway und Rosabel im Theater. Sie saßen mit Hirams Partner, dem stillen kleinen Bankier Eustis, und einer Kendra unbekannten Dame in einer Loge. Hiram teilte ihr mit, dies sei Mrs. Eustis, die erst vor kurzem aus dem Osten gekommen war. Kendra sagte, das freue sie.
    »Was freut Sie?« erkundigte sich Hiram.
    »Es freut mich, daß sie zusammen mit Rosabel in einer Loge sitzt. Sie wissen doch genau wie ich, was manche Frauen über ein Mädchen wie Rosabel denken.«
    Hiram lachte. »Meine hübsche blauäugige Freundin, tun Sie doch nicht so unschuldig. Rosabel ist jetzt eine verheiratete Frau,

Weitere Kostenlose Bücher