Alles Gold Der Erde
zusammen. »Was ist denn nun los, Hortensia? Sie lieben doch nicht etwa einen andern Mann oder doch? Vielleicht diesen glotzäugigen Kapitän, der dauernd um Sie herumstreicht?«
»Keineswegs«, erwiderte Hortensia.
»Haben Sie denn etwas an mir auszusetzen?« fragte Norman bestürzt. »Ich habe diesem Anwalt schon einen Vorschuß in Münzen gegeben. In Goldmünzen! Und jetzt wollen Sie überhaupt nicht geschieden werden!«
»O doch!« sagte Hortensia rasch. Zum erstenmal sprach sie vernünftig. »Ich wußte ja nicht, daß man sich in Kalifornien viel leichter scheiden lassen kann als in New York. Ich will von diesem Stinktier im Guten loskommen. Ich werde den Rechtsanwalt, so schnell ich kann, bezahlen. Ich möchte nicht, daß Sie Geld ausgeben.« Und mit Nachdruck schloß sie: »Ich will nicht heiraten!«
Norman zog die Luft ein. »Was habe ich denn nur getan?« flehte er. »Sagen Sie mir doch bloß, warum Sie mich nicht leiden können.«
»Sie haben gar nichts getan«, entgegnete sie. Ihre Stimme schwankte. »Ich habe Sie gern.« Hortensia kämpfte um ihre Selbstbeherrschung. Als sie wieder reden konnte, stieß sie hervor: »Verstehen Sie mich denn nicht, Norman? Ich will nie wieder in eine Sache hineinschlittern, aus der ich nicht mehr heraus kann.«
Ein Lächeln lief über Normans verstörtes Gesicht. »Aber das versuche ich Ihnen doch gerade klarzumachen, Hortensia: In Kalifornien können Sie wieder heraus, und zwar jederzeit.«
Hortensia atmete schwer. Sie hatte einen Ellbogen auf die Bar gestützt und starrte ihn an. Norman sprach hastig weiter:
»Ich beschwöre bei Gott, daß ich Sie anständig behandeln werde. Aber wenn ich etwas tue, was Ihnen nicht paßt, kann jeder kalifornische Richter unsere Ehe auflösen. Und nicht nur das: Überdies muß ich Ihnen auch noch Geld zahlen.«
Hortensias Augen weiteten sich verwundert. »Steht das in den Gesetzbüchern?«
»Ich glaube nicht, daß sie es mit diesen Worten ausgedrückt haben, aber in San Francisco verfährt man jedenfalls so.«
»Meinen Sie es ehrlich, Norman? Wenn ich mit Ihnen verheiratet bin und es gefällt mir nicht mehr, brauche ich dann wirklich nicht bei Ihnen zu bleiben?«
»Wenn es Ihnen bei mir nicht mehr gefällt, brauchen Sie nicht zu bleiben«, versetzte Norman feierlich.
Noch nie in seinem Leben hatte sich Norman so demütig verhalten. Hortensia hatte einen Sieg errungen, der ihr leichtgemacht worden war. Wäre Marny dagewesen, sie hätte Hortensia sagen können, wie groß ihr Sieg in Wirklichkeit war.
60
Hortensia wollte ihre Angelegenheit auf ihre Weise erledigen. Sie konsultierte weder Mr. Stone, noch fragte sie Pocket um Rat. Sie ging zu Hirams Bank, aber sie wandte sich nicht an Hiram, weil er Pockets guter Freund war, sondern an den stillen kleinen Mr. Eustis. Ihn bat sie um die Anschrift eines Rechtsanwalts, der sie in einer Scheidungsfrage beraten könne.
Mr. Eustis schätzte Scheidungen nicht. Freilich schätzte er auch viele andere Dinge nicht, die von den Kunden der Bank an ihn herangetragen wurden. Zwei seiner wohlhabendsten Kontoinhaber waren Norman und Blossom, und er verwaltete ihr Geld, wenngleich er die Art, in der sie es verdienten, auf das strikteste mißbilligte. Also wies er auch Hortensia nicht ab, sondern empfahl ihr, zu einem Mr. Lang zu gehen.
Diesen Mr. Lang suchte Hortensia mehrmals auf. Jedesmal kehrte sie an ihr Klavier zurück, ohne sich zu äußern. Auf Normans Fragen entgegnete sie lediglich:
»Drängen Sie mich nicht. Ich werde Ihnen Bescheid geben.«
Kendra konnte sie verstehen. Marny hingegen hielt es eher mit dem Vorgehen Geraldines. »Wenn Geraldine sich nach Liebe sehnt, macht sie, was sie will und fragt niemanden um Rat. Das ist doch viel einfacher.«
Geraldine, die nun dicker wurde, schnurrte und streckte sich. Sie war mit dem Stand der Dinge offenbar vollauf zufrieden.
Auch Marny war zufrieden. Da der Calico-Palast florierte und sie selber alles tat, damit er florierte, hatte sie beschlossen, sich ein wenig Luxus zu gönnen. Neben ihrem Schlafzimmer befand sich ein kleinerer Raum, in dem sie bislang Glaswaren aufbewahrt hatte. Jetzt aber waren die Läden von San Francisco so reichhaltig ausgestattet wie in den Städten des Ostens, und sie konnte zu jeder Zeit kaufen, was sie nötig hatte. Sie räumte dieses Zimmer aus und ließ eine Tür in die Wand brechen, so daß sie nun zwei Räume hatte.
»Wir werden dieses Zimmer Boudoir nennen«, sagte sie zu Kendra. »Du kannst es ebenfalls
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