Alles Gold Der Erde
benutzen, wenn du einmal ausruhen willst. Weißt du eigentlich, was Boudoir bedeutet?«
»Natürlich nicht. Ich bin ja nicht so gebildet wie du. Was heißt es also?«
»Schmollwinkel. Jeder Mensch sollte einen Schmollwinkel haben. Wir alle müssen ein Zimmer haben, in dem wir uns einschließen können, nachdem wir die Tür hinter uns zugeknallt haben.«
Marny richtete ihr Boudoir ein; Norman indessen kochte innerlich. Marny meinte, er müsse auch einen Schmollwinkel haben. Endlich, nach zwei Wochen, verkündete Hortensia ihre Entscheidung.
An einem Spätnachmittag betrat sie die Küche, wo gerade Hiram mit Marny und Kendra Kaffee trank. Frohgemut und gelassen zugleich verkündete sie, sobald die Scheidung ausgesprochen sei, werde sie Norman heiraten.
Sie wünschten ihr viel Glück und begleiteten sie in den Salon, um auch Norman zu gratulieren. Norman strahlte. »Ich bedauere nur«, sagte er, »daß noch viel Zeit bis zur Scheidung vergehen wird. Ich bin ein glücklicher Mann! Allerdings wäre ich noch glücklicher, wenn wir schon morgen heiraten könnten.«
Kendra freute sich, obwohl sie nicht recht glauben wollte, daß es in San Francisco genüge, wenn eine Frau einem Richter kurzerhand erklärte, sie wünsche geschieden zu werden. Als sie wieder mit Hiram in der Küche saß, fragte sie ihn, wie sich die Dinge verhielten. »Ganz so leicht geht es nun doch nicht«, antwortete Hiram vergnügt. »Ich bin sicher, daß Hortensias Anwalt ihr das auch gesagt hat. Die Gesetze sind jedoch hier tatsächlich anders als im Osten, und die Gerichte kommen den Frauen entgegen.«
»Ich wäre froh, wenn Hortensia glücklich würde.«
»Mir kommt da eben eine Idee«, meinte Hiram. »Vielleicht braucht sie gar nicht auf die Papiere aus New York zu warten.«
»Warum nicht?«
»Ich bin kein Rechtsanwalt, aber ich könnte mir denken, daß ein Zeuge in Person ein Dutzend beeidigte Erklärungen aufwiegt. Und vielleicht kann sie hier einen Zeugen aufspüren.«
Er setzte ihr die Sachlage auseinander. In San Francisco lebten Hunderte von New Yorkern, und immer noch kamen weitere hinzu. Wie oft trafen sich alte Freunde auf der Straße. Kendra mußte an die Begegnung zwischen Ted und Gene Turner denken, und sie bezweifelte nicht, daß auch Hiram daran dachte, aber keiner sprach es aus. Hiram fuhr fort:
»In Kalifornien gibt es eine Menge Schauspieler und Musiker aus New York. Ist es denn nicht möglich oder gar wahrscheinlich, daß einer von ihnen Hortensia kennt? Einer, der vor Gericht aussagen kann, wie sie von ihrem Mann behandelt wurde?«
»Gewiß ist das möglich«, stimmte Kendra ihm bei. »Wie aber soll man einen solchen Menschen finden?«
»Durch ein Inserat. Wenn Hortensia in Kalifornien Freunde hat, haben sie sie wohl nur deshalb noch nicht aufgesucht, weil sie unter einem anderen Namen lebt. Norman kann durch eine Annonce nach Leuten fahnden, die sie unter ihrem richtigen Namen kennen oder unter ihrem Bühnennamen, den sie in New York geführt hat. Vielleicht lohnt sich der Versuch.«
»Ja, wirklich«, sagte Kendra begeistert. »Hiram, das sollten Sie sofort Norman mitteilen. Er kann morgen zu den Zeitungsverlagen gehen.«
»Schön. Ich werde ihm raten, auch in die Blätter von Sacramento Anzeigen einzurücken. Dort haben sie nämlich gleichfalls Bühnen.« Er ging hinaus und bat, man möge ihm Mr. Lamont schicken, dem er eine wichtige Mitteilung zu machen habe. Nach einer Weile kam der Barkeeper und meldete, Norman erwarte Mr. Boyd in einem der Privaträume. Hiram begab sich dorthin. Als er wiederkam, trug er eines der größten Gläser in der Hand, die an der Bar zu haben waren. Es war reichlich gefüllt. Er setzte sich und fing zu lachen an.
»Norman ist der Meinung, meine Idee sei großartig. Er versteht nicht, wieso er nicht selber darauf gekommen ist. Er versteht auch nicht, warum man sich an diese teuren Anwälte wendet, die sein Geld und das von Hortensia kassieren, wenn es doch nur darum geht, auf eine so simple Idee zu kommen. Kendra, er hat …« Hiram schüttelte sich vor Lachen. »Er hat mir ein Trinkgeld angeboten.«
Auch Kendra lachte. Sie kannte Norman jedoch besser als Hiram. »Er hat nie im Leben etwas getan, für das er nicht bezahlt worden wäre. Deshalb wird er auch niemals begreifen können, daß Menschen jemandem einen Gefallen tun, weil es ihnen Spaß macht.«
»Sie haben wohl recht«, antwortete Hiram fröhlich. »Er war geradezu bestürzt, als ich sein Trinkgeld ablehnte. Ich habe ihm
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